Zwei Jugendliche in einem Zimmer
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Schwierige Zeiten

Was den Jungen derzeit Sorgen macht

Klimakrise, Wirtschaftskrise, Flüchtlingskrise, Pandemie und jetzt auch noch Krieg: Österreichs 16- bis 25-Jährige werden in schwierigen Zeiten erwachsen. Entsprechend düster fällt deren Blick in die Zukunft aus. Bei Themen wie Klima, Bildung, Energiewende und Migration herrscht Pessimismus. Die Politikverdrossenheit ist groß – und es kommt zu einer Rückbesinnung auf traditionelle Werte.

Das zeigt eine am Dienstag von ORF und Ö3 präsentierte Umfrage, die vom Sozialforschungsinstitut SORA wissenschaftlich begleitet wurde. „Der Krieg in Europa, aber auch in anderen Ländern der Welt ist aktuell die größte Sorge dieser Generation“, sagte Martina Zandonella von SORA. 88 Prozent der von 10. März bis 3. April befragten 24.000 jungen Menschen in Österreich zeigten sich diesbezüglich besorgt.

Als zweite große Sorge kristallisierte sich die Klimakrise heraus – 69 Prozent der Befragten äußerten hierzu Sorgen. Die aufgehende Schere zwischen Arm und Reich macht 62 Prozent der 16- bis 25-Jährigen Sorgen. Dahinter folgen Pandemie, Wirtschaftskrise und Terrorismus, wie aus der breiten Umfrage hervorgeht. Auch der schwierige Wohnungsmarkt bereitet 46 Prozent dieser Altersklasse Kopfzerbrechen.

Grafik zeigt Daten zur Umfrage „Die Sorgen der Jungen“
Grafik: ORF.at; Quelle: SORA

Generell sei festzustellen, dass „deutliche Mehrheiten der Meinung sind, dass wir bei den meisten großen Zukunftsthemen schlecht unterwegs sind“, so SORA-Expertin Zandonella – das betreffe etwa auch die Themen Bildung, Energiewende und Migration. Dass etwa bei Schule, Lehre und Ausbildung an der Universität „während Corona viel schiefgelaufen“ ist, sagten 68 Prozent.

„Junge warten auf Angebot der Politik“

Aus den Zahlen deutlich ablesbar sei zudem die Politikverdrossenheit der jungen Menschen, hieß es. Lediglich sechs Prozent fühlen sich laut Umfrage von der Politik gut vertreten, 87 Prozent vertrauen der Politik gar nicht oder wenig. Doch Sozialpsychologin Zandonella sieht die Möglichkeit, die Jungen zurückzugewinnen: „Die jungen Leute sind da, sie warten aber auf ein Angebot von der Politik“ – und das sei derzeit eben nicht zufriedenstellend vorhanden.

Grafik zeigt Daten zur Umfrage „Die Sorgen der Jungen“
Grafik: ORF.at; Quelle: SORA

Kaum besser steht es mit dem Vertrauen in die Medienwelt: Zwei von drei jungen Menschen glauben Medien gar nicht oder nur wenig. Bewusst ist den 16- bis 25-Jährigen aber offensichtlich auch der Stellenwert sozialer Netzwerke bei der Aufbereitung von Informationen. Mehr als die Hälfte der Befragten sieht Facebook und Co. lediglich als Unterhaltungs-, aber nicht als Informationsquelle.

Fokus auf internationale Vernetzung

Durch die regelmäßige Internetnutzung sei die junge Generation mit einem Blick „über den Tellerrand“ ausgestattet: 81 Prozent gaben in der Umfrage an, es sei wichtig, sich international zu vernetzen, denn „wir können die großen Probleme nur gemeinsam lösen“. Demnach seien auch geografisch weiter entfernte Kriege – etwa jener in Syrien – unser aller Problem, meinten immerhin 80 Prozent der Befragten.

Gleichzeitig gab nur fast jeder fünfte Befragte an, den Bedarf einer EU-Armee zu sehen – Konflikte sollten laut der abgefragten Altersklasse besser friedlich gelöst werden. Dementsprechend würden bei einem Angriff auf Österreich laut Umfrage auch ganze 58 Prozent das Land „auf keinen Fall“ verteidigen wollen. Bei wichtigen politischen und gesellschaftlichen Fragen sei Österreich zudem gespalten, empfinden drei Viertel der Befragten.

Grafik zeigt Daten zur Umfrage „Die Sorgen der Jungen“
Grafik: ORF.at; Quelle: SORA

Dass die Gesellschaft in Österreich von Gleichberechtigung noch weit entfernt ist, denken knapp sechs von zehn Befragten. Bei den diesbezüglichen Ansichten von jungen Frauen und jungen Männern tun sich Unterschiede auf: Während diesem Umstand nur knapp die Hälfte der männlichen Befragten zustimmt, sind es bei den jungen Frauen fast 80 Prozent. Darüber hinaus sind fast 90 Prozent der Befragten der Ansicht, dass die Zeit von Rollenklischees vorbei sei.

Konservative Züge im Privaten

Konservativ zeigten sich die Befragten in Bezug auf ihr Privatleben: Ihnen sind Treue, die Freunde und Familie zu treffen wichtig. Für mehr als zwei Drittel ist eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft einzugehen ein erstrebenswertes Ziel. Ebenso viele sehen Kinderkriegen als „Teil eines gelungenen Lebens“. Für drei Viertel ist zudem Sex mit mehreren Partnern oder einer unbekannten Person undenkbar, 66 Prozent lehnen auch One-Night-Stands ab. 62 Prozent wollen am Land bleiben.

„Verlorene Generation“?

Insgesamt habe sich die Zukunftsperspektive aus der Sicht der jungen Menschen verschlechtert, sagte SORA-Expertin Zandonella. Hatten in der Umfrage im Vorjahr noch zwei Drittel darauf beharrt, „keine verlorene Generation zu sein“, sind heuer 54 Prozent vom Gegenteil überzeugt.

„Die jungen Menschen haben Sorge, wegen der Krisen viel versäumt zu haben, und sie haben Angst, dass sie die Folgen der Pandemie alleine abarbeiten werden müssen“, so Zandonella. Deshalb sei auch der Wunsch nach Solidarität (91 Prozent) sehr hoch, ebenso wie die Hoffnung, dass „Alt und Jung gemeinsam an einer besseren Welt arbeiten werden“.