Der französische Präsident Emmanuel Macron
Reuters/Benoit Tessier
Frankreich

Macron nach erstem Wahlgang klar voran

In Frankreich wird es erneut ein Duell zwischen dem liberalen Präsidenten Emmanuel Macron und der Rechtspopulistin Marine Le Pen um das höchste Staatsamt geben. Wie die Sender France 2 und TF1 am Sonntagabend nach Schließung der Wahllokale berichteten, stehen sich der amtierende Staatschef und seine Konkurrentin vom Rassemblement National (RN) am 24. April in der Stichwahl gegenüber. Macron schnitt unerwartet stark ab.

Nach Angaben des französischen Innenministeriums von Montagfrüh waren 97 Prozent der Stimmen ausgezählt. Macron lag mit 27,6 Prozent in Führung, Le Pen kam auf 23,41 Prozent. Beide verbesserten ihre Ergebnisse von 2017 damit merklich. Knapp dahinter verpasste der Linkspolitiker Jean-Luc Melenchon die Stichwahl – er landete mit 21,95 Prozent auf dem dritten Platz.

Auch wenn viele Französinnen und Franzosen unzufrieden mit Macrons erster Amtszeit waren und er im Wahlkampf nicht begeisterte, profitierte der 44-Jährige von der Schwäche anderer Kandidatinnen und Kandidaten und Wünschen nach Stabilität angesichts des Ukraine-Krieges.

Der französische Präsident Emmanuel Macron
APA/AFP/Thibault Camus
Amtsinhaber Macron gewann die erste Runde der Präsidentschaftswahl

Die Rechtspopulistin Le Pen versuchte dagegen, mit gemäßigteren Tönen als früher zu punkten und inszenierte sich zugleich als Anwältin derjenigen, die unter der Inflation und steigenden Preisen für Strom, Sprit und Lebensmittel leiden. Die anderen Kandidaten spielten im Wahlkampf eine deutlich geringere Rolle.

Niederlage für Konservative und Sozialisten

Die Wahl bedeutete eine krachende Niederlage für die einstigen Volksparteien in Frankreich, die Sozialisten und die Konservativen. Die bürgerlich-konservativen Republikaner (LR) mit Kandidatin Valerie Pecresse kamen auf nur rund fünf Prozent der Stimmen. Die Sozialisten (PS), die von 2012 bis 2017 mit Francois Hollande noch den Präsidenten gestellt hatten, stürzten mit ihrer Kandidatin, der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, auf rund zwei Prozent ab.

Bericht zur Wahl aus Paris

ORF-Korrespondentin Cornelia Primosch berichtet aus Paris über die Ergebnisse des ersten Durchgangs der Präsidentenwahl in Frankreich, wonach Emmanuel Macron und Marine Le Pen in die Stichwahl gehen werden.

Unmittelbar nach Wahlschluss gaben die Kandidatinnen und Kandidaten von Republikanern, Sozialisten, Grünen (Yannick Jadot) und Kommunisten (Fabien Roussel) eine Wahlempfehlung für Macron ab. Sollte die Rechtspopulistin Le Pen an die Macht kommen, drohten „desaströse Folgen für das Land und für folgende Generationen“, sagte Pecresse am Sonntagabend in Paris.

Marine Le Pen (Rassemblement national)
APA/AFP/Jean-Christophe Verhaegen
Le Pen zog – wie vor fünf Jahren – in die Stichwahl ein

Melenchon sprach sich zwar nicht direkt für Macron aus, forderte aber dezidiert dazu auf, nicht für Le Pen zu stimmen: „Ihr dürft Frau Le Pen eure Stimme nicht geben“, betonte er am Sonntagabend. Das Lager des Rechtsextremen Eric Zemmour – er kam auf 7 Prozent – sprach sich hingegen für Le Pen aus. „Emmanuel Macron ist der Hauptgegner. Er ist der Präsident der massiven Einwanderung, der Präsident der Unsicherheit, der Präsident der Deindustrialisierung“, sagte seine Unterstützerin Marion Marechal. Sie ist die Nichte Le Pens und frühere Politikerin des RN-Vorgängers Front National.

Macron auf Stimmensuche im linken Lager

Macron wird sich nach Angaben von Vertrauten bis zur Stichwahl nun darauf konzentrieren, zusätzliche Wählerinnen und Wähler aus dem linken Lager auf seine Seite zu ziehen. Die Bildung einer Koalition mit anderen Parteien stehe aber nicht zur Debatte, sagte Finanzminister Bruno Le Maire am Montag. „Ich glaube, wir haben kein Interesse an einer puzzleartigen Mehrheit, die aus kleinen Teilen besteht, die wir ständig neu ordnen müssen.“

Macron werde den Fokus unter anderem auf Kernthemen der politischen Linken legen, etwa den Kampf gegen die Klimakrise und die Stärkung der Europäischen Union. Geplant sind zum Auftakt Auftritte in Arbeiterhochburgen im industriell geprägten Norden Frankreichs, wo Le Pen am besten abschnitt.

Stichwahl am 24. April

Macron und Le Pen treten nun am 24. April gegeneinander an – eine Wiederauflage des Stichwahlduells von 2017, in dem Le Pen Macron letztlich klar unterlag. Umfragen sagten für dieses Mal aber einen deutlich knapperen Ausgang vorher. Immer wieder gewann in der Stichwahl der französischen Präsidentschaftswahl auch der Kandidat, der in der ersten Runde auf Platz zwei gelandet war.

Ein Sieg der 53-jährigen Le Pen wäre für Europa ein Schock. In der Europäischen Union könnte Frankreich unter ihr vom Treiber zum Bremser werden, ganz anders als unter dem proeuropäisch engagierten Macron. In der eskalierenden Krise zwischen dem Westen und Russland befürchten Europa und die USA mit ihr ein Bröckeln der festen Pro-Ukraine-Front.

Le Pen tritt bereits zum dritten Mal an. Die langjährige Politikerin, die ihren Vater in der Parteiführung des Rassemblement National beerbte, setzt sich unter anderem dafür ein, Einwanderung und Sozialleistungen für Ausländerinnen und Ausländer einzuschränken. Macron, der im Wahlkampf auf wirtschaftlichen Fortschritt setzte, hatte 2017 mit seiner Bewegung La Republique en Marche den Einzug in den Elysee-Palast geschafft. Bevor er Präsident wurde, arbeitete er als Investmentbanker, beriet den sozialistischen Präsidenten Hollande und war unter diesem von 2014 bis 2016 Wirtschaftsminister.