Ex-Vizekanzler Erhard Busek
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1941–2022

Erhard Busek ist tot

Der ehemalige Vizekanzler und ÖVP-Chef Erhard Busek ist tot. Busek starb unerwartet am Sonntag, teilte das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa am Montag mit. Der Jurist Busek fungierte als Vorstandsvorsitzender des Instituts. Ende März hätte er seinen 81. Geburtstag gefeiert.

Busek wurde am 25. März 1941 in Wien als Sohn eines Ingenieurs und Baumeisters geboren. Seine Mutter stammte aus einer Familie von Gewerbetreibenden. Seine katholische Prägung hatte er von der Familie bekommen und bis zuletzt behalten. Der kinderlose Busek engagierte sich schon früh in der Kirche. Er war Ministrant und bei der Katholischen Jungschar. Während seines Jusstudiums war er in der Katholischen Jugend tätig.

Seine politische Karriere begann er 1964 im ÖVP-Klub. Ab 1968 war er im ÖVP-Wirtschaftsbund tätig. 1975 und 1976 war er unter Bundesparteiobmann Josef Taus ÖVP-Generalsekretär, von 1975 bis 1978 Abgeordneter zum Nationalrat.

„Bunter Vogel“ in Wiener Kommunalpolitik

1976 begann Buseks Laufbahn in der Wiener Kommunalpolitik. Er wurde zum Landesparteiobmann gewählt. Als nicht amtsführender Stadtrat 1976 bis 1989 und als Vizebürgermeister von 1978 bis 1987 belebte er als „bunter Vogel“ die Wiener Kommunalpolitik. Die Niederlage bei der Gemeinderatswahl 1987 ließ seinen Stern vorübergehend verblassen. In einer Kampfabstimmung im Oktober 1989 wurde Busek durch Wolfgang Petrik als Parteiobmann abgelöst.

Ex-Vizekanzler Erhard Busek und Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky
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Unter Vranitzky (r.) war Busek Vizekanzler

Ebenfalls 1989 wurde Busek Wissenschaftsminister. Als solcher zeichnete er für das Universitätsorganisationsgesetz (UOG) 1993 verantwortlich – dieses brachte den Unis mehr Autonomie. Seither dürfen sie etwa selbst Professoren berufen. Außerdem wurden die verschiedenen Universitätsebenen durchgehend in operative und strategische Organe getrennt. Auch die Einrichtung von Fachhochschulen (FH) fiel in Buseks Amtszeit.

1991 wurde er als Nachfolger von Josef Riegler zum neuen ÖVP-Parteichef gewählt und übernahm auch die Funktion des Vizekanzlers in der Koalitionsregierung mit der SPÖ unter Bundeskanzler Franz Vranitzky. Nach der Nationalratswahl am 9. Oktober 1994 blieb Busek Vizekanzler, als Fachminister wechselte er jedoch ins Unterrichtsressort.

Präsident des Forums Alpbach

Schon bald danach setzte die Demontage als Parteiobmann ein, die schließlich zur Wahl von Wolfgang Schüssel zum neuen Parteichef und zum Ausstieg Buseks aus der Regierung führte. Am 9. Mai 1995 übernahm Busek wieder ein Abgeordnetenmandat im Nationalrat, das er allerdings zwei Monate später zurücklegte. Danach agierte er als Regierungsbeauftragter für die EU-Erweiterung.

Erhard Busek und Wolfgang Schüssel
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Busek und sein Nachfolger Schüssel

Von 2000 bis 2021 fungierte Busek als Präsident des Trägervereins des Europäischen Forums Alpbach, seit 2012 als Ehrenpräsident. 2004 bis 2011 war er Rektor der Fachhochschule Salzburg sowie von 2008 bis 2018 Vorsitzender des Universitätsrates der Medizinischen Universität Wien. Von 2005 bis 2017 war er Präsident des Vienna Economic Forum, dem er bis zu seinem Tod als Ehrenpräsident angehörte.

„Ein bissl aufwachen tät’ uns gut“

Busek wurden zahlreiche Ehrendoktorate von Universitäten im In- und Ausland zuerkannt. Der Jurist und Politiker war an zahlreichen Publikationen als Autor und Herausgeber beteiligt. Bis zuletzt nahm Busek in Interviews und Kommentaren immer wieder zu innen- und europapolitischen Entwicklungen Stellung.

Ex-ÖVP Chef Busek tot

Der ehemalige Vizekanzler und ÖVP-Chef Erhard Busek ist am Sonntag unerwartet verstorben. Er hätte am 25. März seinen 81. Geburtstag gefeiert.

Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine fand Busek deutliche Worte: „Ein bissl aufwachen tät’ uns gut“, sagte er an Europa gerichtet bei einer Podiumsdiskussion. Wladimir Putins Krieg in der Ukraine habe die Dimension, ein Weltkrieg zu werden. „Wir sind nicht vorbereitet gewesen und sind heute noch nicht vorbereitet“, so Busek. Darüber hinaus übte er auch Kritik an der Tätigkeit Schüssels im Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Lukoil.

