Ene Maschine der Royal New Zealand Air Force vor dem Start Richtung Tonga
Reuters/New Zealand Defence Force
Inseln unerreichbar

Erkundungsflüge sollen Lage in Tonga klären

Nach dem Ausbruch des Unterwasservulkans ist die Lage in Tonga immer noch unübersichtlich. Erkundungsflüge aus Neuseeland und Australien starteten am Montag, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Fachleute sehen unterdessen die weltweit schwerste Eruption seit 30 Jahren.

Sowohl Australien als auch Neuseeland schickten Flugzeuge, um die Lage zu erkunden – bisher verhinderte das die Asche in der Luft. Vom neuseeländischen Militär heißt es, dass man sich darauf vorbereitet habe, Schiffe in die Region zu entsenden, noch habe es aber kein offizielles Ansuchen um Unterstützung gegeben.

Unterdessen meldete das neuseeländische Hochkommissariat in Tonga, dass es an der Westküste von Tongas Hauptinsel Tongatapu erhebliche Schäden gebe. Diese konzentrieren sich auf jenes Gebiet, in dem sich zahlreiche Ferienunterkünfte befinden, sowie auf die Hafengegend in der Hauptstadt, berichteten mehrere neuseeländische Medien. Die Hauptstadt sei nach wie vor von einer dicken Ascheschicht bedeckt, sie wirke wie eine „Mondlandschaft“, so Peter Lund, neuseeländischer Hochkommissar in Tonga.

Speziell mit einigen der abgelegeneren Inseln Tongas, zu denen seit der Eruption des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai keinerlei Kontakt hergestellt werden konnte, gestaltet sich die Kommunikation weiter schwierig. Die Regierung sende Schiffe aus, um die Lage zu erkunden, meldete Radio New Zealand am Montag. Zu Tonga gehören etwa 170 Inseln, 36 davon sind unbewohnt.

Erkundungsflüge sollen Lage in Tonga klären

Offenbar wenige Tote und Verletzte

Offenbar seien nicht sehr viele Menschen verletzt oder getötet worden, allerdings gebe es erhebliche Schäden, teilte die australische Regierung nach den ersten Aufklärungsflügen mit. Der starke Ascheregen bereitete der Regierung des Inselstaates Sorge, weil dadurch das Trinkwasser vergiftet werden könnte.

Zudem könne durch Hilfslieferungen das Coronavirus eingeschleppt werden. Bisher galt Tonga als CoV-frei. „Wir wollen keine weitere Welle, keinen CoV-Tsunami“, sagte der Vizebotschafter von Tonga in Australien, Curtis Tu’ihalangingie.

Ausbruch Tausende Kilometer zu hören

Der Ausbruch am Samstag war Tausende Kilometer weit zu hören. Eine gewaltige Aschewolke stieg wie ein Atompilz kilometerweit in die Höhe. Die Eruption löste Flutwellen aus und versetzte viele Pazifikstaaten in Alarmbereitschaft. Tsunami-Wellen wurden nicht nur in Tonga, sondern auch in Neuseeland, Japan, Alaska und Südamerika registriert.

Satellitenaufnahme des südpazifischen Inselstaates Tonga
Satellitenaufnahme des südpazifischen Inselstaates Tonga
Reuters/Planet Labs PBC Reuters/Planet Labs PBC
Satellitenbilder zeigen den Vulkan mehrere Tage (links) und wenige Stunden (rechts) vor dem Ausbruch

Hilfsorganisationen warnten vor Gesundheitsschäden durch die Asche und rieten den Bewohnern Tongas dazu, Masken zu tragen und nur Wasser aus Flaschen zu trinken. Die von der Eruption ausgelösten Ascheschwaden hätten mittlerweile sogar Australiens Ostküste erreicht, teilte der Wetterdienst Weather Watch New Zealand mit. Die Wolke ziehe nach Westen über Queensland und werde im Laufe des Tages einen Großteil des Bundesstaates bedecken, hieß es.

Neuseeland will bei Wasserversorgung helfen

Neuseeland will laut Ministerpräsidentin Jacinda Ardern nach dem Aufklärungsflug mit einer Lockheed P-3K2 Orion eine Maschine des Typs Lockheed C-130 Hercules mit wichtigen Hilfsgütern nach Tonga schicken. Sollte die Landebahn in Tongas Hauptstadt Nuku’alofa beschädigt sein, könnten die Materialien auch abgeworfen werden, sagte Ardern am Montag vor der Presse.

„Die heute durchgeführten Flüge werden uns dabei helfen festzustellen, wo Bedarf besteht“, sagte Ardern. „Wir wissen, dass dringend Wasser benötigt wird, und wir hoffen, dass die Hercules heute starten kann, um diesen Bedarf zu decken.“

Wohl stärkster Ausbruch weltweit seit 1991

Der Ausbruch war nach Ansicht von Experten der weltweit stärkste seit 30 Jahren. Erste Daten zeigten, dass es seit dem Pinatubo auf den Philippinen 1991 keine derartig heftige Eruption gegeben habe, sagte der Vulkanologe Shane Cronin von der University of Auckland zu Radio New Zealand. Hätte sich die Eruption an Land ereignet, dann wären die Auswirkungen „apokalyptisch“ gewesen, so Cronin. Unklar sei, ob der jüngste Ausbruch den Höhepunkt der Aktivität darstelle. Es könne auch sein, dass der Vulkan noch mehrere Wochen oder sogar Jahre unruhig bleibe.

Flutwellen in zahlreichen Ländern

Tsunami-Wellen wurden nicht nur in Tonga, sondern auch in Neuseeland, Japan und Fidschi registriert. Auch Überschwemmungen in Santa Cruz im US-Bundesstaat Kalifornien wurden auf den Ausbruch zurückgeführt.

Vulkan seit Dezember wieder aktiv

Hunga Tonga-Hunga Ha’apai ist seit Dezember immer wieder aktiv. Der Vulkan liegt etwa 30 Kilometer südöstlich der zu Tonga gehörenden Insel Fonuafo’ou (auch als Falcon Island bekannt). Experten schlossen weitere vulkanische Aktivität sowie Tsunami-Warnungen nicht aus. Das könne über die nächsten Wochen oder sogar Jahre andauern, so der Experte Cronin.

Der etwa 65 Kilometer von Tongas Hauptstadt entfernte Vulkan war an zwei Tagen in Folge ausgebrochen. Während nach der ersten Eruption vom Freitag nur kleine Tsunami-Wellen registriert wurden, war die zweite Eruption am Samstag auch im 2.000 Kilometer entfernten Neuseeland und in Fidschi zu hören. Die Bewohner Fidschis wurden aufgerufen, Wassertanks zuzudecken und im Fall von Ascheregen in ihren Häusern zu bleiben.

Auch in Österreich messbar

Der Vulkanausbruch auf Tonga war weltweit zu spüren oder zumindest zu messen. Im gesamten Pazifikraum wurden zahlreiche Tsunami-Warnungen herausgegeben. Ähnlich wie die Wellen im Wasser hat sich die Druckwelle des Ausbruchs auch in der Luft ausgebreitet, vom südlichen Pazifik über die ganze Erdkugel. Samstagabend kam sie in Europa an und wurde hier von Hunderten Wetterstationen registriert – auch in Österreich.

Der Vulkanausbruch schleuderte Aschepartikel und Schwefel bis auf etwa 30 Kilometer Höhe, also bis in die Stratosphäre. Hier bildet sich das klimaaktive Gas Schwefeldioxid (SO2). Ob das Auswirkungen auf das Wetter in Österreich in den nächsten Wochen und Monaten hat, ist aber fraglich.