Intensivstation eines Salzburger Krankenhauses
APA/Barbara Gindl
Personal erschöpft

Lage auf Intensivstationen „höchst angespannt“

Auf den Intensivstationen ist kaum Entspannung in Sicht: 578 Personen müssen derzeit aufgrund einer Covid-19-Erkrankung intensivmedizinisch behandelt werden. Auch die Hilferufe aus den Ländern reißen nicht ab: Das Personal sei „erschöpft“, die Lage „höchst angespannt“, heißt es etwa in Niederösterreich. Fachleute zweifeln indes daran, dass der Lockdown für Geimpfte wie geplant am 12. Dezember enden wird.

Höher als jetzt war die Zahl der CoV-Intensivpatientinnen und -patienten zuletzt im April. Innerhalb einer Woche stieg die Zahl der Covid-19-Erkrankten auf Intensivstationen um 92. Insgesamt 3.212 Personen müssen stationär behandelt werden. Damit benötigten am Mittwoch 67 Betroffene mehr ein Bett und Pflege in einem Krankenhaus als am Vortag.

Auch in puncto Neuinfektionen gibt es – nach dem Ausreißer von Dienstag – keinen Lichtblick: Mit 15.365 Neuinfektionen wurde von Gesundheits- und Innenministerium der zweithöchste Wert seit Pandemiebeginn gemeldet. Mehr Neuinfektionen als am Mittwoch gab es am Freitag mit 15.809 innerhalb eines Tages.

Heikle Lage in Oberösterreich

Entspannt scheint die Situation derzeit jedenfalls in keinem Bundesland: Österreichweit befindet sich die Zusatzbelegung von Intensivbetten mit Covid-19-Fällen laut Daten der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) im gelben Bereich (zehn bis 30 Prozent Zusatzbelegung) – und bereits an der Schwelle zu Orange (30 bis 50 Prozent Zusatzbelegung).

Das heißt, es kommt in zunehmendem Maße zu Engpässen auf den Intensivstationen. Immer mehr geplante Operationen müssen längerfristig verschoben werden. Überdies muss zusätzliches Pflegepersonal in den Intensivbereich verschoben werden.

Besonders drastisch ist die Situation in Oberösterreich, das sich in puncto Zusatzbelegung bald im roten Bereich (über 50 Prozent Zusatzbelegung) befinden dürfte. Das heißt, dass der chirurgische Regelbetrieb in großem Maße eingeschränkt wird. Die Qualität der medizinischen Versorgung ist wegen der dadurch mangelhaften personellen, zeitlichen und strukturellen Ressourcen deutlich herabgesetzt.

OÖ: Volle Intensivstationen bis „weit über Weihnachten“

Der Linzer Intensivmediziner Jens Meier rechnet deshalb auch damit, dass die Intensivstationen in Oberösterreich „weit über Weihnachten“ im Ausnahmebereich sein werden, selbst wenn der Lockdown rasch zu einer Reduktion der Neuinfektionen führen sollte. Covid-19-Patienten würden erst einige Zeit nach der Diagose auf die Intensivstation kommen und oft lange, „zwei, vier, sechs Wochen“, dort bleiben. Etwa 30 Prozent überlebten nicht – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Salzburg, das mit einer 7-Tage-Inzidenz von 1.727,3 (laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) von Dienstag, 14.00 Uhr) österreichweit an der Spitze liegt, suchte indes um Hilfe aus Wien an: Eine zusätzliche Überstellung von vier CoV-Intensivpatienten nach Wien soll das Land entlasten. Überdies werden weitere Intensivkapazitäten aufgebaut – mehr dazu in salzburg.ORF.at .

„Kritisch“ sei die Situation inzwischen auch in Vorarlberg, sagte Gerald Fleisch von der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Ein ähnliches Bild zeichnet sich in Kärntens Spitälern ab – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

NÖ: Fast alle Intensivpatienten „ungeimpft“

Ein Sprecher der niederösterreichischen Landesgesundheitsagentur (LGA) bezeichnete die Lage am Mittwoch als „höchst angespannt“, verwiesen wurde außerdem auf „erschöpftes Personal“. 109 Personen wurden auf Intensivstationen betreut. Die Überschreitung des systemkritischen Schwellenwerts von 33 Prozent aller tatsächlich aufgestellten Intensivbetten stand bevor.

