US-Präsident Joe Biden
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„Unvorstellbare Tragödie“

Biden nach Tornadounglück bestürzt

US-Präsident Joe Biden hat die Tornadoserie in den USA mit Dutzenden Toten eine „unvorstellbare Tragödie“ genannt. „Der Verlust eines geliebten Menschen in einem Sturm wie diesem ist eine unvorstellbare Tragödie“, schrieb er am Samstag auf Twitter. Alleine im Bundesstaat Kentucky werden mindestens 70 Tote befürchtet. Weitere Opfer sind unter anderem in Illinois zu befürchten.

„Wir arbeiten mit den Gouverneuren zusammen, um sicherzustellen, dass sie alles haben, was sie brauchen, während die Suche nach Überlebenden und die Schadensbeurteilung weitergehen“, so Biden weiter in seinem Tweet. Zuvor bat ihn der Gouverneur von Kentucky, Andy Beshear, um Unterstützung. „Kentucky braucht Bundeshilfe, um auf dieses Ereignis zu reagieren“, hieß es in einem vom Gouverneur veröffentlichten Schreiben an Biden am Samstag.

Zuvor war der Gouverneur von mehr als 50 Toten ausgegangen. Später hieß es, er sei sich „nun sicher, dass es mehr als 70 waren. Es könnte sogar sein, dass die Zahl 100 überschritten wird, bevor der Tag zu Ende ist.“ In den frühen Morgenstunden seien mehr als 56.000 Menschen in Kentucky ohne Strom gewesen, so der Gouverneur. 17 der 120 Bezirke in dem Bundesstaat seien von der Katastrophe betroffen. Beshear aktivierte die Nationalgarde und rief den Ausnahmezustand aus, um betroffene Gemeinden zu unterstützen.

Gouverneur: Zerstörung schlimmer als befürchtet

Betroffen war in Kentucky vor allem der Ort Mayfield. Dort sei das Dach einer Kerzenfabrik eingestürzt und eben dort seien zahlreiche Toten zu befürchten, so Gouverneur Beshear. Etwa 110 Menschen haben sich im Gebäude befunden. Der Gouverneur sagte CNN: „Ich stehe jetzt vor der ehemaligen Fabrik, und das ist ein Ausmaß der Verwüstung, das keiner von uns je zuvor gesehen hat.“ Er wolle alle vorhandenen Ressourcen einsetzen. Die Zerstörung sei noch schlimmer als zunächst befürchtet.

Mayfields Bürgermeisterin Kathy O’Nan bestätigte, dass in der Kerzenfabrik wegen der Weihnachtszeit rund um die Uhr gearbeitet worden sei. Die Fabrik gehöre einer Familie aus dem Ort und sei ein wichtiger Arbeitgeber. Zu der Zerstörung in Mayfield sagte die Bürgermeisterin CNN: „Mein Herz ist gebrochen.“

Zug entgleiste und raste in Häuser

Auch weitere Landkreise waren laut Berichten betroffen. Im Ort Earlington entgleiste ein Zug und raste in mehrere Häuser. Expertinnen und Experten untersuchten, welches Material er geladen hatte und wie viele Menschen in der Gegend verletzt wurden, sagte der Sheriff von Hopkins County, Matt Sanderson, Medien zufolge dem Lokalsender KYWX. Bisher gab es dort lediglich Berichte über Leichtverletzte.

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Personen gehen nach einem Tornado in Mayfield (US-Bundesstaat Kentucky) durch Gebäudetrümmer
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Trümmer überall, auch in Wohngebieten. Wie viele Opfer zu beklagen sind, war auch am Montag noch unklar.
Umgestürzter Zug nach einem Tornado in Earlington (US-Bundesstaat Kentucky)
Reuters/Cheney Orr
Rettungskräfte versuchen die Zerstörung nach der Zugsentgleisung in Earlington zu beseitigen
Schäden nach einem Tornado in Earlington (US-Bundesstaat Kentucky) aus der Vogelperspektive
Reuters/Cheney Orr
Aus der Vogelperspektive wird das Ausmaß der Zerstörung besonders deutlich
Beschädigtes Gebäude nach einem Tornado in Mayfield (US-Bundesstaat Kentucky)
AP/Timothy D. Easley
Zahlreiche Gebäude stürzten ein
Zerstörtes Haus nach einem Tornado in Dickson (US-Bundesstaat Tennessee)
Reuters/USA Today/George Walker IV
Auch in Tennessee zerstörte das Unwetter Häuser komplett
Umgestürzter Truck nach einem Tornado in Bowling Green  (US-Bundesstaat Kentucky)
AP/Dylan T. Lovan
Der Tornado war so stark, dass er sogar tonnenschwere Lkws zum Umstürzen brachte

Gouverneur Beshear zufolge brachte der stärkste Tornado Windgeschwindigkeiten von 200 Meilen (etwa 322 km/h) mit sich. „Alles in ihrem Pfad ist weg. Häuser, Geschäfte, Regierungsgebäude – einfach weg. Teile von Industrieanlagen, Dächer sind in Bäumen. Es ist schwer vorstellbar, dass das überhaupt möglich ist“, so Beshear weiter.

