Inger Stojberg
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Wegen Asylpolitik

60 Tage Haft für dänische Ex-Ministerin

Die frühere dänische Ausländerministerin Inger Stojberg hat sich in ihrer Amtszeit mit besonders strengen Ausländergesetzen hervorgetan. Am Montag wurde sie wegen Amtsvergehens zu 60 Tagen Gefängnis verurteilt. Sie wurde in einem extra für diesen Prozess eingesetzten Reichsgericht schuldig gesprochen, weil sie die Trennung von minderjährigen asylsuchenden Paaren rechtswidrigerweise angeordnet hatte.

Eine deutliche Mehrheit des Gerichts – 25 von 26 Richtern – sprach sich für die Verurteilung aus. Berufung kann nicht eingelegt werden. Das Urteil ist rechtskräftig. „Ich bin sehr, sehr überrascht, das muss ich sagen“, sagte Stojberg nach der Urteilsverkündung. Sie hatte zuvor gegenüber lokalen Medien gesagt, dass sie einen Freispruch erwarte. Sie bereue nicht und stehe hinter ihren damaligen Entscheidungen. Stojberg ist inzwischen aus der konservativ-liberalen Partei Venstre ausgetreten.

Die Staatsanwaltschaft hatte vier Monate Haft gefordert, die Verteidigung Freispruch. „Wir sind mit dem Urteil zufrieden“, sagten die Staatsanwälte Jon Lauritzen und Anne Birgitte Gammeljord gegenüber Journalisten und Journalistinnen außerhalb des Gerichts. „Es ist ein historischer Fall.“

Inger Stojberg
Reuters/Scanpic Denmark
Vor dem Urteil war die Ex-Ministerin noch von einem Freispruch ausgegangen

Zweites Verfahren in 100 Jahren

Eine Mehrheit im dänischen Parlament hatte Anfang Februar dafür gestimmt, Stojberg wegen Amtsvergehens vor das Sondergericht zu stellen. Ein Verfahren vor solch einem Gericht ist in Dänemark sehr selten: Es handelte sich erst um das sechste in der dänischen Geschichte und das zweite der vergangenen 100 Jahre. Die Instanz befasst sich mit Vorwürfen gegen Minister und Ministerinnen wegen unerlaubter Amtsausübung.

Stojberg war unter dem damaligen Regierungschef Lars Lokke Rasmussen von 2015 bis 2019 Ausländer- und Integrationsministerin. Der Konservativen wird vorgeworfen, in dieser Zeit widerrechtlich angeordnet zu haben, ein asylsuchendes Paar aus Syrien voneinander zu trennen, weil die Frau minderjährig war.

Verstoß gegen Menschenrechtskonvention

Ihr Ministerium hatte im Februar 2016 in einer Mitteilung erklärt, dass alle Asylwerberpaare ausnahmslos getrennt untergebracht würden, wenn einer der Partner minderjährig sei. Dabei handelte es sich laut Gericht um eine rechtswidrige Anweisung. 23 Paare waren davon betroffen. Dann wurde die Praxis gestoppt. Stojberg wollte damit gegen Scheinehen vorgehen.

Screenshot zeigt einen Twitter-Post von Inger Stojberg
Screenshot twitter.com
Stojberg feierte ihre 50. Asylrechtsverschärfung mit Torte

Das Gericht sah es nun als erwiesen an, dass die damalige Ministerin 2016 wissentlich gegen das Gesetz verstoßen hatte. Mindestens eines dieser getrennten asylsuchenden Flüchtlingspaare soll unter 18 Jahre gewesen sein. Das bedeutet einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Nach dänischem Recht und den Menschenrechten müssen Paare einzeln geprüft werden, was bedeutet, dass die Anordnung der Ministerin, alle minderjährigen Paare zu trennen, illegal war.

Verschärfungen mit Torte gefeiert

Stojberg prägte jedenfalls die Verschärfung des dänischen Asylrechts. Dabei arbeitete sie auch mit Abschreckung im Ausland. In libanesischen Zeitungen ließ sie Anzeigen schalten, in denen davor gewarnt wurde, in Dänemark Asyl zu beantragen.

Die Ministerin feierte sich selbst für ihre rigide Ausländerpolitik. Bei der 50. Verschärfung im März 2017 postete sie auf Facebook ein Bild von sich mit Marzipantorte, die neben Schlagobers und Obst mit einer dänischen Flagge und einem 50er aus Schokolade verziert war. „Heute habe ich die Verschärfung Nummer 50 in der Ausländerpolitik durchgesetzt bekommen. Das muss gefeiert werden!“, überschrieb Stojberg das Bild.