Von Asche bedeckte Insel
APA/AFP/NEW ZEALAND DEFENCE FORCE
Nach Vulkanausbruch

Tonga sendet Notsignal

Nach dem Vulkanausbruch ist Tonga weiter nahezu komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Die Kommunikationsverbindungen zum Inselarchipel im Pazifik sind unterbrochen. Daher sind Ausmaß der Schäden und Zahl möglicher Opfer weiter unklar. Von einer der Inseln wurde nun ein Notsignal empfangen.

„Die Kommunikation ist weiter das größte Problem, da Internet und internationale Telefonleitungen immer noch außer Betrieb sind“, teilte das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) mit. Speziell zur Inselgruppe Ha’apai gebe es bisher keinen Kontakt.

Satellitentelefone seien das einzige Instrument zur Kommunikation mit der Außenwelt, aber auch sie funktionierten nicht immer zuverlässig. Sorge gebe es nach dem von dem Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai ausgelösten Tsunami vor allem um die tief liegenden Inseln Mango und Fonoi. Von Mango sei ein Notsignal empfangen worden, hieß es seitens des OCHA.

Offenbar „erhebliche Schäden“

„Insgesamt scheint es auch rund um die Hauptinsel Tongatapu erhebliche Schäden an der Infrastruktur zu geben,“, so die UNO-Behörde. Viele Inseln sollen von einer Ascheschicht bedeckt sein. Der Verlust der meisten Kommunikationsmittel gestalte es für die Außenwelt schwierig, sich ein Bild von der Situation in Tonga zu machen.

Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai am 6. Jänner 2022
Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai am 18. Jänner 2022
AP/2022 Maxar Technologies AP/2022 Maxar Technologies
Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai am 6. Jänner und am 18. Jänner im Vergleich

„Das volle Ausmaß der Schäden an Menschenleben und Eigentum ist derzeit noch unbekannt“, zitierte die „New York Times“ („NYT“) mit Fatafehi Fakafanua den Sprecher des Parlaments von Tonga. Alles, was man wisse, sei, „dass Tonga sofortige Hilfe benötigt, um seine Bürger mit frischem Trinkwasser und Lebensmitteln zu versorgen“.

Es gibt weiter keine offiziellen Berichte über Tote oder Schwerverletzte, sagte der neuseeländische Regierungsvertreter auf Tonga, Peter Lund, via Satellitentelefon dem TV-Sender 1News. Bisher seien zwei Todesfälle bestätigt. Eines der Opfer ist eine Britin, die von einer Flutwelle erfasst wurde. Über den anderen Toten gab es keine Angaben. Es würden weiter Menschen vermisst – zudem sprach Lund von schweren Schäden an der Westküste, wo sich auch viele Urlaubsresorts befinden.

Am Montag hatten Neuseeland und Australien Flugzeuge nach Tonga geschickt, um die Situation aus der Luft zu erkunden. Die Streitkräfte veröffentlichten Aufnahmen, die farblose Landschaften unter einer dicken Ascheschicht zeigen. Maschinen können derzeit nicht in der Hauptstadt landen, weil auch der Flughafen zunächst von der Asche befreit werden muss.

Internetkabel nahe Vulkan gebrochen?

Nach Angaben des „New Zealand Herald“ („NZ Herald“) scheint es weitgehend sicher zu sein, dass auch das Kabel riss, „das Tonga mit der Außenwelt verbindet“. „Wir haben nur lückenhafte Informationen, aber es sieht so aus, als sei das Kabel durchtrennt worden“, sagte auch der Direktor des transpazifischen Southern Cross Cable Network, Dean Veverka, der Nachrichtenagentur AFP.

Das nächstgelegene Kabelverlegungsschiff befindet sich derzeit in der mehr als 4.000 Kilometer von Tonga entfernten Hauptstadt von Papua-Neuguinea, Port Moresby. Laut BBC-Angaben verbindet ein 872 Kilometer langes Kabel Tonga mit den Fidschi-Inseln „und von dort aus mit dem Rest der Welt“.

Neuseeland und Australien schicken Schiffe

Neuseeland wollte noch am Dienstag zwei Schiffe mit Hilfsgütern nach Tonga schicken. Ein formelles Hilfeersuchen aus Tonga stehe noch aus, aber die neuseeländische Regierung wolle die Schiffe „HMNZS Wellington“ und „HMNZS Aotearoa“ dennoch bereits entsenden, da diese drei Tage brauchten, um die betroffene Region zu erreichen, hieß es. „Die durch den Ausbruch verursachten Kommunikationsprobleme machen diese Katastrophenhilfe zu einer besonderen Herausforderung“, teilte die neuseeländische Außenministerin Nanaia Mahuta mit.

Eines der Schiffe soll vor allem dringend benötigtes Trinkwasser transportieren. „Wasser hat in dieser Phase für Tonga höchste Priorität, und die ‚HMNZS Aotearoa‘ kann 250.000 Liter transportieren und 70.000 Liter pro Tag durch eine Entsalzungsanlage produzieren“, sagte Verteidigungsminister Peeni Henare.

Auch aus dem australischen Brisbane sollte am Mittwoch ein Schiff auslaufen. Laut der Nachrichtenagentur AAP wird die „HMAS Adelaide“ sowohl humanitäre Hilfen als auch medizinisches Fachpersonal und Helikopter an Bord haben.

Lund äußerte schließlich auch die Hoffnung auf baldige Besserung der schwierigen Kommunikationslage. Medienberichten zufolge sei gebietsweise die Stromversorgung wiederhergestellt – vereinzelt seien auch Inlandstelefonate wieder möglich, heißt es dazu auf Twitter. Eine Userin verwies dort auch auf zwei funktionierende Radiostationen, über welche die Regierung die Bevölkerung auf dem Laufenden halte.

Experte: Vulkan könnte erneut ausbrechen

Der Hunga Tonga-Hunga Ha’apai könnte laut Experten nach seiner gewaltigen Eruption vom Wochenende weiter brodeln. „Ich glaube, dass er in den kommenden Tagen, Wochen oder Monaten erneut ausbrechen wird“, zitierte der australische Sender ABC am Dienstag den Geochemiker Oliver Nebel von der renommierten Monash University in Melbourne. Gleichzeitig sei es aber unmöglich vorherzusagen, ob es einen weiteren Ausbruch der gleichen Intensität geben werde.

Das Problem sei, dass die Magmakammer in der Erdkruste Dutzende Kilometer tief sein könne und niemand wisse, wie viel Magma sich noch in der Kammer befinde. „Das Einzige, was wir sagen können, ist, dass der Vulkan jetzt ausgebrochen ist. Also ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass darunter noch viel mehr Magma ist“, sagte Nebel. Jedoch sei das keine Garantie: Es habe in der Vergangenheit schon mehrere schwere Ausbrüche eines Vulkans in Folge gegeben.

Der Unterseevulkan hatte am Samstag eine gigantische Aschewolke kilometerweit in die Höhe geschleudert und Tsunami-Wellen ausgelöst, die selbst in Japan, Alaska und Südamerika noch an die Küsten schwappten. Der Vulkan liegt nur 65 Kilometer von Tongas Hauptstadt Nuku’alofa entfernt. Der unter der Wasseroberfläche liegende Vulkan ist 1.800 Meter hoch und hat etwa 20 Kilometer Durchmesser. Das Archipel Tonga hat rund 107.000 Einwohnerinnen und Einwohner.