Mückstein verteidigt AGES-Job für Pharmalobbyistin

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hat gestern im Interview im Ö1-Mittagsjournal am Ende auch die Berufung der derzeitigen Pharmalobbyistin Helga Tieben zur Chefin der Medizinmarktaufsicht verteidigt. Als Minister mische er sich nicht in die Belange der zur Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) gehörenden Teilagentur, die u. a. über die Zulassung von Medikamenten entscheidet.

Die Geschäftsführung habe ihm versichert, dass ordnungsgemäß ausgeschrieben und eine der besten Bewerberinnen ausgewählt worden sei. Es sei ein transparenter und normaler Prozess gewesen.

Auf die Nachfrage, ob hier nicht sprichwörtlich der „Bock zum Gärtner“ gemacht werde und was hier der Unterschied zu der heftig umstrittenen Ernennung des Kärntner Verfassungsschutzchefs Stephan Tauschitz sei (dieser wurde nach tagelanger Kritik schließlich von dieser Position abgezogen, Anm.), ging Mückstein nicht ein.

Auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte sich – wie Mückstein – zunächst darauf berufen, eine Kommission habe unabhängig entschieden. Tauschitz’ Wahl war in die Kritik geraten, weil dieser als Kärntner ÖVP-Klubchef Reden bei dem bei Rechtsextremen und Neonazis beliebten Ulrichsberg-Treffen gehalten hatte.

Scharfe Kritik von Opposition und NGO

Ende Jänner war die brisante Personalentscheidung in der AGES bekanntgeworden. SPÖ und NEOS hatten heftige Kritik geübt. Transparency Österreich sprach angesichts des offensichtlichen Interessenkonflikts von einer „unglaublichen“ Besetzung.

Martin Kreutner, Ex-Chef der Antikorruptionsakademie und Initiator des Antikorruptionsvolksbegehrens, vermisst Sensibilität bei der Besetzung: „Wenn man einen Vergleich zieht und sagt, jemand aus der Tabakindustrie wird dann von einem Tag auf den anderen Aufsichtsorgan oder Chef einer Aufsichtsbehörde, würde man auch eher sagen, das geht so eigentlich nicht.“

Prüfung, Zulassung und Überwachung der Sicherheit

Die Medizinmarktaufsicht in der AGES hat mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist mit zuständig für Arzneimittelzulassungen, klinische Prüfungen und die Überwachung der Arzneimittelsicherheit. Die bisherige Chefin Christa Wirthumer-Hoche geht im Sommer in Pension, und als Nachfolgerin ist Tieben vorgesehen. Sie ist derzeit Direktorin für Zulassungsbereich und Innovation im Verband der pharmazeutischen Industrie Pharmig – also der korrespondienden Stelle in der Lobbyorganisation.

Auf EU-Ebene gibt es – allerdings für den Wechsel von der Behörde in die Privatindustrie – Abkühlphasen – also eine vorgeschriebene Mindestzeit, in der solche konfligierende Jobwechsel nicht stattfinden dürfen. Solche Cooling-off-Phasen werden von NGOs auch in Österreich gefordert.