Ein Labormitarbeiter mit PCR-Tests
Reuters/Leonhard Foeger
„Entscheidungen politisch“

Kritik an neuen Test- und Quarantäneregeln

Die von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Dienstag vorgestellten Änderungen bei Gratis-CoV-Tests und den Quarantäneregeln stoßen auf Kritik. GECKO-Mitglied Gerry Foitik sprach von „Entscheidungen“, die „politisch getroffen“ worden seien. Der ÖGB bezeichnete den Kurs der Regierung als „unverantwortlich“.

Unzufrieden zeigte man sich auch in Wien. „Keine gute Vorbereitung für die Zeit im Herbst“ sah etwa der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Es werde nun in Wien geprüft, ob man diese Aufhebung von CoV-Vorsichtsmaßnahmen mittragen könne. Der Bundesregierung unterstellte Ludwig eine „Hü-hott-Politik“, die dieselben Fehler immer wieder wiederhole – mehr dazu in wien.ORF.at. Schon vor der Pressekonferenz gab es Kritik, dass es keine Gespräche mit Wien gegeben habe, obwohl das Testsystem hier sehr gut funktioniere, so auch Ludwig.

Kurz vor der Pressekonferenz von Rauch am Dienstag hatte der Sprecher des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ), Mario Dujakovic, noch über ein „allererstes Gespräch auf BeamtInnenebene“ zur Teststrategie getwittert. „Der Gesundheitsminister geht entweder davon aus, dass man die Zukunft der gesamten Teststrategie in knackigen 60 Minuten mit den LH-BüroleiterInnen bis ins letzte Detail ausdiskutieren kann, oder das Ergebnis steht schon fest, und diese Runde ist nur noch Kosmetik“, so Dujakovic.

Viele offene Fragen

Auch die SPÖ auf Bundesebene und der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) übten angesichts der hohen Infektionszahlen Kritik an den neuen Regeln. SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher sprach von einem „Chaos-Kurs“ der Regierung. Wieder einmal würden funktionierende Strukturen (der Tests, Anm.) zerstört. Viele Fragen seien offen geblieben – etwa was man künftig fürs Testen zahlen muss, wie es in den Schulen weitergeht und was Arbeitnehmer tun sollen, deren Arbeitgeber regelmäßig Tests verlangt.

Als „unverantwortlich“ bezeichnete die Leitende ÖGB-Sekretärin Ingrid Reischl die Entscheidung der Regierung. Mit der Reduktion der Tests gebe es „de facto keinen durchgehend niederschwelligen Zugang“ zu CoV-Tests mehr. Reischl: „Es wird nicht mehr möglich sein, am Arbeitsplatz sicher zu sein.“

Als ein Vertreter der gesamtstaatlichen Krisenkoordination (GECKO) stellte Foitik via Twitter kurz nach der Pressekonferenz von Rauch klar, dass die Entscheidungen zum Testen und zur Quarantäne politisch getroffen worden seien. „In GECKO – zumindest dort, wo ich dabei bin – wurden diese Punkte nicht diskutiert und (daher) auch nicht empfohlen.“

Für NEOS „sehr großzügig“

NEOS vermisst eine Strategie und sprach von „blindem Weiterwurschteln“. Gesundheitssprecher Gerald Loacker missfiel die „sehr großzügige“ Regelung für Gratistests für alle. Es sei „ein Hohn“, dass Ungeimpfte nicht einmal einen Kostenbeitrag leisten müssten. FPÖ-Chef Herbert Kickl wiederum befürchtete, dass sich Rauch die Tür für ein „weiteres Beschränkungsregime gegen die Österreicher“ offen gelassen habe. Allerdings sei die beschränkte Aufrechterhaltung von Gratistests und ein Testangebot für besonders gefährdete Gruppen „durchaus positiv zu sehen“.

Die Wirtschaftskammer zeigte sich zufrieden mit den neuen Regeln. Angesichts der teils schon bedenklich hohen Personalausfälle sei die Lockerung der Quarantänebestimmungen positiv – und mit der Maskenpflicht für Kontaktpersonen sieht die WKÖ „für größtmögliche Sicherheit gesorgt“. Was die Tests betrifft, gehe man davon aus, dass dort, wo solche als Zutritt zum Arbeitsplatz vorgeschrieben sind, diese auch weiterhin gefördert werden, hieß es aus der WKÖ.

