Mariupol-Hilfe: Kiew widerspricht russischen Angaben

Die seit Tagen geplante Evakuierung der belagerten Hafenstadt Mariupol ist ukrainischen Angaben zufolge erneut gescheitert. Zwar hätte gestern eine Kolonne von Privatautos Mariupol am Montag in Richtung der mehr als 70 Kilometer westlich gelegenen Stadt Berdjansk verlassen können, sagte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk der Agentur UNIAN zufolge am Abend. „Aber unsere humanitäre Fracht ist weiter nicht in Mariupol angekommen, sie ist noch in Berdjansk.“ Die Situation in Mariupol sei katastrophal, betonte Wereschtschuk: „Die Menschen kämpfen um Essen und Wasser, dort spielt sich ein Alptraum ab.“

Wereschtschuk widersprach ausdrücklich Angaben des russischen Verteidigungsministeriums, wonach eine großangelegte Evakuierung eingeleitet worden sei. Der russische Generalmajor Michail Misinzew hatte zudem behauptet, ein erster Hilfskonvoi habe erfolgreich 450 Tonnen Medikamente, Lebensmittel und Babynahrung geliefert.

Flucht mit Privatautos

Im Tagesverlauf war ukrainischen Angaben zufolge ersten Zivilisten die Flucht aus der Großstadt am Asowschen Meer auf eigene Faust gelungen: Mehr als 160 Privatautos hätten Mariupol in Richtung Berdjansk verlassen können, hieß es am frühen Nachmittag. Der Konvoi mit Hilfsgütern kam hingegen nicht durch – ebenso wenig wie Busse, die größere Zahlen an Zivilisten aus der Stadt hätten fahren sollen.

Bereits in den vergangenen Tagen hatte der Konvoi aufgrund andauernder Kämpfe mehrfach erfolglos in Richtung Berdjansk umkehren müssen. Auch Evakuierungsversuche und Fluchtkorridore scheiterten trotz vereinbarter Feuerpausen immer wieder. Russland und die Ukraine gaben sich dafür gegenseitig die Schuld. Die Menschen in Mariupol harren seit Tagen ohne Strom, Heizung und Wasser aus. Medikamente und Lebensmittel werden Beobachtern zufolge knapp.

Nur sieben von zehn geplanten Fluchtkorridoren funktionierten

Die ukrainischen Behörden warfen Russland unterdessen auch vor, Fahrzeuge mit flüchtenden Zivilisten aus dem Ort Hostomel bei Kiew mit Mörsern beschossen zu haben. Dabei seien eine Frau getötet und zwei Männer verletzt worden.

Von geplanten zehn Fluchtkorridoren hätten nach Angaben aus Kiew nur sieben funktioniert. Dabei seien insgesamt rund 4.000 Menschen in sicherere Gebiete gebracht worden, wie Wereschtschuk am Abend weiter mitteilte. Die meisten Zivilisten kamen aus der Region Kiew.