Kinder im Kindergarten
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Bedingungen in Kindergärten

Länder fordern Ende von Kopftuchverbot

Mehrfach ist Kindergartenpersonal in den vergangenen Monaten für bessere Rahmenbedingungen auf die Straße gegangen – mit Forderungen nach mehr Bezahlung und besserem Betreuungsschlüssel. Wie sich diese Bedingungen weiterentwickeln, wird derzeit zwischen Bund und Ländern ausgehandelt. Dabei knirscht es nicht nur bei der Frage einheitlicher Qualitätsstandards. Uneinigkeit dürfte auch bei der Fortführung des weiterhin geltenden Kopftuchverbots für Kinder in Kindergärten herrschen.

Als Schutzmaßnahme gegen religiöse Indoktrinierung, Sexualisierung und Stigmatisierung hatte die ÖVP-FPÖ-Regierung 2018 das Kopftuchverbot in Kindergärten beschlossen, wenige Monate später auch das an Volksschulen. Dieses wurde Ende 2020 vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehoben, nicht aber das in Kindergärten. Der VfGH argumentierte, dass es dem Gebot der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates widerspricht, da es ausschließlich auf Muslime abzielt.

Im Zuge der Gespräche zur 15a-Bund-Länder-Vereinbarung fordern nun die Länder, die ja für die Kindergärten zuständig sind, auch für diese die Aufhebung des Kopftuchverbots. ÖVP-geführte Länder wie Salzburg und Tirol haben dieses bereits aus den Landesgesetzen gestrichen bzw. planen das in naher Zukunft. Eine Rolle in der Praxis spielte das Verbot ohnehin nicht.

ÖVP-Verhandler halten an Verbot fest

Die Verhandler auf Bundesseite – darunter die ÖVP-geführten Ministerien zu Finanzen, Familie und Bildung sowie das Bundeskanzleramt – halten allerdings am Kopftuchverbot fest, berichtete die APA. Eine offizielle Stellungnahme von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) gab es gegenüber der APA nicht. Es werde nun versucht auf Ebene der Landesbildungsreferenten eine Lösung zu finden, hieß es aus Verhandlerkreisen gegenüber der APA.

Demonstration von Kindergarten-Pädagoginnen und -Padagogen in Wien
APA/Helmut Fohringer
Bei mehreren Protestaktionen in den vergangenen Wochen forderten Beschäftigte in Kindergärten bessere Arbeitsbedingungen

Die Grünen, die in die aktuellen Verhandlungen keinen Einblick haben, bezeichneten hingegen das Festhalten an einem Kopftuchverbot trotz des VfGH-Urteils als „absurd“. Eine Zustimmung der Grünen zu den Verhandlungsergebnissen richte sich nach einer Ausweitung des Angebots und Qualitätsverbesserungen gegen mehr Geld vom Bund.

Widerstand gegen einheitliche Qualitätsmindeststandards

Die bisherige Bund-Länder-Vereinbarung zur Elementarpädagogik läuft im August aus. Grundlage ist, dass sich der Bund an den Kosten unter der Voraussetzung beteiligt, dass bestimmte Ziele erfüllt wurden. Zuletzt wurden etwa die Mittel für das Pflichtkindergartenjahr festgelegt, mehr Plätze für unter Dreijährige, flexiblere Öffnungszeiten, sprachliche Frühförderung und eben die Vermittlung von Grundwerten sowie ein Kopftuchverbot.

Für die neue Vereinbarung brachte der Bund nun auch bundesweit einheitliche Qualitätsmindeststandards aufs Tapet. Im Vordergrund soll hier vor allem die Gruppengröße stehen, die je nach Bundesland unterschiedlich geregelt ist. Bei einheitlichen Standards stehen aber einige Länder aufgrund der Umsetzbarkeit auf der Bremse, zu groß sind die derzeitigen Unterschiede. Einige fürchten, dass auf einen Schlag zahllose neue Einrichtungen gegründet und dafür trotz Personalmangels neue Beschäftigte gefunden werden müssten.

Personalintensiver Ausbau

Ein entscheidendes Kriterium dafür ist etwa der Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf (VIF). Dieser ist erfüllt, wenn eine Einrichtung von Montag bis Freitag mindestens 45 Stunden geöffnet ist. In Wien besuchten 2020/21 laut Zahlen des Zentrums für Verwaltungsforschung (KDZ) 94 Prozent der Kinder eine Einrichtung, die diese Kriterien erfüllt, in Oberösterreich waren es 25 Prozent.

Das Institut EcoAustria berechnete kürzlich die Kosten und den Personalbedarf für eine höhere Quote bei der Kleinkindbetreuung sowie für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf etwa durch längere Öffnungszeiten. Es würden zusätzliche 5.000 Betreuungspersonen notwendig, und es gäbe zusätzliche Kosten von mindestens 270 Mio. Euro. In dieser Berechnung sei aber die Forderung nach höheren Gehältern und kleineren Gruppen nicht berücksichtigt worden.

Keine „Nivellierung nach unten“

Es dürfe jedenfalls nicht zu einer „Nivellierung nach unten“ kommen, forderte die Salzburger Bildungslandesrätin Andrea Klambauer (NEOS) von den laufenden 15a-Verhandlungen. Immerhin liegt etwa Salzburg mit einer durchschnittlichen Gruppengröße von maximal acht unter Dreijährigen im Spitzenfeld, während etwa in Vorarlberg maximal 16 Kinder in einer Kleinkindgruppe betreut werden können.

An der Form der Gespräche übte sie Kritik, denn den Verhandlern und Verhandlerinnen des Bundes sitzen nicht Vertreter aller Länder gegenüber, sondern nur aus Wien, Niederösterreich und Vorarlberg. Das sei „sehr ungewöhnlich“ und führe zu einem „unterschiedlichen Wissensstand“ in den Ländern, bemängelte Klambauer. Mit einem Abschluss der Gespräche wird Mitte Mai gerechnet, am Freitag steht das Thema auf der Agenda der Landesfinanzreferenten.