Nehammer: „Großer Österreicher, begeisterter Europäer“

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zeigte sich tief betroffen vom überraschenden Ableben des Politikers und drückte Buseks Familie sein Beileid aus. „Unser Land hat mit Erhard Busek einen großen Österreicher und begeisterten Europäer verloren“, sagte Nehammer.

Busek sei ein über die Parteigrenzen hinweg geschätzter Politiker gewesen, „der in unterschiedlichsten Funktionen und Ämtern viel für unser Land und die Volkspartei geleistet hat. Er hat in seinen öffentlichen Funktionen immer Verantwortung für Österreich übernommen und war auch nach seinem Ausscheiden aus seinen politischen Funktionen aktiv.“ Als Bundesparteiobmann, Vizekanzler und Minister habe Busek „die Politik und das Profil der Volkspartei jahrelang maßgeblich geprägt“, sagte ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) beschrieb ihn als „Politiker mit Haltung, Visionär und Vordenker“.

Van der Bellen würdigt Busek

„Mit Erhard Busek verliert Österreich eine seiner prägendsten politischen Persönlichkeiten“, betonte Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Busek habe als Wissenschaftsminister und als Vizekanzler der heimischen Innen- und auch der Außenpolitik den Stempel aufgedrückt. „Seine feine Ironie, ja, auch Selbstironie, wurde weithin geschätzt und auch bewundert“, so Van der Bellen.

„Mit Erhard Busek verliert Österreich einen großen Europäer und eine starke Stimme für das Miteinander. Erhard Busek hat Grenzen zwischen Blöcken, Ländern, Parteien nie einfach hingenommen“, so Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer hob Buseks Mut hervor, „Neues zu wagen“. Unter anderem habe er sich für die Öffnung seiner Partei zur Ökologiebewegung eingesetzt. Grünen-Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer sagte, Busek sei ein „Verbinder“ gewesen, im „besten Sinne des Wortes“.

SPÖ, FPÖ und NEOS kondolieren

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner würdigte Busek als „streitbaren Intellektuellen“, Kämpfer für Wissenschaft und Bildung und großen Europäer. Kondolenzen kamen auch vom burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und vom Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (beide SPÖ). Österreich verliere mit Busek einen „Brückenbauer und ein Vorbild für die Politik“, sagte Doskozil. „Mit dem Tod Erhard Buseks verlieren wir einen Politiker und Vordenker, dessen große Begabung es war, über den gesellschaftlichen und politischen ‚Tellerrand‘ hinauszublicken“, so Ludwig – mehr dazu in wien.ORF.at.

Für FPÖ-Chef Herbert Kickl verliert Österreich mit Busek eine „kontroversielle politische Persönlichkeit“. Inhaltlich sei die FPÖ mit den Positionen und Inhalten Buseks meist durch Welten getrennt gewesen. „Trotz oder gerade wegen dieser Differenzen war Erhard Busek einer, der sich der Diskussion und dem Diskurs gestellt hat“, so Kickl.

Via Twitter kondolierte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger: „Das tut weh und ist sehr traurig. Nicht nur durch das Forum Alpbach waren wir sehr verbunden. Er hat mich sicher maßgeblich geprägt.“

Schüssel: Moderner Denker

„Europäer, Christ, Demokrat, Österreicher – so wird mir Erhard Busek, mit dem mich eine durchaus kritische Freundschaft verband, in Erinnerung sein“, sagte der frühere Kanzler Schüssel, „als moderner Denker, als Meister des Wortes und als Intellektueller mit politischer Handschrift, um den ich in Betroffenheit trauere.“

Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schrieb auf Twitter, Busek habe die ÖVP und das Land „maßgeblich mitgestaltet“. Busek sei ein „leidenschaftlicher Politiker“ gewesen, der sich zeitlebens insbesondere für Europa eingesetzt habe.

Trauer auch in Slowenien

Der Tod Buseks sorgte auch in Österreichs Nachbarschaft für tiefe Trauer. „Ruhe in Frieden, lieber Erhard. Wir werden deine Zuneigung in unserer schlimmsten Zeit nie vergessen“, schrieb der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa auf Twitter.

Bestürzt zeigte sich auch Sloweniens erster demokratischer Premier Lojze Peterle. „Ich glaube, dass ihm die Ukraine keine Ruhe gegeben hat, dass ihn das sehr mitgenommen hat“, sagte Peterle der APA. Der Ukraine-Krieg „stand nämlich in völligem Widerspruch zu allem, wofür er sich bemüht hat“.

Betroffen vom Ableben Buseks äußerte sich auch der frühere tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg. „Das Traurige ist, dass ich heute erfahren habe, dass Erhard Busek gestorben ist. Das war der letzte österreichische Politiker nach Bruno Kreisky, der noch eine Vision gehabt hat, wie Österreich sein könnte.“