NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg
AP/Thibault Camus
Ukraine-Krieg

NATO warnt Moskau vor C-Waffen-Einsatz

Die NATO warnt Russland vor weitreichenden Konsequenzen, sollte das Land in der Ukraine chemische oder biologische Waffen einsetzen. Das geht aus der Erklärung nach dem NATO-Sondergipfel in Brüssel vom Donnerstag hervor. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, durch einen Einsatz von Chemie- oder Biowaffen könnte auch die Bevölkerung in NATO-Staaten in Mitleidenschaft gezogen werden. Auch die G-7-Länder schlugen Russland gegenüber scharfe Töne an. Am Abend findet zudem ein EU-Gipfel zum Ukraine-Krieg statt.

„Jegliche Verwendung chemischer oder biologischer Waffen durch Russland wäre inakzeptabel und würde schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen“, hieß es in der Abschlusserklärung des NATO-Sondergipfels. Ähnlich hatte sich zuvor bereits US-Präsident Joe Biden geäußert. Stoltenberg zeigte sich besorgt, dass Russland der Ukraine vorwerfe, chemische oder biologische Waffen einzusetzen. Damit wolle Moskau „einen Vorwand schaffen, um sie selber zu nutzen“.

Stoltenberg forderte zudem China auf, Russland nicht militärisch oder ökonomisch zu unterstützen. Die NATO entschied zudem, ihre Truppen an der Ostflanke massiv aufzustocken. Die 30 Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedsländer entschieden, vier zusätzliche Battlegroups in der Slowakei, Ungarn, Bulgarien und Rumänien zu stationieren und damit die Kampftruppen des Bündnisses im Osten zu verdoppeln. Der NATO-Generalsekretär bekräftigte, dass die NATO „weder Soldaten noch Flugzeuge“ in die Ukraine schicken werde.

Gruppenfoto der Teilnehmer des NATO-Gipfels
AP/Michael Kappeler
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der japanische Premierminister Fumio Kishida, der kanadische Premierminister Justin Trudeau, US-Präsident Joe Biden, der deutsche Kanzler Olaf Scholz, der britische Premierminister Boris Johnson, der französische Präsident Emmanuel Macron, der italienische Ministerpräsident Mario Draghi und EU-Ratspräsident Charles Michel

„Werden nicht Kriegspartei“

„Es gibt eine Grenze, die darin besteht, nicht Kriegspartei zu werden“, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag nach dem Sondergipfel. Diese Grenze werde von allen Alliierten geteilt, und deswegen liefere bisher niemand Panzer und Flugzeuge. Zur Verfügung gestellt würden dagegen weiter Boden-Luft-Raketen und Panzerabwehrwaffen.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte der Ukraine keine Hoffnungen auf die Lieferung schwerer Waffen. Er sagte bei einer Pressekonferenz lediglich, dass jeden Tag neu geprüft werde, welche Entscheidungen man diesbezüglich treffen wolle.

Biden: NATO stark und geeint

Biden sieht die NATO nach Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine als „stark und geeint“. Man habe das „Privileg“ gehabt, mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski zu sprechen, und ihm weitere Unterstützung zugesichert, teilte Biden nach dem NATO-Sondergipfel mit. Selenski war bei dem Spitzentreffen per Video zugeschaltet.

Biden zufolge will das Bündnis nun bis zum NATO-Gipfel in Madrid im Juni Pläne zur Stärkung des Bündnisses ausarbeiten. Man wolle so sicherstellen, dass die NATO „auf jede Herausforderung in dem neuen und gefährlicheren Sicherheitsumfeld vorbereitet ist“. Bei dem Sondergipfel hätten die Staats- und Regierungschefs sich entschlossen gezeigt, „Russland für seinen brutalen Krieg zur Rechenschaft zu ziehen“.

 US-Präsident Joe Biden und  NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg
APA/AFP/Brendan Smialowski
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und US-Präsident Joe Biden auf dem Weg in den Konferenzraum

Selenski fordert mehr Militärgerät

Die Ukraine forderte bei der NATO mindestens 200 Panzer an. „Sie haben mehr als 20.000 Panzer. Die Ukraine hat um ein Prozent gebeten“, sagte Selenski am Donnerstag bei der Videoschaltung. Kiew würde sie auch kaufen. „Wir haben bisher keine klare Antwort“, so Selenski. Ähnlich sehe es bei den angeforderten Flugzeugen und Abwehrsystemen für Raketen aus.

Brüssel würde keine deutlichen Antworten geben. „Ich bitte darum, Ihre Einschätzung zu ändern und an die Sicherheit in Europa und in der Welt zu denken“, appellierte Selenski an die Mitglieder der westlichen Militärallianz. Die NATO solle Kiew ein Prozent ihrer Panzer und Flugzeuge überlassen.

Krisengipfel in Brüssel

Brüssel ist am Donnerstag Schauplatz eines Gipfelreigens zum Ukraine-Krieg. Nach der NATO haben auch die G-7-Staaten und die EU ihr weiteres Vorgehen gegen Russland besprochen.

Zugleich solle Brüssel aufhören, von der Ukraine für einen Beitritt NATO-Standards zu verlangen. „Wir haben gezeigt, wozu unsere Standards in der Lage sind“, so der Staatschef. Kiew sei in der Lage, zur allgemeinen Sicherheit in Europa beizutragen. Die Ukraine hatte vor Kriegsbeginn vor vier Wochen internationalen Experten zufolge mehr als 900 Panzer und über 1.200 Schützenpanzerwagen. Moskau will davon bereits mehr als 1.500 zerstört haben. Kiew machte bisher keine Angaben zu eigenen Verlusten an Militärgerät.

Überblicksaufnahme vom NATO-Gipfel
APA/AFP/Thomas Coex
Ein Blick in den NATO-Konferenzraum

Scholz: Drei Gipfel „zeigen Ernst der Lage“

Die westlichen Staaten wollten am Donnerstag mit einer Serie von Gipfeln von NATO, G-7 und EU ihre harte Haltung gegenüber Russland unterstreichen. Auch US-Präsident Biden flog dafür nach Brüssel. Die drei Gipfel am Donnerstag zeigten den Ernst der Lage wegen des „schrecklichen Angriffskrieges“ Russlands, twitterte der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD). „Es zeigt aber auch unsere große Einigkeit und Entschlossenheit.“

Biden für Ausschluss Russlands aus G-20

Nach dem NATO-Gipfel kam die Gruppe der sieben wichtigsten westlichen Industrieländer (G-7) zusammen. Auch Deutschland, USA, Frankreich, Italien, Kanada, Großbritannien und Japan warnten Russland vor dem Einsatz chemischer, biologischer oder nuklearer Waffen.

Die G-7 rief die Öl und Gas produzierenden Länder auf, verantwortlich zu handeln und die Versorgung der internationalen Märkte zu erhöhen. Die Organisation erdölexportierender Länder sei hier in der Pflicht. Internationale Organisationen und multilaterale Foren dürften die Zusammenarbeit mit Russland nicht nach dem Motto „business as usual“ fortsetzen, heißt es in der Erklärung des G-7-Gipfels.

Biden forderte zudem den Ausschluss Russlands aus der G-20-Gruppe. Die Entscheidung hänge aber vom aktuellen G-20-Präsidentenland Indonesien und den übrigen Mitgliedern ab. Nach dem G-7-Treffen begann der EU-Gipfel der 27 Staats- und Regierungschefs.