Graffiti zur Unterstützung der Proteste in Myanmar
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Myanmar

Verzweifelter Widerstand gegen Junta

In Myanmar setzt die Schattenregierung nicht nur auf Proteste gegen die mit eiserner Faust herrschende Militärjunta: Nun soll der verzweifelte Widerstand gegen die Putschisten auch mit mehr Crowdfunding innerhalb und auch außerhalb Myanmars auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden. Die Widerstandsbewegung beschloss jetzt, die Kryptowährung Tether als ihre offizielle Währung einzusetzen.

Man hofft dabei auch auf wohlhabende Auslandsmyanmarer und aus politischen Gründen Ausgewanderte. Die Schattenregierung, die Regierung der Nationalen Einheit (NUG), setzt sich aus einer Gruppe ehemaliger gewählter Politiker und Politikerinnen zusammen, die jetzt aus dem Untergrund gegen die Militärjunta kämpfen.

Vonseiten der Junta wird die Schattenregierung genauso wie ihr bewaffneter Arm, die People’s Defence Force (PDF), als Terrororganisation gebrandmarkt. Die Militärmachthaber ruhen indes auch in Sachen Kryptowährung und Finanzierung des Widerstandes nicht und kündigten bereits an, Onlinetransaktionen verstärkt ins Visier zu nehmen.

Soldan in Yangon, Myanmar
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Das Militär ist in Myanmar in Ballungsräumen allgegenwärtig

Unterstützung für streikende Beamte

Die finanziellen Bedürfnisse der NUG für den Widerstand gegen die Militärs sind beträchtlich, berichtete der arabische TV-Sender al-Jazeera. So hat die Schattenregierung über 200.000 streikenden Beamten eine fortdauernde Unterstützung von 60 Dollar (53 Euro) pro Monat versprochen. Laut den jüngsten Zahlen – sie sind allerdings von August – weigerten oder weigern sich rund doppelt so viele Staatsbedienstete, für die Junta zu arbeiten.

Die NUG geht von einem Budget von rund 800 Millionen Dollar (708 Mio. Euro) aus, nicht darin enthalten sind die Ausgaben für den bewaffneten Arm. Die Spendensammler in Myanmar sind laut al-Jazeera bisher in der Bevölkerung sehr populär. Doch es ist äußerst schwierig, das Geld an der Militärjunta vorbeizuschleusen.

Proteste in Yangon, Myanmar
AP
Proteste erschütterten nach der Militärmachtergreifung im Frühjahr Myanmar – hier ein Bild aus Yangun

Lotterien und Spenden durch Anleihenkauf

Eine Lotterie zur Unterstützung der streikenden Beamten Ende des Sommers brachte etwa acht Millionen Dollar (rund sieben Mio. Euro) ein. In der NUG sieht man das nur als ersten Schritt an. So sollen die Lotterien ausgeweitet werden. Man erhofft sich dadurch Einnahmen von rund elf Millionen Dollar (9,7 Mio. Euro) monatlich, wie ein NUG-Sprecher sagte.

Laut Lokalmedien sollen 55 der insgesamt 78 Gewinner und Gewinnerinnen der Lotterie ihre Preise wieder der NUG gespendet haben. Es sollen allerdings bereits Verhaftungen von Menschen, die etwa der People’s Defence Force gespendet haben, erfolgt sein – al-Jazeera beruft sich auf Informationen aus Myanmar.

Die Lotterien sind nur ein Zweig der Finanzierung. Auch die Ausgabe von Anleihen, für die es allerdings keine Zinsen gibt und die erst dann zurückgezahlt werden, wenn die Militärmachthaber gestürzt sind, erwies sich als äußerst erfolgreich. Laut der Schattenregierung konnten bereits in den ersten zwei Stunden der Anleihekampagne zwei Millionen Dollar (1,7 Mio. Euro) eingenommen werden. Das gesteckte Ziel ist allerdings sehr hoch. Die NUG hofft auf Einnahmen von 200 Millionen Dollar (177 Mio. Euro) aus den Anleihen.

Leere Straßen in Mandalay, Myanmar
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Eine leere Straßen in Mandalay, nachdem die Schattenregierung dazu aufgerufen hatte durch Daheimbleiben zu protestieren

Kryptowährung soll aus Misere helfen

Laut dem Myanmar-Experten der International Crisis Group, Richard Horsey, ist die NUG mit ihren Methoden, Geld zu sammeln, ziemlich erfolgreich. Es zeige, dass eine große Zahl der im Ausland lebenden Myanmarer und Myanmarerinnen bereit sei, recht hohe Summen für den Widerstand zu spenden, so Horseys Fazit.

Um den Kampf gegen die Junta durch finanzielle Unterstützung aus dem Ausland zu erleichtern, hat die NUG nun via Facebook offiziell die Kryptowährung Tether (USDT) als ihre eigene Währung bzw. als Währung Myanmars ausgerufen. Mit der Ausrufung der Kryptowährung will man das Bestreben der Militärjunta, das Finanzsystem des Landes komplett zu kontrollieren, unterwandern.

Aung San Suu Kyi
Reuters/Nicolas Datiche
Myanmars entmachtete Regierungschefin Aung San Suu Kyi im Jahr 2018

Junta will hart durchgreifen

„Das Militärregime kontrolliert die Zentralbank“, hieß es in der offiziellen Erklärung der NUG. Der Hauptgrund für die Entscheidung für Tether bestehe darin, „die derzeitigen Handels- und Finanzdienstleistungen zu verbessern und zu beschleunigen“, so ein NUG-Sprecher weiter. Bereits im Mai hatte die Zentralbank Kryptowährungen an sich für illegal erklärt. Die Junta droht bei Zuwiderhandeln mit Geld- und Gefängnisstrafen.

Nach der Ankündigung der Schattenregierung, auf Tether zu setzen, griff die Militärregierung im Finanzsektor verstärkt durch. So wurde Geldabheben an Bankomaten stark begrenzt. Die Drohung mit langen Haftstrafen für finanzielle Hilfe für die Opposition wurde erneuert. „Denjenigen, die die Terrorgruppen finanzieren“, drohten „schwere Strafen“, so ein Junta-Sprecher. Fachleute werten die Reaktion des Militärs, strikte Limits bei Geldautomaten einzuführen, als „offensichtliche Sorge“ des Regimes.

Damit die Mittelbeschaffung aber langfristig anhält, müsse die NUG zeigen, dass sie größere Widerstandsaktivitäten koordinieren und auch die diversen anderen, viel kleineren bewaffneten Widerstandsgruppen in ihren bewaffneten Arm eingliedern bzw. zumindest unter ihre Kontrolle bringen kann, hieß es weiter.