Leere Impfampullen
Reuters/Lukas Barth
Alternativen gesucht

Impflotterie droht „Verschiebung um Monate“

Just am Tag des Beschlusses der Impfpflicht im Nationalrat haben Koalition und SPÖ eine Impflotterie angekündigt. Die Idee: Geimpften eine finanzielle „Belohnung“ in Aussicht zu stellen bzw. ein „Anreizpaket“ fürs Impfen zu schaffen. Auf dieses positive Begleitsignal drängte die SPÖ – ÖVP und Grüne kündigten eine Umsetzung an. Doch zwei Wochen danach fehlt weiter eine finale Entscheidung dazu – nun droht gar eine „Verschiebung um mehrere Monate“. Die Rede ist gar von Alternativen.

Geplant war, dass jeder bzw. jede zehnte Geimpfte eine Chance habe, Gutscheine im Wert von 500 Euro zu gewinnen, die bei österreichischen Betrieben einzulösen sind, etwa im Handel, der Gastronomie, in Hotels, Kultur- und Sporteinrichtungen. Als Kosten wurden bis zu eine Milliarde Euro avisiert. In einer Pressekonferenz am Tag des Beschlusses der Impfpflicht im Nationalrat vor zwei Wochen wurde von drei Parteichefs, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, erklärt, dass der ORF die Abwicklung übernehmen werde.

Doch wie das Kanzleramt am Freitag mitteilte, werde der ORF kein Partner sein. In den Gesprächen habe sich ergeben, „dass sich der ORF – aufgrund rechtlicher Bedenken – außerstande sieht, dieses Vorhaben organisatorisch abzuwickeln bzw. dieses Projekt zu unterstützen“. Weiters wurde mitgeteilt, dass die Regierung „derzeit an der Entwicklung rechtskonformer Alternativen“ arbeite („auch mit anderen möglichen Partnern“). Und, so heißt es: „Auch die Verschiebung um einige Monate wird als Option geprüft.“

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
APA/Roland Schlager
Nehammer, Kogler und Rendi-Wagner kündigten das Vorhaben in einer Pressekonferenz an

Mehrere Medien berichteten am Freitag bereits vom bevorstehenden Aus für das Projekt, der ORF verwies am Freitag vor der letztlichen Absage noch auf „laufende Gespräche“. Doch waren im ORF umgehend nach der Präsentation des Vorhabens der Regierung Bedenken laut geworden – zuletzt hatte sich der Redakteursrat öffentlich kritisch zu dem Regierungsvorhaben geäußert, angesichts der geplanten Beauftragung des ORF zeige sich, dass die Regierung den Eindruck habe, der ORF sei ein „Hilfsorgan der Regierung“, hieß es in einer Aussendung.

ÖGK-Chef winkt ab

Die Vorhaben „kommunale Impfkampagne“ und „kommunale Impfprämie“ würden wie im Entschließungsantrag vorgesehen umgesetzt, hieß es aus dem Kanzleramt. Die entsprechenden rechtlichen Grundlagen befänden sich in Vorbereitung. Zum nun möglicherweise um Monate nach hinten verschobenen Lotterieprojekt würden „permanente Gespräche“ geführt. Neben ÖVP und Grünen sei dabei „selbstverständlich auch die SPÖ“ involviert, wurde betont.

Impflotterie vor dem Scheitern

Die geplante Impflotterie dürfte sich um Monate verzögern. Es fehlt ein Partner zur Abwicklung.

Der Vizeobmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, brachte indes in der ZIB die ELGA GmbH für die Abwicklung ins Spiel – diese kenne sich mit Daten aus und habe auch die nötige Hard- und Software zur Verfügung. ELGA-Geschäftsführer Franz Leisch winkte aber ab: Man sei zwar vom Gesundheitsministerium kontaktiert worden, wäre aber derzeit mit der Umsetzung der Impfpflicht voll ausgelastet.

