Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler und Sozial- und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein im Rahmen eines Runden Tisches zur Impfpflicht
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Verhandlungen

Details zu Impfpflicht auf dem runden Tisch

Ab Februar soll es in Österreich eine CoV-Impfpflicht geben. Die Details dazu werden am Dienstag von Regierung, Teilen der Opposition und Fachleuten verhandelt. Dabei stellen sich bedeutende Fragen, allen voran, ob die Impfpflicht auch kommt, wenn bis dahin die Impfrate steigt.

Noch am Vormittag wollen Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) über die Ergebnisse des runden Tisches im Bundeskanzleramt informieren. An den Beratungen nehmen unter anderen SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger und auf Expertenseite etwa der Infektiologe Christoph Wenisch, Ursula Wiedermann-Schmidt vom Nationalen Impfgremium (NIG), der Verfassungsjurist Karl Stöger sowie die Leiterin der Bioethikkommission, Christiane Druml, teil.

Wesentliche Fragen zur Impfpflicht sind noch offen. So ist unklar, ab welchem Alter sie gelten soll. Auch mögliche Strafen und die Frage, welche Auswirkungen auf die Arbeitsstelle ein Verstoß nach sich ziehen könnte, müssen geklärt werden. Das Bundeskanzleramt dementierte Berichte vom Wochenende, wonach ein Gesetzesentwurf Strafen von bis zu 7.200 Euro vorsehe. Klar ist auch noch nicht, ob die Impfpflicht von der Impfrate bis Februar, dem angepeilten Startdatum, abhängen wird.

Einfache Mehrheit reicht

Nicht eingeladen zu den Verhandlungen am Dienstag war die FPÖ, die eine Impfpflicht kategorisch ablehnt. Da eine einfache Mehrheit reicht, können ÖVP und Grüne die Impfpflicht aber nötigenfalls auch im Alleingang beschließen.

Kommende Woche soll der entsprechende Gesetzesentwurf vorliegen, das soll eine „ordentliche Begutachtung von mindestens vier Wochen“ ermöglichen. Das Gesetz könne nach Beschluss von Nationalrat und Bundesrat mit Anfang Februar in Kraft treten, so das Gesundheitsministerium. Rendi-Wagner, Wenisch und Stöger sprachen sich am Dienstag vor dem Treffen für die Impfpflicht aus. Sie sei der einzige Weg, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.

SPÖ für Staffelung bei Strafen

Eine hohe Durchimpfungsrate sei der einzige Weg, um den „Teufelskreis an Lockdowns zu durchbrechen“, so Rendi-Wagner. Die Impfpflicht sei notwendig, weil es die Regierung nicht geschafft habe, die Impfrate zu erhöhen. Wenn die Pflicht im Februar in Kraft trete, „haben wir gute Chancen, den nächsten Herbst ohne Lockdown zu schaffen“, so Rendi-Wagner.

Daher brauche es einen „raschen Fahrplan“. Zu einer etwaigen Strafhöhe wollte die SPÖ-Chefin nichts sagen, denn das solle in der Runde diskutiert werden. Sanktionen müsse es aber geben. Geht es nach der SPÖ, müssten diese „sozial“ gestaffelt sein. Angesprochen auf kritische Stimmen in der eigenen Partei meinte Rendi-Wagner, dass sie diese nicht vernehme, vielmehr sei es in der SPÖ „einhellige Meinung“, dass diese Pflicht derzeit notwendig sei, um weitere Lockdowns zu vermeiden.

Mediziner Christoph Wenisch
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Wenisch, Leiter der Infektionsabteilung an der Klinik Favoriten, spricht sich für eine Impfpflicht aus

Wenisch sprach sich gegen eine Orientierung an der bis 1981 geltenden Impfpflicht für Pocken aus. Diese sei eine andere Art der Impfung gewesen – mit einer höheren und nachhaltigeren Wirkung. Gegen CoV müsse man dagegen immer wieder impfen, auch sei der Schutz vor einer Übertragung nicht vollständig gegeben. Im Endeffekt müsse man sich daran orientieren, wie viele Patienten in Intensiv- bzw. Normalstationen man aushalten wolle. Ziel müsse es sein, dass es von der Belastung in den Spitälern her wie die Grippe werde. Diese höhere Belastung für ein, zwei Monate im Winter halte man aus.

Erste Informationen zur Impfpflicht

ORF-Journalist Fritz Dittlbacher berichtet vom Bundeskanzleramt über die ersten Informationen zur geplanten CoV-Impfpflicht, etwa die angedachten Strafen.

Stöger: „Letztes Mittel“

Stöger sagte, man sei sich unter den Verfassungsjuristen einig, dass die Impfpflicht „als letztes Mittel“ zulässig ist, auch wenn man den Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte nicht kleinreden solle. Die Pflicht solle so weit gehen wie notwendig, aber eben auch nicht weniger weit.

Eine Impfpflicht für Kinder unter zwölf Jahren wäre seiner Ansicht nach derzeit „nicht unproblematisch“. Die Zulassung für den entsprechenden Impfstoff sei erst vor Kurzem erfolgt, es fehlten im Unterschied etwa zu älteren Kindern und Jugendlichen daher noch die Erfahrungswerte.

Die Koalition hatte die Einführung der Impfpflicht parallel mit ihrer Entscheidung, einen weiteren Lockdown zu verhängen, um die vierte Coronavirus-Welle zu brechen, angekündigt. Das war für beide Regierungsparteien eine Kehrtwende, davor hatten sie eine Impfpflicht stets abgelehnt. Die ÖVP hatte zudem seit dem Frühsommer versprochen, für Geimpfte werde es keinen Lockdown mehr geben – ein Versprechen, das nicht hielt.

Schallenberg: „Realität ins Auge sehen“

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte die Richtungsänderung in Sachen Impfpflicht zuletzt mehrmals verteidigt. Auch wenn es lange Zeit Konsens gewesen sei, keine Impfpflicht einzuführen, müssen man nun „der Realität ins Auge“ sehen, nämlich, dass die Impfquote in Österreich zu niedrig sei.

Vor Inkrafttreten der Pflicht würden alle Ungeimpften eine Benachrichtigung mit Aufforderung zur Impfung erhalten. Wer dem nicht nachkomme "muss eine hohe Geldstrafe zahlen. Aber für mich ist es der letzte Ausweg“, sagte Schallenberg.

Mückstein: „Bestmöglich schützen“

„Die Zahl der Ansteckungen nimmt exponentiell zu. Ich habe vielleicht zu lange gehofft, dass wir möglichst viele Österreicherinnen und Österreicher davon überzeugen können, sich freiwillig zu impfen. Leider hat es nicht funktioniert, und mit einer Durchimpfungsrate von 66 Prozent in der Gesamtbevölkerung werden wir aus diesem Teufelskreis nicht herauskommen“, so Schallenberg. „Wir müssen alles tun, um uns bestmöglich vor bevorstehenden Infektionswellen zu schützen“, hatte zuvor Mückstein gesagt.

Am Dienstagnachmittag tagt auch noch der Hauptausschuss des Nationalrates. Dort wird – wegen der Zehn-Tages-Begrenzung von Ausgangsbeschränkungen – die nötige parlamentarische Zustimmung eingeholt, damit der aktuelle Lockdown wie geplant bis 11. Dezember gilt. Außerdem bringt die Novelle eine kleine Verschärfung: Die derzeit offenen Geschäfte für die Grundversorgung müssen ab Donnerstag, wie in früheren Lockdowns auch, schon um 19 Uhr schließen.