Wolfgang Muckstein
AP/Lisa Leutner
„Persönliche Erklärung“

Gesundheitsminister Mückstein tritt zurück

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hat am Donnerstagnachmittag in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz unter dem Titel „persönliche Erklärung“ seinen Rücktritt bekanntgegeben. Mückstein übernahm das Amt mitten in der CoV-Pandemie, er hatte es seit Mitte April 2021 inne. Nachfolger soll der Vorarlberger Johannes Rauch werden.

„Wir haben jetzt in Österreich ziemlich exakt zwei Jahre Pandemie hinter uns. Seit fast einem Jahr liegt das Pandemiemanagement in meinen Händen“, so Mückstein in seiner äußerst kurzen Rücktrittspressekonferenz. Er persönlich blicke auf ein Jahr mit großen Herausforderungen und Freuden zurück. Das Pandemiemanagement sei er mit voller Kraft angegangen.

Nicht zu unterschätzen in dem Job sei die persönliche Belastung. Ihm sei immer bewusst gewesen, worauf er sich einlasse. Man könne den Job nur ausüben, wenn man täglich 100 Prozent leiste. In den letzten Wochen habe er gemerkt, dass er nicht mehr 100 Prozent leisten könne, und sei damit seinen eigenen Anforderungen nicht gerecht geworden. Die Bedrohungen seien für ihn und seine Familie belastend gewesen. Mückstein bezog sich dabei auf die Drohungen etwa von Impfgegnern. Wenn man das Haus nur noch unter Polizeischutz verlassen könne, halte man das nicht lange aus, so Mückstein weiter.

Gesundheitsminister Mückstein tritt zurück

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) ist zurückgetreten. Er könne den Job nicht mehr zu 100 Prozent leisten, so Mückstein, er würde damit auch seinen eigenen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Ein Grund dafür seien auch die Drohungen gegen ihn und seine Familie. Wenn man das Haus nur noch unter Polizeischutz verlassen könne, halte man das nicht lange aus.

„Im Maschinenraum einer Demokratie“

Mückstein sprach von großen Herausforderungen und Erlebnissen, das Pandemiemanagement habe jeden Tag viel Kraft gekostet. „Nicht alle waren mit meinen Entscheidungen zufrieden, manche hätten sich mehr oder weniger gewünscht.“ Es sei aber ein Privileg für ihn gewesen, im „Maschinenraum einer Demokratie“ tätig sein zu dürfen.

Am Koalitionspartner ÖVP gab es von Mückstein keine Kritik, auch die zuletzt von Expertenseite als allzu rasch kritisierten CoV-Öffnungsschritte erwähnte er nicht. Vielmehr betonte Mückstein in seinem rund siebenminütigen Statement vor Journalisten im Gesundheitsministerium, dass es zwar harte Verhandlungen, am Ende aber immer einen Interessenausgleich gegeben habe. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), „mit dem mich der pragmatische und faktenbasierte Zugang verbindet“, hob er explizit hervor. Er übergebe ein gut aufgestelltes Haus und werde bis zur Angelobung seines Nachfolgers die Amtsgeschäfte weiterführen, so der scheidende Minister. Fragen waren danach keine zugelassen

Dritter Wechsel im Ressort in Pandemiezeiten

Der Abgang von Mückstein ist bereits der zweite im Gesundheitsressort in der schwarz-grünen Koalition. Mücksteins Nachfolger wird somit der dritte Gesundheitsminister in der CoV-Pandemie. Mückstein selbst folgte Rudolf Anschober nach. Anschober sagte damals zu seinem Rückzug: „Ich bin überarbeitet und ausgepowert.“ Er war ein Jahr, drei Monate und sechs Tage im Amt. Bei Mückstein war es nicht einmal ein ganzes Jahr.

Mückstein wurde am 5. Juli 1974 geboren. Der Allgemeinmediziner war einer der Leiter des Primärversorgungszentrums im sechsten Wiener Bezirk. In der Wiener Ärztekammer fungierte er als Referent für Gruppenpraxen und neue Organisationsformen. Bei den türkis-grünen Regierungsverhandlungen hatte er das Kapitel Gesundheit und Soziales mitverhandelt.

