Menschen vor leeren Regalen in St Petersburg
AP
„Zuckerpanik“

Leere Regale in Teilen Russlands

Zahllose westliche Unternehmen haben sich aus Russland zurückgezogen und auch ihre Waren mitgenommen. Das merkt die russische Bevölkerung, die vielerorts leere Supermarktregale vorfindet. Rationierungen tun ein Übriges. Schon ist von einer „Zuckerpanik“ die Rede.

Die örtlichen Geschäfte und Supermärkte hätten große Schwierigkeiten, ihre Regale aufzufüllen, berichtete etwa am Montag die BBC. Die größte Sorge der russischen Bevölkerung sei die Lebensmittelknappheit in vielen lokalen Geschäften, die Supermärkte hätten bereits Rationierungen verhängt, um Panikkäufe zu verhindern.

So seien in vielen Teilen des Landes Grenzwerte von zwei Kilogramm pro Kundin und Kunde eingeführt worden. Das betreffe Mehl, Reis, Buchweizen, Salz und Nudeln sowie Zucker. Auch Pflanzenöl und Babynahrung seien nun nicht mehr grenzenlos zu kaufen. Die St. Petersburger Supermarktkette Wkuster teilte der Wirtschaftszeitung „Kommersant“ mit, dass sie ebenfalls den Zuckerverkauf auf zwei Kilo und Person beschränke. „Wenn ein Kunde einen ganzen Korb mit Zuckersäcken füllt, sehen ihn andere an und denken auch über Vorratshaltung nach“, sagte Wkuster-Direktor Sergej Plis.

Preise um 13 Prozent gestiegen

Hinzu kommen bei jenen Waren, die noch verfügbar sind, steigende Preise. Vergangene Woche meldete der russische Statistikdienst Rosstat, dass die Zuckerpreise um fast 13 Prozent gestiegen seien. In vielen Orten kam es zu Hamsterkäufen, in sozialen Netzwerken verbreiteten sich Videoaufnahmen davon, wie einander Pensionisten in Supermärkten anrempeln, um noch Zucker zu ergattern.

„Meine Schwiegermutter war gestern im Geschäft, und es gab überhaupt keinen Zucker mehr, und auch in anderen Geschäften konnte sie ihn nicht finden“, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters einen Bewohner der Stadt Wladimir: „Die Menschen sind besorgt.“

„Erwarten wirklich keine Engpässe“

Die russische Führung verneint Engpässe. „Wir decken unseren Bedarf an Zucker und Buchweizen vollständig“, so die stellvertretende Ministerpräsidentin Viktoria Abramtschenko. „Es besteht kein Grund zur Panik, es besteht keine Notwendigkeit, diese Waren zu horten. Es ist genug für alle da“, so Abramtschenko am Montag laut Nachrichtenagentur Interfax.

Russland erweitere die Importe aus „befreundeten Ländern“, um die Bestände an Milchprodukten, Obst und Gemüse, Fleisch und Tierfutter zu gewährleisten.

Der stellvertretende Handelsminister Viktor Ewtuchow bestand ebenfalls darauf, dass es kein Problem gebe: „Angesichts der Entscheidung, die Ausfuhren zu verbieten und freie Importe dieses Produkts zuzulassen, erwarten wir wirklich keine Engpässe bei dieser Ware, die von der Bevölkerung heute sehr stark nachgefragt wird.“ Russland produziere schließlich selbst Zucker und habe Exporte verboten.

Russland untersagte den Zuckerexport bis zum 31. August. Zugleich legte die Regierung ein zollfreies Kontingent für die Einfuhr von 300.000 Tonnen Zucker und Rohzucker fest. Damit soll die drohende Lebensmittelinflation gelindert werden. Zudem soll noch in diesem Jahr die Anbaufläche für Zuckerrüben um 1,1 Millionen Hektar erhöht werden, wie das Landwirtschaftsministerium bekanntgab.

Kontrollen bei Produzenten und Händlern

Um die Hamsterkäufe zu unterbinden, trat zudem die russische Wettbewerbsbehörde auf den Plan. Diese kündigte vergangene Woche Kontrollen bei Produzenten, Einzel- und Zwischenhändlern an. „Die Tatsache, dass in mehreren Regionen kein Zucker in den Regalen zu finden ist, ist auf eine überstürzte Nachfrage zurückzuführen, die von unehrlichen Organisationen angeheizt wird“, so die Anti-Monopol-Organisation FAS.

Abhilfe für den Zuckermangel sollen nicht nur Einfuhren aus „befreundeten Ländern“ bringen, sondern auch aus Brasilien. Schiffe mit der begehrten Ware sollen schon unterwegs sein. Brasilien wiederum ist von Russland wegen seiner Düngerexporte abhängig, um Soja, Mais und Zuckerrohr zu produzieren.