Israelische Touristenführer mit Miss Universe in Jerusalem
AP/Maya Alleruzzo
Israel

Mit Umschulungen gegen CoV-Krise

Israel ist eines jener Länder, das sich seit Beginn der Pandemie besonders stark von der Außenwelt abschottet. Auch derzeit gelten wegen der Omikron-Variante extreme Auflagen bei der Einreise. Der Tourismus liegt seit Monaten praktisch darnieder. Auch weil ein baldiges Ende der Pandemie nicht absehbar ist, zieht die israelische Regierung nun Konsequenzen und startet ein Umschulungsprogramm. Scharfe Kritik folgte auf dem Fuß.

Weltweit ist die Tourismusbranche in vielen Ländern wegen der Pandemie unter Druck und wird vielfach vom Staat unterstützt. Das war und ist auch in Israel der Fall. Darüber hinaus zahlt Israel jetzt aber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tourismussektors wegen der CoV-Krise Finanzhilfen für Umschulungen. Angestellten in Reisebüros oder auch selbstständige Guides sollen vom Staat 20.000 Schekel (rund 5.700 Euro) erhalten, wenn sie eine Umschulung in einen anderen Industriebereich machen, teilte das Büro von Ministerpräsident Naftali Bennett mit.

Das ist insofern bemerkenswert, als damit Israel versucht, Jobs aus einem – möglicherweise noch für längere Zeit stark eingeschränkten Sektor – bewusst in andere Branchen umzuleiten, wo es teils einen Arbeitskräftemangel gibt. Auch in Österreich haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffenen Branchen, wie Gastro und Hotellerie, den Rücken gekehrt. Hier fürchten Unternehmen längst, dass ihnen das Personal auch mittelfristig fehlen wird.

Leerer Stadtstrand in Tel Aviv in Israel
Reuters/Ronen Zvulun
Israels Strände, so wie hier in Tel Aviv, gehören seit Monaten den Israelis. Nur im November konnten Touristen kurz ins Land.

Das israelische Programm sieht zudem vor, dass Betroffene bis zu vier Monate ein Stipendium von je 10.000 Schekel (2.800 Euro) beziehen können – quasi zur Abdeckung der Lebenshaltungskosten während der Umschulung. Das Hilfspaket muss noch vom Kabinett genehmigt werden.

Staat kauft Reisen auf

Zugleich wurde die Verlängerung von Hilfen für den Tourismussektor beschlossen. Neben Beihilfen und Überbrückungskrediten für Reisebüros und Hotels finanziert der Staat als Stützungsmaßnahme außerdem 25.000 organisierte Reisen innerhalb des Landes, die für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gratis sein werden.

Neue Abschottung kurz nach Öffnung

Hintergrund der neuerlichen Hilfsmaßnahmen sind heftige Beschwerden der Tourismusbranche, nachdem Israel wegen der Omikron-Variante Ende November erneut die Grenzen für Reisende geschlossen hat. Dabei hatte Israel erst am 1. November das erste Mal seit mehr als anderthalb Jahren die Grenzen für ausländische Reisende wieder geöffnet.

Ende November wurden in Israel die ersten Omikron-Fälle nachgewiesen. Aktuell sind die Infektionszahlen verhältnismäßig niedrig. Allerdings warnen Fachleute vor dem Beginn einer neuen Infektionswelle.

Von 36 Mrd. auf 10,7 Mrd. abgestürzt

Die Tourismusindustrie war vor der CoV-Krise ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in dem Mittelmeer-Land. Noch 2019 reisten laut dem zuständigen Ministerium insgesamt rund 4,6 Millionen ausländische Gäste nach Israel. Es wurden laut der Tageszeitung „Maariv“ in Summe 36 Milliarden Schekel generiert, das entsprach etwa 2,6 Prozent des BIP. Laut „Maariv“ sackte die Wirtschaftsleistung in der Branche im ersten Pandemiejahr 2020 dramatisch ein: Von 36 Milliarden auf 10,7 Milliarden Schekel.

Mehr als 130.000 Menschen waren vor zwei Jahren in der Branche tätig. Viele von ihnen abseits der großen Zentren, also in den ohnehin wirtschaftlich benachteiligten Regionen, in denen es besonders wenige Jobs gibt.

„PR-Gag der Regierung“

Scharfe Kritik an dem Hilfsprogramm kam freilich vom Verband der Fremdenführer. Dieser sprach von einem „PR-Gag der Regierung auf dem Rücken der Tourismus-Angestellten“. Den Leuten, die „alles für den Staat Israel geopfert haben, spuckt dieser jetzt ins Gesicht“, so die harschen Worte.

Allein seit Juli hätten Betroffene durch die totale Schließung des Sektors mehr Geld verloren, als sie jetzt maximal an Hilfe erhalten könnten. Viele Betroffene hätten Familie und würden um ihre Existenz kämpfen. Sie hätten gar keine Zeit für eine Umschulung. Der Verband kritisierte zudem, das Programm sei beschlossen worden, ohne dass man mit den Betroffenen vorher gesprochen habe.

Viel wichtiger sei es, die „hysterische“ Schließung des Flughafens bei Tel Aviv zu beenden. Umliegende Staaten würden von Israels Abschottung touristisch bereits profitieren.

„Verrat“ an Tausenden Familien

Empört zeigte sich wenig überraschend auch der Verband der Reisebüros. Das sei eine klare Benachteiligung durch den Staat und ein „Verrat“, der nichts anderes bedeute, als dass „Tausende Familien ihrem Schicksal überlassen“ würden. Der Verband fürchtet offenbar den Wechsel von Mitarbeitern in andere Branchen. Am zurückhaltendsten fiel die Reaktion der Hoteliers aus, die sich über die Verlängerung der Finanzhilfen erfreut zeigten. Doch auch sie betonten laut „Maariv“, der einzige Weg aus der Krise sei eine „verantwortungsvolle“ Öffnung des Flughafens Ben Gurion bei Tel-Aviv für geimpfte Touristen.