Keine der Empfehlungen der Kindeswohlkommission umgesetzt

Keine einzige der elf Empfehlungen der von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) vor gut einem Jahr eingesetzten Kindeswohlkommission sei umgesetzt worden, beklagen deren Mitglieder.

Aus diesem Grund haben einige von ihnen, darunter auch die Vorsitzende Irmgard Griss, das Bündnis „Gemeinsam für Kinderrechte“ gegründet. Ziel sei es, langfristig den Kinderschutz im Asylwesen zu institutionalisieren und politischen Druck aufzubauen.

Griss sieht zahlreiche Versäumnisse

Die Kindeswohlkommission hatte im Juli eine Analyse der rechtlichen Situation für Kinder im Bereich der Asyl- und Bleiberechtsverfahren samt Empfehlungen vorgelegt. „Aus dem Justizministerium hat es geheißen, man bemühe sich darum, die Empfehlungen umzusetzen. Bis jetzt wurde aber keine einzige Empfehlung umgesetzt“, sagte Griss heute.

„Der aktuelle Fall eines abgeschobenen 13-Jährigen zeigt, dass sich auch das Innenministerium den Bescheid wenn überhaupt nur oberflächlich durchgelesen hat“, kritisierte die Ex-OGH-Präsidentin zudem. Dass er – gegen die Empfehlung der Kommission – während des Schuljahres abgeschoben wurde, sei besonders störend.

Mit Unterstützung der Kinder- und Jugendanwaltschaften wurde die Plattform „Gemeinsam für Kinderrechte“ gegründet. Neben Griss engagieren sich Universitätsprofessor Ernst Berger, der Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs, Sinaida Horvath von der Refugee Law Clinic der Universität Wien und Katharina Glawischnig von der Asylkoordination Österreich, die die Koordination des Bündnisses übernimmt. Man sehe sich als Vertreter aller Menschen, die damit unzufrieden seien, gut integrierte Kinder abzuschieben.

Druck auf Regierung und Behörden

Das langfristige Ziel des Bündnisses ist die Durchsetzung des institutionalisierten Schutzes von Kinderrechten und die Umsetzung der Empfehlungen der Kommission. Ab sofort leistet das Bündnis zivilgesellschaftliches Monitoring im Asyl- und Fremdenrechtsbereich. Dadurch soll politischer Druck auf die Regierung und Behörden ausgeübt werden.

Rechtliche Unterstützung kann das Bündnis nicht anbieten, im Falle einer akuten Kindeswohlgefährdung soll ein „Kindeswohlbrief“ geschrieben und an die Behörden gesendet werden. Dieser Brief solle darlegen, weshalb eine Abschiebung aus Sicht des Bündnisses ungerechtfertigt wäre.

„Wirksame Monitoringstruktur“ nötig

NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper kritisierte den Umgang der Bundesregierung mit den Empfehlungen der Kommission: „Es zeigt sich immer deutlicher, dass sich die Regierung nur Zeit erkaufen und die vielen kritischen Stimmen beschwichtigen wollte, indem sie zwar eine Kindeswohlkommission beauftragt hat, jetzt aber den Empfehlungen dieser Kommission nicht folgt.“

Die NEOS-Asylsprecherin forderte ebenfalls ein besseres Monitoring: „Es braucht dringend eine wirksame Monitoringstruktur, zügige Obsorge, die den Namen auch verdient, und kindergerechte Unterkünfte für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“, so Krisper.

Laut SPÖ-Kinder- und -Jugendsprecherin Eva Maria Holzleitner kommt die Regierung nicht nur den Empfehlungen der Kommission nicht nach, sondern missachte geltende Kinderrechte: „Wir haben Kinderrechte, die in Österreich in Verfassungsrang stehen, die klar besagen, dass das Kindeswohl zu berücksichtigen ist. Wir haben eine Kindeswohlkommission, die sehr schnell Forderungen auf den Tisch gelegt hat. Wir haben einen Parlamentsbeschluss, der die Bundesregierung dazu auffordert, hier tätig zu werden. Wenn die grüne Justizministerin trotz alledem nicht aktiv wurde, dann will sie es nicht oder darf es nicht. Beides ist einer angeblichen Menschenrechtspartei unwürdig!“