Containerschiffe in Los Angeles
Reuters/Lucy Nicholson
„Gestrandet“

Omikron setzt Frachtschifffahrt zu

Die Coronavirus-Pandemie – neuerdings speziell die Omikron-Variante – setzen der Schifffahrt zunehmend zu. Die beiden Hauptgründe seien eine niedrige Durchimpfungsrate bei Seeleuten weltweit und oftmals von Land zu Land komplett unterschiedliche Einreiseregelungen, heißt es. Folge ist, dass Crews Monate auf dem Meer „gefangen“ sind.

Das Problem betrifft laut einem Bericht des „Wall Street Journal“ vom Wochenende nicht nur, aber in erster Linie, die Frachtschifffahrt. Die Reeder hätten immer größere Schwierigkeiten, ihre Crews auszutauschen. Das habe zur Folge, dass diese oft über ihre Vertragszeit hinaus auf See bleiben müssten.

Von rund 1,5 Millionen Seeleuten weltweit sei nur ein Viertel vollständig geimpft, schätzten laut „Wall Street Journal“ Reedereien, Crewing-Agenturen und Handelsverbände. Das Problem mit der Rotation der Crews sei spätestens akut geworden, als zahlreiche Länder ihre Einreisebestimmungen bzw. Einreisebeschränkungen für nicht geimpfte Personen verschärften. Mit dem Auftauchen der Omikron-Variante und der Angst vor deren möglicher rasanter Verbreitung hat es sich noch verschärft.

Warten an Bord

Viele Häfen in Asien verlangten von Seeleuten, dass sie sieben bis zehn Tage warten, bevor sie von Bord gehen, um sicherzustellen, dass sie nicht infiziert sind. Ungeimpfte könnten ihren Dienst nicht antreten, schrieb die US-Wirtschaftszeitung.

Containerschiff in Singapur
Reuters/Edgar Su
In den Häfen sind aktuell „gewöhnliche“ Kreisläufe unterbrochen

Reeder und Crewing-Agenturen seien unzufrieden. Bei jeder Rotation der Crews würden Grenzen geschlossen, hieß es von einem großen Schiffsbetreiber aus Singapur gegenüber dem „Wall Street Journal“. Gleichzeitig forderten die Regierungen, dass der Güterverkehr funktioniert. Unterschiedlichste Industriezweige kämpfen seit Monaten mit unterbrochenen Lieferketten.

Permanenter Kreislauf – aktuell unterbrochen

Die Crews würden im Normalfall in großen Häfen in China, Singapur, den USA, den Niederlanden oder Belgien ausgetauscht. An die 150.000 Seeleute seien dafür im Monat per Flugzeug rund um den Erdball unterwegs, um ihre Kollegen und Kolleginnen nach deren – gewöhnlich mehrmonatigem – Turnus abzulösen.

Regierungen bemühten sich, ein Gleichgewicht zwischen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und einem funktionierenden Güterverkehr auf See zu halten, allerdings gelinge das vielfach nicht. Mehrere Länder seien etwa bereit, Seeleute als Schlüsselarbeitskräfte anzuerkennen. Sie wären dann von gewissen Bestimmungen befreit. Allerdings tun das andere wiederum nicht, was eine grenzüberschreitende Koordination unmöglich macht.

Aktuell an die 200.000 „gestrandet“

Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO), die UNO-Behörde zur Regulierung der globalen Schifffahrt, habe mehrfach darauf hingewiesen, dass die Probleme bei der Rotation der Crews aktuell die größte Herausforderung für Schiffsbetreiber sei. Sie appelliere an die nationalen Regierungen, Seeleute von Reisebeschränkungen auszunehmen.

Ganz neu sind die Probleme nicht: Das „Wall Street Journal“ verwies auf die bisherige „Spitze“ im Vorjahr, als laut Internationaler Schifffahrtskammer (ICS) geschätzte 400.000 Seeleute Monate über ihre Vertragslaufzeiten hinaus arbeiten mussten, weil die Crews nicht getauscht werden konnten. Mehrfach gab es Berichte über Zehntausende „gestrandete“ Seeleute. Aktuell dürfte die Zahl bei 200.000 liegen.