MNS-Maske mit „Austria“ Aufschrift
ORF.at/Georg Hummer
Ab Sonntag

Österreich für Deutschland Hochrisikogebiet

Spekulationen hat es schon länger gegeben, seit Freitag ist es fix: Deutschland hat Österreich wieder in die Liste der Hochrisikogebiete aufgenommen. Gelten soll dieser Status laut dem deutschen Gesundheitsminister Jens Spahn ab Sonntag. Menschen, die nicht geimpft und nicht genesen sind, müssen damit nach ihrer Einreise nach Deutschland in Quarantäne – das gilt auch für unter Zwölfjährige. Schon ab Samstag gelten auch in Frankreich schärfere Einreiseregeln für Österreicher.

Diese Absonderung dauert zehn Tage, nach fünf Tagen kann man sich mit einem negativen Test befreien. Für unter Zwölfjährige dauert die Quarantäne mindestens fünf Tage. Neben Österreich stufte das Robert-Koch-Institut (RKI) auch Tschechien und Ungarn als Hochrisikogebiete ein. Für Österreich sollen einige Gemeinden, darunter Mittelberg, Jungholz, Rißtal im Gemeindegebiet von Vomp und in Eben am Achensee, von den Verschärfungen ausgenommen werden.

Geimpfte und Genesene müssen ebenfalls nicht in Quarantäne. Sie müssen sich künftig vor der Einreise nach Deutschland verpflichtend digital anmelden und dabei ihr Impf- oder Genesungszertifikat hochladen. Bei der Einreise ist die Bestätigung der Anmeldung mitzuführen.

D: Österreich wird zum Hochrisikogebiet

Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn hat bestätigt, dass Österreich mit Sonntag wieder als Hochrisikogebiet eingestuft wird. Konkret müssen Personen, die weder geimpft noch genesen sind, nach einem Aufenthalt in Österreich nach der Einreise in Deutschland in zehntägige Quarantäne. Ein Freitesten ist frühestens nach dem fünften Tag möglich.

Erst im Juni von Liste gestrichen

Länder und Regionen mit einem besonders hohen Infektionsrisiko gelten als Hochrisikogebiet. Als Kriterien dafür zählen nicht nur die Infektionszahlen, sondern auch, wie schnell sich das Coronavirus ausbreitet, wie stark das Gesundheitssystem belastet ist, und eine mangelhafte CoV-Datenlage.

Der rasante Anstieg der Neuinfektionen in Österreich hat Deutschland nun offenbar veranlasst zu reagieren. Österreich war bereits im vergangenen Herbst zu einem Hochrisikogebiet erklärt worden – zuerst nur einzelne Bundesländer, ab 1. November ganz Österreich. Erst im Juni strich Deutschland Österreich wieder von der Liste.

Mit der Einstufung als Hochrisikogebiet ist automatisch auch eine Reisewarnung des deutschen Auswärtigen Amtes verbunden. Sie erleichtert Touristen die kostenlose Stornierung bereits gebuchter Reisen, bedeutet aber kein Reiseverbot.

Kitzsteinhorn
ORF.at/Christian Öser
Im Tourismus herrscht vor der Wintersaison Pessimismus

Quarantäne auch für unter Zwölfjährige

Walter Veit, Vizepräsident und Landesvorsitzender für Salzburg in der ÖHV, befürchtete, dass andere Länder nachziehen könnten. Er erwarte eine „Stornowelle der Familien über Weihnachten und Silvester“. In Summe rechnet er mit rund 50 Prozent weniger Gästen, die nach Österreich und Salzburg kommen. Die Branche befürchtet hohe Einbußen – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Denn auch wenn die Einschränkung vor allem ungeimpfte Gäste betrifft, müssten sich auch Kinder unter zwölf Jahren in Deutschland in eine fünftägige Quarantäne begeben – unabhängig von den Maßnahmen, die für die Eltern gelten. Familien mit Kindern unter zwölf Jahren machen laut einer Studie der Österreich Werbung mehr als ein Fünftel der deutschen Gäste aus.

Auch Frankreich verschärft Einreiseregeln

Auch Frankreich verschärfte unterdessen seine Einreiseregeln für Österreich. Mit Samstag müssen Ungeimpfte ab zwölf Jahren einen weniger als 24 Stunden vor der Abreise vorgenommenen negativen PCR- oder Antigen-Test vorweisen, geht aus einem im Amtsblatt veröffentlichten Dekret hervor. Bisher durften die Testergebnisse maximal 72 Stunden alt sein. Betroffen von der Verschärfung sind auch Einreisende aus Deutschland und Belgien.

Tiroler Tourismusvertreter „wirklich wütend“

Der Tourismusobmann in der Tiroler Wirtschaftskammer, Mario Gerber, zeigte sich daher „wirklich wütend“. Schließlich sei die CoV-Impfung für unter Zwölfjährige noch nicht zugelassen. Die Verantwortung dafür machte Gerber klar beim Gesundheitsministerium und Minister Wolfgang Mückstein (Grüne) aus, der es offenbar nicht geschafft habe, über diesen Punkt mit Deutschland zu verhandeln. „Ich erwarte mir jetzt Gespräche auf höchster diplomatischer Ebene, um eine Lösung zu finden“, forderte er.

