Der vom Dienst suspendierte Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Johann Fuchs
ORF.at/Lukas Krummholz
Anklage gegen OStA-Chef

Strafantrag gegen Fuchs eingebracht

Der vom Dienst suspendierte Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Johann Fuchs, wird sich wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss vor Gericht verantworten müssen. Ein entsprechender Strafantrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck – hier laufen ja die Ermittlungen – wurde beim Wiener Landesgericht für Strafsachen eingebracht.

Das bestätigte Gerichtssprecherin Christina Salzborn am Donnerstag. Wann und wo die Verhandlung stattfinden wird, ist noch unklar. Wie Salzborn mitteilte, hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck aus möglichen Befangenheitsgründen die Delegierung an einen Gerichtssprengel außerhalb des Oberlandesgerichts (OLG) Wien beantragt.

Sollte dem stattgegeben werden, würde nicht in Wien, Niederösterreich oder dem Burgenland verhandelt werden. Für Beamte, die ein ausschließlich kraft ihres Amtes zugänglich gewordenes Geheimnis offenbaren, sieht das Strafgesetzbuch bis zu drei Jahre Haft vor. Für Fuchs gilt die Unschuldsvermutung.

Info an Pilnacek weitergegeben?

Der APA vorliegenden Informationen zufolge wird Fuchs im Strafantrag vorgeworfen, dem einst mächtigen, mittlerweile ebenfalls vom Dienst suspendierten Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, im Dezember 2020 verraten zu haben, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Anzeige gegen eine „Presse“-Redakteurin vorbereite.

Christian Pilnacek
ORF.at/Roland Winkler
Wurde Pilnacek von Fuchs mit Informationen versorgt?

Mehrere WKStA-Vertreter hatten sich von einem Artikel der Journalistin angegriffen gefühlt – deren tatsächlich bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebrachte Anzeige wurde allerdings dort mangels eines begründeten Anfangsverdachts zurückgelegt.

Die Fuchs vorgeworfene Falschaussage ist Folge seines Ladungstermins im „Ibiza“-U-Ausschuss, wo er am 10. März 2021 gefragt wurde, ob er Aktenteile weitergegeben habe. Darauf erwiderte Fuchs unter Wahrheitspflicht sinngemäß, er könne sich daran nicht erinnern und das daher weder bestätigen noch ausschließen.

Einstweilig suspendiert

Am Mittwoch war Fuchs mit sofortiger Wirkung einstweilig suspendiert worden, wie die Medienstelle des Justizministeriums mitteilte. „Grund für die Maßnahmen war, dass angesichts der Anklageerhebung die Suspendierung mit Rücksicht auf die Natur oder Schwere der zur Last gelegten Pflichtverletzung im dienstlichen Interesse bzw. zur Wahrung des Standesansehens erforderlich erschien“, begründete das Ministerium den Schritt. Die Suspendierung wurde dem Obersten Gerichtshof (OGH) als zuständigem Disziplinargericht zur Kenntnis gebracht – dieser muss nun darüber entscheiden.

Thema in vertraulicher Sitzung mit Zadic

Bei der Befragung von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) im laufenden ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss am Mittwoch war der Status in der disziplinarrechtlichen Untersuchung gegen Fuchs seitens der SPÖ noch erfragt worden. Ein Vorhabensbericht zur Causa sei im Ministerium gelegen, mehr könne sie medienöffentlich nicht sagen, gab Zadic während ihrer Befragung an. Dem medienöffentlichen Befragungsteil folgte dann eine vertrauliche Sitzung in einem abhörsicheren Raum, wo der Ermittlungsstand in der Causa das Thema war – und in weiterer Folge nach außen drang.

Justizminsterin Alma Zadic beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am 30.03.2022
ORF.at/Peter Pfeiffer
Zadic im medienöffentlichen Teil der Befragung

Zu Datenlöschung recherchiert?

Fuchs war zuletzt verstärkt unter Druck geraten, nachdem weitere Chats zwischen ihm und Pilnacek an die Öffentlichkeit gelangt waren. Die beiden hatten sich über die Observation eines WKStA-Mitarbeiters im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht unterhalten. Kurz vor der Sicherstellung seines Mobiltelefons im März 2021 soll Fuchs im Internet intensiv nach Informationen über Datenlöschung und -wiederherstellung, verschlüsselte Kommunikation und Wertkartenhandys gesucht haben. Nach der Beschlagnahmung seines Handys waren Fuchs im Vorjahr Kompetenzen entzogen worden. Er war seitdem für sämtliche die WKStA betreffenden Angelegenheiten nicht mehr zuständig.