Es habe sich um die schwersten Tornados in der Geschichte Kentuckys gehandelt. „Mayfield im Landkreis Graves wird zum Ground Zero werden“, sagte indes der Leiter des Katastrophenschutzes von Kentucky, Michael Dossett, dem Sender CNN. „Die Stadt hat es am härtesten getroffen. Es gibt massive Verwüstungen.“

Dach von Amazon-Verteilerzentrum eingestürzt

Sorge bereitete den Rettungskräften auch das Schicksal von rund hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines Amazon-Lagerhauses im Bundesstaat Illinois. Sie gehörten zur Nachtschicht, die Weihnachtsbestellungen bearbeitete. Zum Zeitpunkt des Unglücks galt eine Tornadowarnung.

USA: Vermisste und Tote nach Tornados

In den USA haben schwere Unwetter mit Tornados mehrere Bundesstaaten heimgesucht. Im US-Bundesstaat Illinois ließ ein Tornado etwa das Dach eines Verteilerzentrums des Onlinehändlers Amazon teilweise einstürzen. Rettungskräfte konnten einen Teil der Eingeschlossenen aus dem Gebäude holen. Unklar ist laut Polizei aber, wie viele noch innen verharren. Dutzende Tote werden in den USA durch die Tornados befürchtet.

Dort ließ das Unwetter das Dach des Verteilerzentrums des Onlinehändlers teilweise einstürzen. Zum Zeitpunkt des Unglücks Freitagabend (Ortszeit) in Edwardsville nahe der Großstadt St. Louis habe sich eine nicht bekannte Zahl von Menschen in dem Gebäude aufgehalten, sagte der örtliche Polizeichef, Mike Fillback. Rettungskräfte hätten eine Anzahl der Eingeschlossenen aus dem Gebäude herausholen können. Unklar sei aber, wie viele noch im Gebäude verharrten. Später teilte die Polizei mit, dass es „bestätigte Todesopfer“ gebe.

Wohl zahlreiche Opfer auch in Illinois

Bilder in US-Nachrichtensendern und in Onlinenetzwerken zeigten, dass ein großer Teil des Daches der Lagerhalle im Ort Edwardsville weggerissen wurde und eine Wand in das Gebäude gestürzt war. Überall waren Trümmerteile zu sehen. Die örtliche Katastrophenschutzbehörde sprach von zahlreichen Opfern.

Eingestürztes Amazon-Lagerhauses im Bundesstaat Illinois
AP/Jeff Roberson
Die Bergungsarbeiten im Amazon-Verteilungszentrum laufen

Ob es Tote oder Verletzte gab, blieb zunächst aber unklar. Illinois’ Gouverneur JB Pritzer sagte, er bete für die Menschen von Edwardsville. Amazon-Sprecher Richard Rocha sagte, der Konzern prüfe die Situation. „Die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Angestellten und Partner hat jetzt unsere höchste Priorität.“

CNN: Mindestens 24 Tornados

Im Norden von Arkansas kamen unterdessen zwei Menschen in einem Pflegeheim ums Leben. Die Windhose erfasste nach Medienberichten die Ortschaften Monette und Trumann und beschädigte eine Reihe von Gebäuden, darunter zwei Pflegeheime. Mehrere Menschen wurden verletzt. Helferinnen und Helfer bargen 20 Menschen. In Tennessee starben mindestens zwei Personen, wie ein Vertreter des Katastrophenschutzes örtlichen Medien mitteilte.

CNN zufolge wüteten mindestens 24 Tornados in mehreren US-Staaten. Auf einer Karte des Senders war zu sehen, dass sich das betroffene Gebiet von Norden nach Süden zog. Entstanden waren die Tornados in der Nacht infolge einer Reihe von Unwettern. Darunter war eine Superzelle, die sich im Nordosten von Arkansas gebildet hatte.

Unwetter zogen Richtung Osten weiter

Betroffen waren zuletzt neben Kentucky, Arkansas und Illinois zudem auch Tennessee, Missouri und Mississippi. Dieselbe Sturmfront zog allerdings am frühen Samstag gen Osten und könnte in der Region vom nördlichen Louisiana bis zum südlichen Ohio weitere Tornados verursachen, wie CNN unter Berufung auf die US-Wetterbehörde NOAA schrieb. Ein Überblick über Schäden und mögliche Opfer in den betroffenen US-Staaten war zunächst äußerst schwierig, da sich die Angaben schnell änderten.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen immer wieder davor, dass die Zahl der Stürme und ihre Stärke durch die Klimakrise zunimmt. Davon betroffen seien vor allem Gebiete, in denen extreme Wetterereignisse bereits an der Tagesordnung sind.