Linksgerichteter Boric gewinnt Präsidentenwahl in Chile

Mit Jubelrufen, Regenbogenflaggen und einem Feuerwerk haben Zehntausende Menschen in Chile den Wahlsieg des linksgerichteten Abgeordneten und früheren Studentenführers Gabriel Boric gefeiert. Boric gewann die Stichwahl für das Präsidentenamt gestern (Ortszeit) laut Angaben der Wahlbehörde mit fast 56 Prozent der Stimmen.

Er erlangte einen deutlichen Vorsprung auf seinen Kontrahenten, den ultrakonservativen Jose Antonio Kast (44 Prozent). Dieser räumte noch vor Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses seine Niederlage ein.

Wichtige Richtungswahl

Die Abstimmung war eine bedeutende Richtungswahl für die Chilenen: Sie hatten sich zwischen einem ultrarechten und einem deutlich linken Kandidaten entscheiden müssen. „Ich bin begeistert, ich weine vor Freude. Wir haben dem Faschismus einen Schlag versetzt“, sagte die 45-jährige Apothekenmitarbeiterin Jennie Enriquez einem AFP-Reporter. Der 58-jährige Bauarbeiter Luis Astorga betonte, er erwarte nun „viele Veränderungen“, die unter anderem „der Arbeiterklasse helfen werden“.

Boric, Sohn kroatischer und katalanischer Einwanderer, hat mit 35 Jahren gerade das gesetzliche Mindestalter für eine Kandidatur zum Staatschef erreicht. Er gehörte zu den Anführern der Studentenproteste gegen die horrenden Studiengebühren in Chinle im Jahr 2019. Als Präsident will er die große soziale Ungleichheit in dem Land bekämpfen.

Für stärkeres soziales Netz

Sein erklärtes Ziel ist es, das Land wirtschaftspolitisch vom Erbe des früheren Militärdiktators Augusto Pinochets lösen, das er für die soziale Ungleichheit verantwortlich macht. Konkret setzt er sich etwa für eine Reform des privaten Pensionssystems und eine stärkere Rolle des Staates im Gesundheits- und Bildungswesen ein.

In seiner ersten offiziellen Ansprache nach dem Wahlsieg versprach Boric, die „sozialen Rechte“ auszubauen, das werde mit „finanzieller Verantwortung“ einhergehen. Aufgrund des großen Vorsprungs von Boric mit mehr als zehn Prozentpunkten hatte Kast bereits nach Auszählung von 70 Prozent der Stimmen seine Niederlage eingeräumt.