USA halten Einmarsch Russlands für „jederzeit“ möglich

Ein russischer Einmarsch in die Ukraine ist nach Einschätzung der US-Regierung „jederzeit“ möglich. Auch während der noch bis zum 20. Februar dauernden Olympischen Winterspiele in Peking sei eine solche Invasion denkbar, sagte Außenminister Antony Blinken heute bei einem Besuch in Australien.

US-Präsident Joe Biden hatte US-Bürger zuvor zum sofortigen Verlassen der Ukraine aufgefordert. Moskau kündigte unterdessen weitere Militärübungen an. Russland setze die Truppenmobilisierung an der ukrainischen Grenze weiter fort, so Blinken.

Mit seiner Warnung vor einem auch kurzfristig möglichen Einmarsch Russlands in die Ukraine widersprach Blinken Einschätzungen, wonach Moskau während der Olympischen Winterspiele in Peking auf einen solchen Angriff verzichten könnte, um den Verbündeten China nicht zu verärgern.

Auch Stoltenberg sieht „sehr hohes“ Risiko

Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg schätzte das Risiko eines bewaffneten Konflikts in Europa und einer „totalen Invasion der Ukraine“ durch Russland als „hoch, sehr hoch“ ein. Anlässlich eines Besuchs des südostrumänischen Luftwaffenstützpunktes „Mihail Kogalniceanu“ sprach Stoltenberg erneut von einem „gefährlichen Moment für die europäische Sicherheit“.

Weitere Übungen Russlands an Grenze

Russland kündigte unterdessen weitere Militärübungen an der Grenze zum Nachbarland an. 400 Soldaten nähmen an einer „taktischen Übung“ in der Region Rostow teil, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Bei den Manövern kämen auch rund 70 Militärfahrzeuge, darunter Panzer, sowie Drohnen zum Einsatz. Ziel sei das Training für den „Kampfeinsatz“.

Aufruf zur Ausreise

Biden rief US-Bürgerinnen und -Bürger in einem voraufgezeichneten Interview mit dem US-Sender NBC auf, die Ukraine „jetzt“ zu verlassen. Washington werde unter keinen Umständen US-Truppen in die Ukraine schicken, auch nicht zur Rettung von US-Bürgern im Falle einer russischen Invasion, warnte er. Das würde „einen Weltkrieg“ auslösen, sagte Biden. „Wenn Amerikaner und Russen anfangen, aufeinander zu schießen, befinden wir uns in einer ganz anderen Welt.“

Das kanadische Außenministerium rief seine Staatsbürger auf seiner Website ebenfalls zur Ausreise auf: „Wenn Sie sich in der Ukraine befinden, sollten Sie sie verlassen.“ Russische Militäraktionen in der Ukraine könnten den Reiseverkehr im ganzen Land stören.

Das österreichische Außenministerium rät bereits seit Ende Jänner im Zusammenhang mit russischen Truppenbewegungen von allen „nicht unbedingten Reisen in die Ukraine“ ab, verzichtet aber auf eine explizite Reisewarnung. In der ukrainischen Botschaft in Wien sah man am Freitag keinen Grund dafür, von Reisen in die Ukraine generell abzuraten und verwies auf eine bereits monatelange Militärpräsenz Russlands in Grenznähe.

NATO baut Präsenz aus

Die NATO brachte unterdessen den Ausbau ihrer Präsenz im östlichen Bündnisgebiet auf den Weg. Der Beschluss zielt insbesondere darauf ab, zur Abschreckung Russlands auch in südwestlich der Ukraine gelegenen NATO-Ländern wie Rumänien multinationale Kampftruppen zu stationieren. Bisher gibt es die diese Battlegroups nur in den baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland sowie in Polen.