Russische Armee nimmt ukrainische Zivilisten ins Visier

Die russische Armee hat in der Ukraine offenbar gezielt Zivilisten ins Visier genommen. Nahe Mariupol wurden bei einem Raketenangriff auf einen Flüchtlingskonvoi nach ukrainischen Angaben mehrere Menschen getötet. Zudem wurde in Mariupol ein Theater bombardiert, in dem laut Behörden „Hunderte“ Zivilisten Schutz gesucht hatten. Moskau dementierte das: Russische Soldaten hätten gestern keinerlei Luftangriffe gegen Bodenziele in Mariupol ausgeführt.

Mariupol ist seit Wochen von russischen Truppen eingeschlossen und wird von mehreren Seiten aus beschossen. Hunderttausende Menschen sollen unter katastrophalen Bedingungen in der Stadt am Asowschen Meer eingeschlossen sein.

UNO-Gericht: Russland muss Krieg stoppen

Der Internationale Gerichtshof (IGH) ordnete indessen an, dass Russland sofort die militärische Gewalt in der Ukraine beenden muss. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen gab in Den Haag einer Klage der Ukraine gegen Russland statt. Russland selbst blieb der Verlesung der Entscheidung im Friedenspalast fern. Die Gewalt müsse sofort enden, sagte die Präsidentin des Gerichtes, Joan Donoghue. Dieser Einsatz führe zu unzähligen Toten und Verletzten.

Die Entscheidung des Gerichtshofes ist das erste Urteil eines internationalen Gerichts nach der Invasion Russlands vor knapp drei Wochen. Die Ukraine hatte das Dringlichkeitsverfahren angestrengt und Sofortmaßnahmen gegen Russland gefordert. Der Klage gab das Gericht nun statt.

Das Urteil ist zwar bindend. Doch Experten bezweifeln, dass Moskau sich an eine Anordnung halten wird. Auch die Anhörung am 7. März hatte Russland bereits boykottiert. Das Gericht besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, ein Urteil umzusetzen. Das Urteil kann aber internationale Signalwirkung haben und den Druck auf Moskau erhöhen.

Reden von Selenski und Putin

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski forderte in einem dringlichen Appell vor beiden Kammern des US-Kongresses zudem mehr Unterstützung der westlichen Verbündeten. Es müsse jede Woche neue Sanktionen gegen Russland geben, während die Ukraine dringend mehr Waffen und eine Flugverbotszone brauche, sagte er per Videoschaltung aus Kiew vor US-Senatoren und Abgeordneten des Repräsentantenhauses in Washington. „Jetzt, in der dunkelsten Stunde für unser Land und für ganz Europa, fordere ich Sie auf, mehr zu tun.“

Der russische Präsident Wladimir Putin wiederum stimmte seine Bevölkerung auf erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen der Sanktionen ein und übte diesbezüglich scharfe Kritik an den westlichen Staaten. Diese würden einen „wirtschaftlichen Blitzkrieg“ gegen Russland führen, sagte Putin am Mittwoch in einer Rede. Dieser Krieg werde aber nicht erfolgreich sein, so Putin, der zugleich beteuerte, dass die Ukraine-Krieg „nach Plan“ verlaufe.

US-Präsident Joe Biden bezeichnete Putin wenig später als „Kriegsverbrecher“ und empörte damit die Regierung in Moskau. „Wir halten eine solche Rhetorik für inakzeptabel und unverzeihlich vonseiten eines Staatschefs, dessen Bomben Hunderttausende Menschen auf der ganzen Welt getötet haben“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut den staatlichen Nachrichtenagenturen TASS und Ria Novosti.