Nonne betet vor dem Bild von Mutter Teresa
AP/Bikas Das
Spendenverbot

Indien schränkt Mutter Teresas Hilfswerk ein

Die von der Ordensschwester Mutter Teresa gegründete Hilfsorganisation soll nach einer neuen Entscheidung der indischen Regierung kein Geld von ausländischen Spenderinnen und Spendern mehr erhalten dürfen. Kritiker verurteilten den Schritt als Schikane gegen die christliche Gemeinschaft.

In einer am Montag veröffentlichten Erklärung des indischen Innenministeriums hieß es, eine entsprechende Lizenz für die Organisation Missionaries of Charity (Missionarinnen der Nächstenliebe) sei nicht verlängert worden. In der Erklärung des Innenministeriums hieß es, die 1950 von Mutter Teresa gegründete Hilfsorganisation erfüllte die „Eignungskriterien“ für den Erhalt ausländischer Gelder nicht mehr.

Bei einer Überprüfung seien „unerwünschte Beiträge“ an die Organisation festgestellt worden. Genauere Angaben machte das Ministerium nicht. Vor rund zwei Wochen hatte die Polizei im Bundesstaat Gujarat mit Ermittlungen gegen die Missionaries of Charity begonnen. Vertreterinnen der Organisation wird dort vorgeworfen, Hindus zum Übertritt zum Christentum gezwungen zu haben. Der Vorwurf der „erzwungenen Konversion“ wird von hindunationalistischen Hardlinern in Indien immer wieder erhoben.

Nonne gibt Bedürftigen Lebensmittel
AP/Bikas Das
Eine Schwester verteilt Essensrationen an Arme in Kalkutta

„Grausames Weihnachtsgeschenk für Arme“

Der Generalvikar der Erzdiözese Kalkutta, Dominic Gomes, bezeichnete die Entscheidung als „grausames Weihnachtsgeschenk für die Armen“. Für den Missio-Österreich-Nationaldirektor Karl Wallner kommt das Spendenverbot „nicht unerwartet“. Die Entscheidung der indischen Regierung ordne sich ein in eine Reihe von „vielen Schikanen, die gegen Christen seit Jahren laufen“ – mehr dazu in religion.ORF.at.

Missionaries of Charity betreibt in ganz Indien Unterkünfte für Obdachlose und arme Menschen. Der Tageszeitung „Hindu“ zufolge erhielt die Organisation im Haushaltsjahr 2020/21 750 Millionen Dollar (662 Mio. Euro) aus dem Ausland.

Die Missionarinnen der Nächstenliebe ist eine der weltweit bestbekannten katholischen Hilfsorganisationen. Mutter Teresa erhielt 1979 den Friedensnobelpreis für ihre humanitäre Arbeit. Von Papst Franziskus wurde sie 2016 – nur 19 Jahre nach ihrem Tod – heilig gesprochen.

NGOs beklagen Diskriminierung

Seit dem Amtsantritt der hindunationalistischen Regierung von Premierminister Narendra Modi in Indien im Jahr 2014 beklagen Aktivistinnen und Aktivisten in dem Land eine zunehmende Diskriminierung von Angehörigen religiöser Minderheiten. Die US-Kommission für Religionsfreiheit stufte die Lage in Indien mit Blick auf die Religionsfreiheit im vergangenen Jahr erstmals als „besorgniserregend“ ein.

Nonnen beten vor dem Bildnis Mutter Teresas
Reuters/Rupak De Chowdhuri
Schwestern beten vor einem Bild Mutter Teresas in Kalkutta

Internationaler Trend

Modis Regierung versucht nicht nur für karitative, sondern auch andere NGOs die Finanzierung einzuschränken. Indien ist damit nicht allein: Weltweit gehen immer mehr – meist rechtspopulistische oder nationalistische – Regierungen gegen NGOs vor, die oft direkt oder indirekt Kritik an den Regierungen und deren Politik üben. Dabei ist die Einschränkung der Finanzierung oft ein erster Schritt, um NGOs das Leben schwerzumachen. In Russland ist die Entwicklung bereits weiter fortgeschritten. Dort wurde am Dienstag per Gerichtsbeschluss eine der ältesten und angesehendsten humanitären NGOs, Memorial, aufgelöst.

Zweitgrößte katholische Community in Asien

Radikale Hindugruppen haben heuer wiederholt christliche Feiern und Messen gestört und eine Kirche im Norden des Landes beschädigt. Die Mehrheit im Land sind Hindus, zwei Prozent der Bevölkerung – etwa 24 Millionen Menschen – sind Christen. Nach den Philippinen befindet sich in Indien die zweitgrößte katholische Gemeinschaft Asiens.

Behörden in von Modis BJP regierten Bundesstaaten sind wiederholt gegen angebliche Kampagnen, Hindus und Muslime zum Übertritt zum Christentum zu bewegen, vorgegangen. Und in mehreren Bundesstaaten gibt es Pläne, per Gesetz den Religionsübertritt bei einer Hochzeit zu verbieten.