Tourismusminister Elisabeth Köstinger (ÖVP) betonte am Freitag einmal mehr, dass es für Geimpfte keine Einschränkungen geben werde. Sie will sich aber für die Regelung für unter Zwölfjährige einsetzen: „Österreich tut alles dafür, um so rasch wie möglich wieder von der Liste der Hochrisikostaaten gestrichen zu werden.“

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger
APA/Hans Punz
Tourismusministerin Köstinger will Österreich „so rasch wie möglich“ von der Liste bringen

Tourismushilfen vor Verlängerung

Köstinger stellte indes eine Verlängerung der Coronavirus-Hilfen für den Tourismus im Jahr 2022 in Aussicht. Konkret geht es um die Umsatzsteuersenkung von 20 Prozent für Getränke bzw. zehn Prozent für Speisen und Übernachtungen auf fünf Prozent sowie einen Ausfallsbonus und Verlustersatz.

Grundsätzlich würden die derzeitigen Wirtschaftshilfen Ende 2021 auslaufen. Köstinger sei aber über weitere Maßnahmen bereits im Gespräch mit Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), falls diese nötig werden würden, hieß es Freitagnachmittag nach der Ausschussdebatte über das Budget 2022 für die Bereiche Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. Blümel habe für weitere mögliche Coronavirus-Hilfsmaßnahmen fünf Milliarden Euro im Bundesfinanzrahmen vorgesehen.

„Atmosphärische Katastrophe“

„Diese Reisewarnung ist eine atmosphärische Katastrophe“, zeigte sich die Chefin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Michaela Reitterer dennoch erschüttert. „Es geht um die Stimmung – und es verunsichert jeden, der geimpft ist.“ Bisher hätten die hohen Inzidenzen in Österreich noch zu keiner Stornowelle unter den Urlaubern geführt. Bisher reichte für die Einreise aus Österreich nach Deutschland ein 3-G-Nachweis.

„Wir haben ohnehin 2-G in den Hotels, bei uns buchen nur Geimpfte und Genesene“, sagte Reitterer: „Wir wollen einen Winter haben, wir sind gut darauf vorbereitet.“ Der vergangene Winter 2020/21 war für die Branche wegen des monatelangen Lockdowns ein Totalausfall.

Der Schritt treffe die Unternehmen „in Mark und Bein“, sagte auch Susanne Kraus-Winkler vom Fachverband Hotellerie in der Wirtschaftskammer (WKO). Schon in den vergangenen Tagen, als erste Spekulationen aufkamen, seien viele Reisen storniert worden. Optimistischer gibt sich hingegen der oberösterreichische Tourismuslandesrat Markus Achleitner (ÖVP). Der überwiegende Teil der potenziellen Urlaubsgäste aus den starken Wintertourismus-Herkunftsländern Deutschland und Niederlande sei geimpft.

Platter nicht überrascht

Man habe die Entscheidung aus Deutschland erwartet, hieß es am Freitag aus dem Bundeskanzleramt. Es habe dazu auch vorab eine Information gegeben. Die Einstufung zeige die Wichtigkeit der Impfung – egal ob erster, zweiter oder dritter Stich. „Denn für die vollimmunisierten Menschen hat die Einstufung aus Deutschland keine Auswirkung, sie müssen auch weiterhin nicht in Quarantäne“, so das Kanzleramt.

Nicht überrascht zeigte sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) über die deutsche Einstufung von Österreich als Hochrisikogebiet. Das habe sich „bereits abgezeichnet“. Der Landeshauptmann, dessen Bundesland zu den besonders von der Maßnahme betroffenen zählt, sagte aber, dass für Geimpfte und Genesene der Urlaub ohne große Einschränkungen möglich sein wird.

„Sicherheit ist das Herzstück des heurigen Winterurlaubs“, meinte Platter, der darauf verwies, dass Deutschland aktuell rund 70 Länder als Hochrisikogebiete einstufe. Die Tiroler Tourismusbetriebe und Skigebiete hätten sich jedenfalls mit „umfassenden Hygiene- und Sicherheitskonzepten“ akribisch vorbereitet.

„Anlass zu Pessimismus“

„Die Aussichten für die kommenden Monate und damit für die im Fall Österreichs so wichtige touristische Wintersaison bleiben höchst unsicher, wobei die aktuelle epidemiologische Lage Anlass zu Pessimismus gibt“, hatte es schon am Dienstag vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) geheißen. Es sei zu befürchten, dass die in Österreich und auch in anderen europäischen Ländern stark steigenden Infektionszahlen und damit einhergehenden notwendigen Maßnahmenverschärfungen „massive Auswirkungen auf die potenzielle wie realisierte Nachfrage nach Urlaubsreisen haben werden“.

Neben einer Zurückhaltung bei Buchungen sowie Stornierungen bereits gebuchter Reisen durch verunsicherte Gäste stünden auch besagte Reisewarnungen der für Österreich wichtigsten Quellmärkte im Raum. Gemeint war wiederum vor allem Deutschland. „Die niedrige heimische Impfquote, die zudem in einigen tourismusintensiven Regionen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt, treibt nicht nur das epidemiologische Geschehen“, sondern konterkariere auch das Image Österreichs als sicheres Urlaubsland.

Opposition sieht Schuld bei Regierung

Dass Österreich erneut auf die Hochrisikogebietsliste Deutschlands komme, „geht ganz klar auf die Kappe der Bundesregierung“, meinte NEOS-Tourismussprecherin Julia Seidl. Sie fürchtet, dass der Wintertourismus „Stück für Stück wegbrechen“ wird. FPÖ-Tourismussprecher Gerald Hauser sieht es als eine Folge der „faktenwidrigen Corona-Politik der Regierung“.

Die SPÖ kritisierte, das im Tourismusbudget kein Cent für den Einnahmenentfall vorgesehen sei. In diese Richtung argumentierte auch die Gewerkschaft vida. Die Tourismusbranche werde die Beschäftigten nicht halten können, wenn es keine Fixkostenzuschüsse für Personal gebe.