Maskenaffäre von 2020: Brisante Details in Abhörprotokollen

In der Affäre rund um die Beschaffung fehlerhafter FFP2-Masken im Jahr 2020 sind nun brisante Abhörprotokolle aufgetaucht. Das berichtete gestern der „Standard“. Italienische Ermittler zeichneten unter anderem Telefonate von Beschuldigten mit heimischen Spitzenbeamten auf. Mitte Jänner war bekanntgeworden, dass auf Amtshilfeersuchen der Bozener Staatsanwaltschaft Hausdurchsuchungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Österreich durchgeführt worden waren.

Im Frühjahr 2020 waren Coronavirus-Schutzmasken in Europa Mangelware. Von der Südtiroler Firma Oberalp wurden über Vermittlung des Roten Kreuzes, das von der Regierung mit der Beschaffung beauftragt worden war, in mehreren Tranchen Schutzmasken aus China importiert, die allerdings überwiegend nicht den geforderten und vereinbarten Qualitätsstandards entsprachen.

Mängel schon bei ersten Prüfungen entdeckt

Insgesamt soll die Republik laut „Standard“ 41,5 Millionen Euro an die Oberalp bezahlt haben. Die Finanzprokuratur zeigte die Causa bei der WKStA an. Man habe 11,7 Millionen mangelhafte Masken bekommen, und Oberalp sei nicht bereit gewesen, den Kaufpreis zurückzuzahlen. Zudem gebe es Verdachtsmomente, Österreich sei getäuscht worden. Die Involvierten bestreiten die Vorwürfe. Die Oberalp gibt an, den Erwerb nur „vermittelt und vorfinanziert“ zu haben.

Bereits nach der ersten Lieferung im März zeigten sich bei Überprüfungen Mängel. Laut Zertifizierungsstelle Dekra und des österreichischen Amts für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT) waren die bestellten Masken nicht für den gewünschten Zweck geeignet, nämlich dem Einsatz im medizinischen Bereich. Die Liefervereinbarung zwischen Rotem Kreuz und Oberalp wurde trotzdem geschlossen.

Druck auf die Politik

Die italienische Justiz führt das laut Unterlagen, in die der „Standard“ Einsicht nahm, auf die „sehr engen Beziehungen“ zwischen Oberalp-Chef und Führungskräften des Roten Kreuzes zurück. Die hätten ihm „vertraulich Details preisgegeben“, mit denen man versucht habe, das Problem zu lösen. Die Argumente dafür stammen aus E-Mails und offenbar von Telefonüberwachungen.

Am 29. März beruhigte der Oberalp-Chef seine Mitarbeiter per Mail: Er habe mit dem Beamten im Verteidigungsministerium telefoniert, und der Prüfbericht bleibe „unter Verschluss“. Kurz danach hatte man mit der Oberalp einen Vertrag für 20 Millionen Atemschutzmasken abgeschlossen. Kaufpreis: 26,6 Millionen Euro. Ende Mai diskutierten ein Rot-Kreuz-Mitarbeiter und der Oberalp-Chef dann die Verwertung der mangelhaften Masken und einen befürchteten Vertragsausstieg des Wirtschaftsministeriums, dabei hörten laut „Standard“ erneut die Carabinieri zu.

In den Raum gestellt wurde etwa ein Ankauf der Masken durch Wirtschaftskammer oder Polizei sowie eine Klagsdrohung gegen die Republik, sollte das Wirtschaftsministerium aus dem Vertrag aussteigen. Dadurch sollte der Druck erhöht werden, denn die beiden gingen offenbar davon aus, dass die Politik keine negativen Schlagzeilen wollte.

Mängel auch bei Folgelieferung

Laut italienischen Ermittlern ging es für das Rote Kreuz um zwei Millionen Euro Provision, die von der Bundesregierung für diverse Vorfinanzierungen und als Bedeckungsbeitrag versprochen worden waren. „Es ist korrekt, dass das Rote Kreuz 1,5 Prozent für seinen Arbeitsaufwand verrechnet hat, das ist weit unter den üblichen Marktpreisen. Es gibt noch keine Endabrechnung. Die Behörde prüft noch“, wurde das Rote Kreuz zitiert.

Das Ministerium wollte nach Darstellung des Berichts im Sommer 2020 vom Vertrag zurücktreten, nachdem inzwischen weitere mangelhafte Masken geliefert worden waren. Doch in einer Krisensitzung am 2. Juni 2020 hätten Vertreter der Republik, der Oberalp sowie des Roten Kreuzes einen Kompromiss ausgehandelt: Das Rote Kreuz beteuerte, die Oberalp Austria GmbH sei ein zuverlässiger Partner, die Masken seien von besonders hoher Qualität und zur Verwendung im medizinischen Bereich geeignet.

In der Folge wurde der Vertrag abgeändert und weitere zehn Millionen Masken bestellt, die im selben Monat in zwei Tranchen ankamen und an die Bundesländer verteilt wurden. Im Herbst stellte sich heraus, dass diese doch schwerwiegende Mängel aufwiesen und aus dem Verkehr gezogen werden mussten.