Alyona Alyona
Dobrev Alexnadr
Alyona Alyona

Ukrainische Rapperin als Identifikationsfigur

In ihrer Heimat Ukraine ist sie ein Superstar: Alyona Alyona. Aktuell teilt die Rapperin auf ihren Social-Media-Kanälen weniger Musik, sondern engagiert sich gegen den Krieg. Sie erreicht damit Hunderttausende auf der ganzen Welt. Im Gespräch mit ORF.at sagt Alyona Alyona, Informationen seien ihre Waffe.

Sie hätte die Ukraine längst verlassen können, doch die Rapperin entschied sich zu bleiben: „Wer soll sonst unser Land retten? Niemand!“ Kolleginnen und Kollegen aus Polen hätten ihr angeboten, bei ihnen leben zu können – so lange, wie sie wolle und mit der Möglichkeit, Musik zu machen. Doch Aljona Olehiwna Sawranenko, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, schlug die zahlreichen Angebote aus. Sie entschloss sich, in der Ukraine zu bleiben und hält sich aktuell in einem kleinen Ort namens Baryschiwka auf, der 40 Kilometer von Kiew entfernt liegt.

Vom großen internationalen Medieninteresse an ihrer Person zeigt sie sich überrascht: „Ich habe das zu Beginn des Krieges nicht erwartet, dass so viele ausländische Journalisten anfangen würden, Fragen über die Wahrheit des Krieges zu stellen, über das, was zwischen der Ukraine und Russland passiert.“

Ukrainische Rapperin engagiert sich gegen Krieg

Die ukrainische Rapperin Alyona Alyona ist in ihrer Heimat ein Star. Ihren Status nutzt sie, um auf Instagram gegen den Krieg zu mobilisieren.

Die Musikvideos der 30-Jährigen werden millionenfach geklickt, ihre Songs erfreuen sich internationaler Beliebtheit. Im Ausland spielt sie Konzerte, bespielt Festivals, unter anderem in Österreich, wo sie 2019 beim Waves Vienna performte. Für ihre Musik wurde sie vielfach ausgezeichnet, wie etwa mit dem renommierten Music Moves Europe Award 2021.

Vor ihrer Musiklaufbahn war die 1991 geborene Alyona Alyona als Kindergärtnerin tätig. Anfangs war die Musik noch Nebenbeschäftigung – und damals, vor zehn Jahren, rappte sie sogar in russischer Sprache: „Damals war meine ganze Rapcommunity in Russland, und ich habe an russischen Text-Battles teilgenommen“, erzählt sie. Doch nach 2014, den Protesten des Euromaidan, änderte sich nicht nur die gesellschaftliche wie auch politische Situation in der Ukraine, sondern auch die Sprache, in der Alyona Alyona rappte: Sie trug ihre Texte über weibliche Selbstermächtigung und Body Positivity nun auf Ukrainisch vor.

Rap mit typisch ukrainischen Elementen

Ihre Songs klingen zeitgeistig, sie weisen Einflüsse von Cloud-Rap und Trap auf. Im Gespräch erzählt Alyona Alyona, dass Rap keine Wurzeln in der Ukraine habe. Doch wenn die Musik vom Herzen kommt, sagt sie, und man vielleicht auch etwas typisch Ukrainisches einbaut, dann macht es den Rap zu etwas ganz Besonderem. In ihrer Laufbahn veröffentlichte Alyona Alyona bereits vier Alben; mit „Galas“ und „Lava“ erschienen allein zwei davon im letzten Jahr. Auf „Galas“ sind beispielsweise auch Features mit internationalen Gästen enthalten, wie etwa „Bro“, auf dem die israelische Musikerin Noga Erez zu hören ist.

Politische Appelle via Spotify

Zuletzt veröffentlichte Alyona Alyona dort einen Appell an Streaminganbieter wie Apple Music und Spotify. Darin fordert sie die Musikdienste dazu auf, Künstlern zu erlauben, ihre Albumcover mit politischen Botschaften zu versehen. Auf der auf Instagram geteilten Fotokachel liest man folgende Botschaft: „Nichts kann die Gewalt und den Tod von Unschuldigen rechtfertigen, und genau das passiert gerade in unserem Land.“

„Klopfzeichen“ für Menschen in Russland

Die Aktion richtet sich vor allem an Menschen in Russland. Putin lüge diese hinsichtlich der wahren Gründe des Krieges an, so Alyona Alyona: „Mit diesen Albumcover versuchen wir ‚klopf klopf‘ zu den russischen Menschen zu sagen. Während du unsere Musik hörst, sterben unsere Leute.“ Bei YouTube konnten die Albumcover schon ersetzt werden, bei Spotify und Apple sei es etwas komplizierter, so Alyona Alyona.

Die aktuelle Lebenssituation habe die Regeln in den sozialen Netzwerken geändert, sagt Alyona Alyona. „Ich habe mich entschieden: Wenn Informationen mein Gewehr sind, dann kann ich den Menschen im Ausland dabei helfen zu verstehen, was wirklich in der Ukraine passiert ist, und welche Schäden Russland an dem ukrainischen Volk, an ukrainischen Städten angerichtet hat.“

Sie stellt sich auch hinter den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski: „Mancher Ukrainer sagte, dass wir einen Komiker als Präsidenten hätten. Aber in dieser Situation zeigt er sich als echte Führungspersönlichkeit.“ Sie erzählt, dass er schon lange, bevor er Präsident wurde – und somit auch lange vor seinem berühmt gewordenen Selfie-Video aus den ersten Kriegstagen –, die sozialen Netzwerke stark genutzt habe: „Die sozialen Medien sind sein Gewehr. Ein sehr großes Gewehr.“

Festhalten an Tournee-Plänen für April

Zeit und Geduld für Musik habe sie momentan keine, sagt Alyona Alyona. Sie engagiert sich nicht nur online. Ihre Tage verbringt sie im Freiwilligendienst, etwa bei der medizinischen Versorgung. Wenn sie dann Zeit habe, pflegt sie ihren Social-Media-Account: Sie teilt Videos, findet Informationen, macht Menschen miteinander bekannt. Abends sei sie oft sehr müde, lese vielleicht noch Nachrichten.

Ihre Follower fragen sie oft, so Alyona Alyona, ob sie gerade an etwas schreibe. Das tut sie, aber es ist diesmal kein Song, sondern ein Gedicht. Abends habe sie manchmal Zeit, daran zu schreiben. Gezeigt hat sie es bisher niemandem. Auch ist noch unklar, wie sie es präsentieren möchte. Die Zeilen möchte sie jedenfalls, wenn sie dann fertig sind, nicht rappen, sondern vorlesen. Doch auch rappen möchte Alyona Alyona bald wieder: Für April ist eine kleine Europa-Tournee angesetzt, unter anderem hat sie in Deutschland Konzerte geplant. Sie hoffe, dass, wenn der Krieg hoffentlich bald vorbei sei, auch die Tour stattfinden könne, denn sie „möchte wirklich gerne Danke sagen“.