Wolfgang Mückstein bei seiner Angelobung im April 2021
APA/Roland Schlager
Mückstein bei seiner Angelobung am 19. April des Vorjahres – die Turnschuhe sorgten für Aufsehen

Wenig Handschrift hinterlassen

Dass Mückstein des Öfteren Öffnungsschritte verantworten musste, die ihm zu früh erschienen, ist kein Geheimnis. Das hing wohl auch mit seinem durch Koalitionspartner, Wirtschaft, eigene Partei und Landeshauptleute eingeschränkten Spielraum zusammen. Auch die am Samstag anstehende Aufhebung fast aller CoV-Maßnahmen war nicht seine Idee. Experten und Expertinnen, auf die der Mediziner mehrfach einging, zeigten sich bezüglich des Zeitpunkts bis zuletzt skeptisch.

Allzu große Pflöcke hat Mückstein in der kurzen Zeit im Amt nicht eingeschlagen. Der Pandemie geschuldet ging bei anderen Themen wie der Pflege nicht viel weiter. Stets ein Anliegen war Mückstein, dass sozial Schwache nicht durch die Pandemie zu kurz kommen. Diverse Hilfspakete trugen da auch seine Handschrift.

Johannes Rauch
APA/Dietmar Stiplovsek
Der Vorarlberger Umweltlandesrat Johannes Rauch

Angeblich Freundschaftsdienst Rauchs an Kogler

Nehammer hatte zu Mittag nach einem Treffen des Krisenkabinetts mit den Landeshauptleuten gemeint, im Falle eines Rücktritts werde es eine „rasche Übergabe“ geben. Grünen-Chef Werner Kogler, der sich bei Mückstein wie auch andere Grünen-Politker und -Politikerinnen umfangreich bedankte, betonte, werde er noch am Donnerstag dem Grünen Parlamentsklub und dem Parteivorstand den grünen Vorarlberger Landesrat für Umwelt und Verkehr Rauch als neuen Gesundheits- und Sozialminister vorschlagen.

Die Letztentscheidung trifft dann der Erweiterte Bundesvorstand am Freitag. Die Angelobung durch Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen wird voraussichtlich Anfang nächster Woche stattfinden, wie die Präsidentschaftskanzlei auf Anfrage der APA mitteilte.

Rauch wurde in Medien bereits am Vormittag als Nachfolger für Mückstein genannt. Der Vorarlberger soll laut „Kronen Zeitung“ vom Ruf aus Wien nicht sonderlich begeistert gewesen sein, soll aber nach einer Bedenkzeit als Freundschaftsdienst an Kogler zugesagt haben – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Dank an Mückstein

Kogler attestierte Mückstein, er habe „diese persönliche Entscheidung mit Bedacht und großem Verantwortungsbewusstsein getroffen, und dafür habe ich größten Respekt“. In das Lob stimmte auch Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer ein.

Seitens der ÖVP dankte Nehammer dem scheidenden Minister via Twitter für die gute, partnerschaftliche und intensive Zusammenarbeit. „Alles Gute für deinen weiteren Weg“, so der Bundeskanzler. Als Gesundheitsminister habe Mückstein besonders in Zeiten der Pandemie eine wichtige und gleichzeitig schwierige Rolle für das Land übernommen.

Opposition sehr kritisch

Kritik kam bereits von der Opposition. „Es stellt sich die Frage, wie zielführend das für Österreich ist, wenn inmitten zweier Krisen das nächste Regierungsmitglied das Handtuch wirft“, so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Rande einer Pressekonferenz. „Das ist das Gegenteil von Stabilität.“

Ähnlich NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger: „Ich finde es reichlich unglücklich, dass wir in einer Pandemie bald den dritten Gesundheitsminister haben werden“, so Meinl-Reisinger ebenfalls bei einer Pressekonferenz. Dazu komme, dass der mutmaßliche Nachfolger Mücksteins nicht einmal vom Fach sei. FPÖ-Chef Herbert Kickl sagte, es sei klar, dass es sich dabei nicht um eine freie Entscheidung Mücksteins handle, sondern um eine mit der gesamten Bundesregierung akkordierte Aktion.