Entscheidung als „Kompromiss“

Auch in der Regierung dürfte eine Einigung auf eine Fortführung des mit 31. März auslaufenden Testregimes nicht einfach gewesen sein. Noch am Wochenende hatte sich Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) für eine Reduktion ausgesprochen. Rauch hingegen plädierte für eine Fortsetzung der Gratistests. Geworden ist es nun ein „Kompromiss zwischen Positionen (innerhalb der Regierung, Anm.) und zwischen den Bundesländern“, wie Rauch die Entscheidung beschrieb.

Neue Teststrategie präsentiert

Am Dienstag hat Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) die neue CoV-Teststrategie verkündet. Mit April werden die Gratistests auf fünf PCR- und fünf Antigen-Tests pro Monat eingeschränkt und die Quarantäneregeln gelockert.

„Wer einen kostenlosen Test braucht, erhält ihn auch“

Ab 1. April sollen pro Person und Monat jeweils fünf PCR- und fünf Antigen-Tests gratis zur Verfügung stehen. Zudem wird die Quarantäne für Ungeschützte gelockert. Zusätzliche Tests soll es laut Rauch für Menschen mit Symptomen und in besonders heiklen Bereichen wie Alters- und Pflegeheimen geben. Rauch: „Wer einen kostenlosen Test braucht, erhält ihn auch.“ Derzeit sei nicht die Zeit, das Pandemiemanagement „in Bausch und Bogen“ über Bord zu werfen. Darüber hinaus soll das Pandemiegeschehen verstärkt über das Abwassermonitoring beobachtet werden.

Keine Angaben konnte Rauch machen, wie viel welcher Test wo kosten werde. Es bleibe aber den Ländern unbenommen, etwa für Arbeitgeber Zuschussmodelle für ein breiteres Testangebot mitzufinanzieren. Für die Fortsetzung der Teststrategie im Schulbereich verwies Rauch auf ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek. Dieser arbeite derzeit in Abstimmung mit den Bildungsdirektionen der Länder einen Plan aus.

Unklar ist derzeit noch, wie die Regierung das Testlimit kontrollieren möchte. Denn neben den in mehreren Bundesländern angegebenen Gurgeltests führen auch die Apotheken PCR-Tests durch. Am meisten getroffen wird das Bundesland Wien durch die Deckelung der Tests. Hier wurden seit Jahresanfang 21,1 Mio. Tests durchgeführt. Das entspricht im Durchschnitt knapp elf Tests pro Einwohner. Im Burgenland und in Niederösterreich waren es im selben Zeitraum etwa vier PCR-Tests pro Kopf, in Kärnten und Oberösterreich waren es mit jeweils zwei Tests pro Kopf noch weniger.

Regierung will an Maßnahmen festhalten

Trotz der extrem hohen Infektionszahlen will Rauch an den Maßnahmen wie bisher festhalten und nicht erneut etwa die Maskenpflicht einführen – auch wenn die „nächsten Tage, auch was die Infektionszahlen betrifft, eine Belastung sein werden“. Er rechnet damit, dass die Wirkungen erst dann einsetzen würden, wenn der Höhepunkt dieser Welle bereits erreicht sei. Zudem gebe es verfassungsrechtlich klare Schranken, nach denen ein Gesundheitsminister Verordnungen erlassen dürfe: „Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein.“

Lockerung der Quarantäne für Ungeschützte

Rauch kündigte zudem die Lockerung der Regeln für Kontaktpersonen von Infizierten an. Bisher mussten nicht vollständig gegen das Coronavirus geschützte Personen nach einem Kontakt für zehn Tage in Quarantäne. Das soll nun durch eine Verkehrsbeschränkung ersetzt werden.

Das bedeutet: Ungeschützte Kontaktpersonen – also weder geimpft noch genesen – dürfen mit Maske arbeiten gehen, einkaufen und ins Freie. Weiterhin nicht erlaubt ist der Besuch von Veranstaltungen und Lokalen. Der Gesundheitsminister begründete diesen Schritt damit, dass Erkrankungen mit Omikron milder verlaufen und es derzeit Personalengpässe in Schulen und Krankenhäusern gebe.