Polen in Streit über Justiz kompromissbereit

Polen zeigt sich im Streit mit der Europäischen Union über die Unabhängigkeit seiner Justiz kompromissbereit. Abgeordnete der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) stellten gestern einen Gesetzesentwurf vor, nach dem Richterinnen und Richter nicht mehr einer Disziplinarkammer unterworfen werden sollen. Das Kontrollgremium soll nur noch für Staatsanwälte, Anwälte und andere Rechtsberufe zuständig sein.

Die EU-Kommission wertet die Disziplinarkammer als Gefahr für die Unabhängigkeit der Richter. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Oktober Polen zur Zahlung eines Zwangsgeldes in Höhe von einer Million Euro pro Tag verurteilt, weil die Regierung in Warschau die Auflösung der Disziplinarkammer verweigerte.

Die PiS-Abgeordneten schlagen nun vor, dass künftig Disziplinarverfahren gegen Richter von Richtern des Obersten Gerichtshofs verhandelt werden, die per Los ernannt werden. Der Gesetzesentwurf sieht auch vor, dass Richter nicht für die von ihnen erlassenen Urteile bestraft werden dürfen, es sei denn, diese fußten auf schwerwiegendes Fehlverhalten. „Der Gesetzesentwurf setzt alle Empfehlungen des EuGH um“, heißt es in der Begründung des Gesetzesentwurfs.

Zweiter Anlauf für Aufhebung von Strafe

Der Vorstoß der PiS-Abgeordneten ist der zweite Anlauf, die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Zwangsgeldes zu schaffen. Vor einer Woche hatte Präsident Andrzej Duda einen ähnlichen Gesetzesentwurf vorgestellt.

Kritiker monierten, dass keiner der beiden Gesetzesentwürfe das grundlegende Problem der polnischen Justizreform angehe, nämlich die Ernennung von regierungsnahen Kandidaten zu Richtern. Die Gesetzesentwürfe seien nur Winkelzüge, um an die EU-Gelder zu kommen, sagte der Sprecher der Richtervereinigung Iustitia, Bartlomiej Przymusinski.