Katharina Stemberger (Joe), Daniel Gawlowski (Ben)
ORF/Gebhardt Productions/Stefanie Leo
„Soko Linz“

Auf Verbrecherjagd im Baudenkmal

Die beliebte „Soko“-Serie bekommt nun auch einen Linzer Ableger: Die vielgeschmähte Stadt an der Donau ist 13 Abende lang Tatort von Mordfällen. Katharina Stembergers grenzüberschreitendes Team ermittelt aus der denkmalgeschützten Tabakfabrik heraus und setzt die Stadt mit wohldosiertem Lokalkolorit in Szene.

In der Nacht wurde eine tote Frau gefunden, sie war Deutsche. Erstickt, Schlafmittel im Blut, ist sie das erste Mordopfer in der neuen Serie „Soko Linz“. Vor einigen Monaten hat sie einen Schlepperring auffliegen lassen, war daher in einem Zeugenschutzprogramm und unter falschem Namen in einer kleinen Wohnung in Linz einquartiert, in einem der berühmten „Hitlerbauten“, jener Wohnbauten aus der NS-Zeit.

„Stell dir vor, du fangst ein neues Leben an, und dann landest du da.“ Chefinspektorin Johanna „Joe“ Haizinger (Stemberger) hat eine deutliche Meinung zum Standort der ersten Staffel „Soko Linz“, die die nächsten 13 Dienstagabende prägt. Dabei ist die „Sonderkommission Inland und deutschsprachiges Ausland“ unter Haizinger und dem deutschen Kriminalhauptkommissar Ben Halberg (Daniel Gawlowski) in einem der schönsten Industriebauten der Stahlstadt untergebracht, der denkmalgeschützten Tabakfabrik nahe der Donaulände.

Daniel Gawlowski (Ben), Katharina Stemberger (Joe)
ORF/Gebhardt Productions/Stefanie Leo
Österreichisch-deutsche Teamarbeit: Katharina Stemberger und Daniel Gawlowski funktionieren als freundschaftliches Polizeiduo

Fotogen und ressourcenschonend

Hier, wo in der Linzer Wirklichkeit Architekturbüros, Lokale, Kreativunternehmen und hippe Geschäfte eingemietet sind, befindet sich in der ORF-ZDF-Koproduktion das fiktive Polizeikooperationszentrum, das im Dreiländereck Österreich, Deutschland und Tschechien ermittelt. Sogar der Pathologe im Team arbeitet vor den markanten Sichtziegelwänden und Stahlträgern der einstigen Tabakfertigungshalle, dargestellt wird er von Alexander Pschill als genretypisch lakonischem Gerichtsmediziner Richard Vitek.

TV-Hinweis

„Soko Linz“: Ab Dienstag wöchentlich um 20.15 Uhr, ORF1. Auf Flimmit steht bereits die gesamte Staffel als Streaming bereit.

Joe und Ben werden unterstützt von Aleks Malenov (Damyan Andreev) als technisch und schauspielerisch versiertem Kommissariatsassistenten, heimliches Teammitglied ist auch Bens Teenagertochter Emilia (Paula Hainberger). Konfliktpotenzial birgt die Konstellation mit der ungewohnt auf Korrektheit bedachten jungen Chefin, Kriminalhauptkommissarin Nele Oldendorf (Anna Hausburg), und besondere Freude macht die Anwesenheit der Oberösterreicherin Miriam Hie als „g’standener“ alleinerziehender Hausmeisterin mit Uniambitionen.

Der Einsatz der ehemaligen Tabakfabrik ist nicht nur ihrem charakteristischen Aussehen, sondern vor allem ihrer Eignung als ressourcenschonendem Ganzjahresdrehort zu verdanken, entsprechend der „Green Producing“-Richtlinien. Sie ist eine der geglücktesten Entscheidungen der neuen Serie und wichtiges Wiedererkennungsmerkmal unter den sonst leicht verwechselbaren Krimiserien. Die „Soko Linz“ ist das jüngste, zehnte Mitglied der „Soko“-Familie, die mit Wien, Kitzbühel, Hamburg und München, aber auch Wismar und Stuttgart nicht ausschließlich weltschönste Städte als Drehorte hat.

„Soko Linz“-Trailer

In 13 Folgen ermittelt das Team rund um Katharina Stemberger und Daniel Gawlowski als „Soko Linz“ ab Dienstagabend.

Heimlicher Charme

Auch Linz verbirgt seinen Charme gern. Nur wenige wissen, dass dort dank der Stahlindustrie der Nachthimmel golden glühen kann und wie grün diese Stadt an ihren Rändern ist. Ihr Image war lange nicht gut, „Lieblingsstadt des Führers“ hin, „Luftverschmutzungsweltmeisterin“ her. Die jüngere Stadtplanung ist geprägt von halbherzigen Bauentscheidungen in Verkehrs- und Kulturpolitik, eigentlich liegen die ortsspezifischen Konflikte auf der Straße, die von historisch gewachsenen, mangelhaft hinterfragten Reichtümern und Machtverhältnissen erzählen.

An sich macht genau dieses Lokalkolorit den Witz aus innerhalb des vertrauten Gefüges, das der Fernsehkrimi bietet. Doch zu viel davon passt nicht ins „Soko“-Konzept, wie Alrun Fichtenbauer, eine aus dem Team der „Soko Linz“-Autorinnen, durch ihre jahrelange Erfahrung bei „Soko Kitzbühel“ sehr genau weiß. Die „Soko“ ermittelt in einem Linz, das gerade so mittelgrindig ist, irgendwo zwischen Schauseite und Autobahnabfahrt und zwischendurch ein paar Tourismusattraktionen.

Daniel Gawlowski (Ben), Alexander Pschill (Richie), Katharina Stemberger (Joe), Anna Hausburg (Nele), Damyan Andreev (Aleks)
ORF/Gebhardt Productions/Stefanie Leo
Grenzübergreifende Ermittlertruppe: Gawlowski (Ben), Pschill (Richie), Stemberger (Joe), Hausburg (Nele) und Andreev (Aleks)

Es sind Mordfälle, die fast überall spielen könnten, auch wenn sich das Ars Electronica Center in der Folge „Wir kennen dich“ ebenso als stylisher Tatort eignet wie das Brucknerhaus in „Da Capo“. Und eines macht die Serie deutlich: Verbrechen gibt es überall und in allen Gesellschaftsschichten, egal ob die Ermittlerin die Tatwaffe nun je nach Herkunft lieber „Kissen“ oder „Polster“ nennt.

Ein verlässlicher konventioneller Fernsehkrimi hat Unterhaltung zu leisten, im Falle öffentlich-rechtlicher Krimiserien auch eine gesellschaftlich anerkannte Version von Gerechtigkeit mitzuerzählen, immer aufseiten der Polizei. Genau das ist auch „Soko Linz“: solides Abendprogramm, Krimis wie ein angenehmes Fußbad, etwas kribbelnd, vor allem lau, und am Ende ist alles in trockenen Tüchern.