„Die Situation ist wie in ganz Österreich auch bei uns angespannt“, konstatierte auch der für die Kliniken zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) angesichts der steigenden Belegungszahlen im Intensivbereich. „Fast alle Patientinnen und Patienten dort sind ungeimpft oder haben schwere Vorerkrankungen. Damit zeigt sich auch, dass nur die Impfung vor schweren Verläufen schützt.“ Um sich für eine mögliche Personalnot zu rüsten, wird in Niederösterreich derzeit überdies pensioniertes Personal für die Spitäler rekrutiert – mehr dazu in noe.ORF.at.

Düstere Prognose

Das CoV-Prognosekonsortium geht drei Tage nach Inkrafttreten des österreichweiten Lockdowns auch von einem weiter steigenden Bedarf an Spitalsbetten für Covid-19-Patientinnen und -Patienten vor allem im intensivmedizinischen Bereich (ICU) aus: Was die Auslastung der Spitäler anlangt, verweisen die Fachleute auf den „Zeitverzug zwischen Infektionserwerb und Hospitalisierung“. Aufgrund dessen sei „in den nächsten 14 Tagen noch nicht mit einer Entspannung in den Spitälern zu rechnen und ein weiterer Anstieg des ICU-Belags wahrscheinlich“.

Dieser könnte in der ersten Dezember-Woche „abflachen bzw. leicht zurückgehen“, deutete das Konsortium an, warnte aber zugleich vor vorzeitigem Aufatmen aufseiten der Verantwortungsträger: Die mögliche Abflachung erfolge „auf sehr hohem, teilweise systemkritischem Belagsniveau von über 600 belegten Intensivbetten“.

Steininger glaubt nicht an rasches Lockdown-Ende

Angesichts der Auslastung der Spitäler rechnet der Virologe der MedUni Wien, Christoph Steininger, nicht damit, dass der Lockdown für Geimpfte wie geplant mit dem 12. Dezember endet. Daran glaube er „ebenso wenig wie an das Christkind“, so der Mitbegründer der „Alles gurgelt“-PCR-Tests im „Kurier“ (Mittwoch-Ausgabe).

Laut den Plänen der Regierung sollen Handel, Gastronomie und Co. am 13. Dezember für Geimpfte und Genesene wieder öffnen. Schon bald werde man die „kritische Grenze von 600 Intensivbetten erreichen“, so Steininger. In den kommenden zwei Wochen würden die Zahlen weiter steigen.

Momentan werde der Lockdown einfach zu „wenig radikal gelebt, damit innerhalb von drei Wochen große positive Effekte auf den Intensivstation erzielt werden können“. Daher sei er „wenig optimistisch“, dass es Mitte Dezember wieder ein normales Leben zumindest für Geimpfte geben wird. „Das wird kaum möglich sein“, sagte der Virologe.

Kanzler und Gesundheitsminister im Bundesrat

Viele Fragen zum CoV-Management der Regierung wollte am Mittwoch die SPÖ beantwortet haben: Sie zitierte Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) in die Länderkammer des Parlaments, den Bundesrat.

Kanzler: „Kein Enddatum bei Lockdown für Ungeimpfte“

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) beharrte darauf, dass der Lockdown für Geimpfte am 13. Dezember endet. Mit einem Zielwert bei der Infektionsentwicklung wollte er das am Mittwoch nach dem Ministerrat aber nicht verknüpfen. Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte am Dienstag bei der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der SPÖ im Bundesrat daran festgehalten, dass es beim aktuellen Lockdown „kein Enddatum für Ungeimpfte“ gibt. Jeder Mensch habe es aber selbst in der Hand, sich impfen zu lassen. Einmal mehr betonte Schallenberg, dass die Maßnahme eine „Zumutung“ für die Geimpften sei, da diese sich noch einmal beschränken müssten.