Merkel bittet Putin um Intervention in Belarus

Vor dem Hintergrund der angespannten Flüchtlingssituation an der Grenze zwischen Belarus und Polen hat die deutsche Angela Merkel (CDU) den russischen Präsidenten Wladimir Putin um ein Eingreifen gebeten.

Merkel habe in einem Telefonat mit Putin unterstrichen, „dass die Instrumentalisierung von Migranten gegen die Europäische Union durch das belarussische Regime unmenschlich und vollkommen inakzeptabel sei“, so Regierungssprecher Steffen Seibert heute. Sie habe Putin gebeten, „auf das Regime in Minsk einzuwirken“.

Im Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen sitzen derzeit Tausende Menschen bei niedrigen Temperaturen fest. Beide Länder haben Soldaten in dem Gebiet stationiert. Beobachter befürchten eine Eskalation der Lage.

Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, absichtlich Menschen aus dem Nahen Osten in die EU-Staaten Lettland, Litauen und Polen zu schleusen, um auf diese Weise Vergeltung für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse zu üben.

Polen beschuldigt Belarus des Staatsterrorismus

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki beschuldigte Russland, hinter dem Flüchtlingsstreit zwischen Belarus und der EU zu stecken. Belarus warf er zudem Staatsterrorismus vor.

Die Ereignisse an der polnisch-belarussischen Grenze seien keine Migrationskrise, sondern eine politische Krise mit dem Ziel, die EU zu destabilisieren, sagte der polnische Regierungschef bei einer Pressekonferenz mit EU-Ratschef Charles Michel in Warschau. Es handle sich um eine Manifestation von staatlichem Terrorismus, sagte Morawiecki.

Polnische Medien melden Durchbruch von Grenzzaun

Zwei größere Gruppen von Flüchtlingen haben auf ihrem erhofften Weg in die EU einem polnischen Medienbericht zufolge die Grenze von Belarus nach Polen durchbrochen. Mehreren Dutzend Migranten sei es gelungen, Zäune in der Nähe der Dörfer Krynki und Bialowieza zu zerstören und die Grenze zu passieren, berichtete die polnische Nachrichtenagentur PAP unter Berufung auf den örtlichen Sender Bialystok.

Der Sender zitierte eine Sprecherin des Grenzschutzes mit der Aussage, dass in beiden Fällen Zäune und Barrieren gewaltsam niedergerissen worden seien. Einige der Flüchtlinge seien nach Belarus zurückgedrängt worden. Andere seien auf freiem Fuß. Eine unabhängige Bestätigung der Berichte gibt es bisher nicht.

Auf der belarussischen Seite befänden sich Hunderte Menschen. Nach Angaben der polnischen Behörden hätten die Flüchtlinge von belarussischen Organisationen Lebensmittel erhalten, hieß es weiter. Das EU-Mitglied Polen hat Tausende Soldaten an der Grenze stationiert, die die Flüchtlinge am Überqueren der Grenze hindern sollen. Auch Litauen und die Ukraine verstärkten ihre Grenztruppen. Sie sollen Übertritte verhindern.

Berichte über Schüsse

Sicherheitskräfte von Belarus gaben dem polnischen Verteidigungsministerium zufolge im Grenzgebiet Schüsse ab, um Geflüchtete einzuschüchtern. Das Ministerium veröffentlichte auf Twitter dazu ein kurzes Video. Auf dem knapp sechs Sekunden langen Clip sind ein Schuss und Schreie von Menschen zu hören. Das polnische Ministerium twitterte außerdem, dass es von belarussischer Seite Gewalt gegen Migranten gebe.