SPÖ ruft nach „Alternative“

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried hatte am Vormittag eine „sofortige Klarstellung“ von der Regierung verlangt. Falls Türkis-Grün an der Umsetzung scheitern sollte, müsse sofort eine Alternative her, hieß es in einer Aussendung. Die SPÖ verlange seit Monaten positive Anreize für eine höhere Durchimpfung und habe zunächst eine Impfprämie für alle Immunisierten vorgeschlagen – „dies wäre niederschwellig, transparent, technisch leicht umsetzbar und hätte auch positive Impulse auf die heimische Wirtschaft“, so Leichtfried.

Doskozil „War zu befürchten“

Den burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) überrascht die mögliche Verschiebung der Impflotterie nicht. „Ich bin weit entfernt von Schadenfreude, aber dieser Ausgang war leider zu befürchten. Wir haben im Burgenland die Erfahrung gemacht, dass ein derart komplexes Projekt gut und gründlich vorbereitet werden muss. Die Impflotterie des Bundes war hingegen nicht nur zu spät und inhaltlich falsch angesetzt, sondern eine nicht durchdachte Nacht-und-Nebel-Aktion“, sagte Doskozil – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

FPÖ: Idee „sofort verwerfen“

Auch aus dem FPÖ-Parlamentsklub tönte Kritik. „Die Österreicher haben genug von diesen peinlichen Vorschlägen. Es braucht endlich wieder sachorientierte Politik statt dieser Las-Vegas-Politik auf Kosten der Steuerzahler“, wurde Generalsekretär Michael Schnedlitz zitiert. Die SPÖ habe sich „für diese Idee von der Regierung kaufen und über den Tisch ziehen“ lassen. Die Regierung solle die Idee „sofort verwerfen“ und „gemeinsam mit der Impfpflicht in den Geschichtsbüchern gescheiterter politischer Schnapsideen begraben“, hieß es.

Analyse zur Impfpflicht und Impflotterie

ORF-Innenpolitikchef Hans Bürger ordnet die Kommunikation der Regierung hinsichtlich Impfpflicht und Impflotterie ein.

Der freiheitliche Fraktionsvorsitzende im Bundesrat, Christoph Steiner, teilte mit, dass mit dem Aus der Impflotterie offensichtlich werde, dass sich die roten Bundesräte über den Tisch haben ziehen lassen. Schließlich falle nun der „einzige Grund“ für die mehrheitliche Zustimmung der roten Bundesräte zur Impfpflicht weg. Steiner bezeichnete zudem die Kritik des SPÖ-Vizeklubobmanns als „scheinheiliges Gesudere“, hätte ihm doch klar sein müssen, dass es mit dem von der SPÖ unterstützten Impfzwang keinerlei Anreizes für die Impfung mehr bedürfe.

NEOS: „Regierung nicht zu Krisenmanagement fähig“

Auch NEOS meldete sich am Freitag per Aussendung: Für Generalsekretär Douglas Hoyos zeige sich damit einmal mehr, „dass die Regierung einfach nicht zu solidem Krisenmanagement fähig ist“, wie es hieß. Abermals sei in „Husch-Pfusch-Manier“ etwas angekündigt worden, ohne sich die Umsetzung zu überlegen oder mit den Beteiligten zu sprechen. NEOS stehe dem Vorhaben aber ohnedies ablehnend gegenüber. Die dafür geplante Milliarde würde in anderen Bereichen schmerzlich fehlen, so Hoyos.

Auch die Durchführung mittels einer Privatfirma ist möglich, bräuchte aber eine europaweite Ausschreibung, was die ganze Sache erheblich verzögern würde. Wie die „Kleine Zeitung“ zuletzt berichte, soll es jedoch nicht daran scheitern. Etwa bestünde auch die Möglichkeit, eine solche Lotterie mit der Bundesbeschaffungsagentur in Form eines Rahmenvertrags abzuwickeln.