Bosnische Serben entziehen Zentralstaat Kompetenzen

Mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem blutigen ethnischen Krieg wachsen in Bosnien-Herzegowina die Sorgen wegen drohender Konflikte: Trotz Warnungen der internationalen Gemeinschaft hat das Parlament des serbischen Landesteils Republika Srpska gestern Abend beschlossen, dem Zentralstaat in den Bereichen Steuern, Justiz sowie Sicherheit und Verteidigung Kompetenzen zu entziehen. Das berichteten bosnische Medien.

Betrieben hat das Milorad Dodik, Chef der Partei SNDS und serbisches Mitglied im Staatspräsidium von Bosnien-Herzegowina. Dodik ließ zunächst offen, ob er – wie früher angekündigt – eine separate Armee der Republika Srpska schaffen wolle.

Mehrheit für Dodik

Fast die gesamte Opposition war der Abstimmung im Parlament von Banja Luka aus Protest ferngeblieben. Dennoch erzielte der Vorschlag von Dodiks Partei mit 49 Ja-Stimmen eine klare Mehrheit. Dodik kündigte an, innerhalb von sechs Monaten Gesetze zu initiieren, in denen die Bereiche, für die nunmehr keine Zuständigkeit des Zentralstaats anerkannt wird, neu geregelt werden sollen.

Bereits im Oktober hatte das Serbenparlament eine Abspaltung von der zentralen Arzneimittelbehörde beschlossen. Daraufhin leitete die oberste Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt Sarajevo Ermittlungen wegen Verdachts auf „Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung von Bosnien und Herzegowina“ ein.

„Papierrepublik“ Bosnien-Herzegowina

Dodik droht seit Jahren, die Republika Srpska aus dem bosnischen Staat herauszulösen. Bosnien-Herzegowina sei nichts weiter als „eine Papierrepublik“, sagte Dodik heute im Parlament von Banja Luka.

Dodiks Vorhaben droht die Architektur des Friedensvertrags von Dayton aus dem Jahr 1995 zu zerstören. Dieser beendete einen mehr als dreijährigen Krieg zwischen Serben, Kroaten und Bosniaken. Der Vertrag schuf zwei weitgehend autonome Landesteile, die Serbenrepublik und die bosniakisch-kroatische Föderation. Eine Reihe gesamtstaatlicher Institutionen sollen ein normales Funktionieren des Staates Bosnien-Herzegowina garantieren.