Sitzung des Verfassungsgerichtshofes
ORF.at/Roland Winkler
November 2021

Lockdown für Ungeimpfte laut VfGH rechtens

Der erste Lockdown für Ungeimpfte von 15. bis 21. November 2021 samt den begleitenden 2-G-Regeln war gesetzes- und verfassungskonform. Er war sachlich gerechtfertigt und verstieß nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, stellte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nun in seiner März-Session fest. Auch die Regelung für die Nachtgastronomie von Sommer 2021 hielt vor dem VfGH. Eine weitere Beratung im April wird es über den zweiten, längeren Lockdown für Ungeimpfte im Winter geben.

Keinen Grund zur Beanstandung fand der VfGH bei der 5. Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung vom November 2021. Über diese Anordnung des ersten, einwöchigen Lockdowns für Ungeimpfte gab es auch eine öffentliche mündliche Verhandlung. Die Regierung hatte sich damals zur Verhängung der bundesweiten Maßnahme entschieden, nachdem Salzburg und Oberösterreich mit der Maßnahme vorgeprescht waren. Am 19. November hatte die Bundesregierung dann wieder einen allgemeinen Lockdown für alle verkündet.

Vor den VfGH gebracht hatte den Lockdown für Ungeimpfte im November eine Wienerin. Sie war der Meinung, dass die Ausgangsbeschränkung für Ungeimpfte samt 2-G-Erfordernis für den Zutritt zu Geschäften und Gastronomie sachlich nicht gerechtfertigt war – könnten sich doch auch gemäß Empfehlungen vollständig Geimpfte infizieren und andere anstecken. Sie sah den Gleichheitsgrundsatz dadurch verletzt, dass ein Test allein nicht für den Zutritt reichte.

Verweis auf Ansteckungsrisiko und Gesundheitssystem

Das traf nicht zu, stellte das Höchstgericht fest: Der Gesundheitsminister – damals Wolfgang Mückstein (Grüne) – habe bei der im Herbst vorherrschenden Delta-Variante „vertretbarerweise annehmen“ können, dass Ungeimpfte ein deutlich erhöhtes Ansteckungs- und Übertragungsrisiko sowie ein deutlich größeres Risiko einer schweren Erkrankung haben.

Somit war ein Lockdown für Ungeimpfte geeignet, die Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Die Ausgangsregelung war für den VfGH „in einer Gesamtbetrachtung“ auch deshalb zulässig, weil mit Blick auf das Grundrecht auf Privat- und Familienleben zahlreiche Ausnahmen vorgesehen waren.

Die Unterscheidung zwischen Geimpften und Genesenen einerseits und Personen ohne 2-G-Nachweis – also etwa Getestete – andererseits habe auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Laut Covid-19-Maßnahmengesetz müsse eine solche Ungleichbehandlung auf wissenschaftlich vertretbaren Annahmen beruhen, dass wesentliche Unterschiede in Bezug auf die Weiterverbreitung bestehen. „Dies war im Fall der 5. Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung nachvollziehbar gegeben“, stellten die Verfassungsrichterinnen und -richter fest.

Auch 2-G-Regel für Nachtgastro hält

Keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz konnten die Verfassungshüter auch bei der Nachtgastronomieregelung erkennen, die von 22. Juli bis 15. September 2021 in Geltung war. Gaststätten, „in denen mit einer vermehrten Durchmischung und Interaktion der Kunden zu rechnen ist“, also Diskotheken, Clubs und Tanzlokale, durften da nur von Geimpften und PCR-Getesteten betreten werden, aber nicht von Genesenen ohne Test.

Der Antrag dazu wurde abgewiesen und dem Gesundheitsminister attestiert, er habe „nachvollziehbar dargelegt“, dass diese Maßnahme erforderlich war – wegen der epidemiologisch besonders ungünstigen Verhältnisse in der Nachtgastro und der damals unsicheren Studienlage über das Übertragungsrisiko Genesener. Gerechtfertigt war es laut VfGH auch, dass – wegen der unterschiedlichen Genauigkeit – zwischen Antigen-Test und PCR-Test unterschieden wurde.

FPÖ empört

Die FPÖ zeigte sich empört über die Entscheidung des Höchstgerichts. „Für mich handelt es sich hier um mutmaßlich parteipolitisch motivierte Gefälligkeitsentscheidungen, um die Regierung vor den Folgen ihrer maßlosen, übergriffigen und grundrechtsfeindlichen Corona-Politik zu schützen“, so FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst. Sie kritisierte vor allem das Erkenntnis zum Lockdown für Ungeimpfte.