Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)
APA/EXPA/Johann Groder
96,4 Prozent

Kogler als Bundessprecher wiedergewählt

Vizekanzler Werner Kogler ist am Samstag beim Grünen-Bundeskongress in Villach zum Bundessprecher wiedergewählt worden. Er erhielt 96,4 Prozent der Stimmen, Gegenkandidaten gab es keinen. Kogler ist damit für weitere drei Jahre im Amt bestätigt. Er blieb hinter seinem letzten Ergebnis zurück, bei seiner ersten Kür im Herbst 2018 war er auf 99,02 Prozent Zustimmung gekommen.

Am Samstag sammelte er 242 von 251 gültigen Delegiertenstimmen ein. Die Frage, ob er die Wahl annehme, beantwortete er mit: „Ja“, lieferte dann aber noch eine Ergänzung: „Ich habe nur eine Bitte. Wir sollten nicht übermütig werden. Und nicht vergessen: Zukunft ist das, was wir daraus machen.“

Eine gute Nachricht für die Grünen gab es gleich zu Sitzungsbeginn: Die Partei ist seit Jahreswechsel schuldenfrei, nachdem das Minus nach dem Ausscheiden aus dem Nationalrat vor drei Jahren noch fünf Mio. Euro betragen hatte. Exakt 14.200 Euro ist die Bundespartei im Plus, berichtete Finanzreferent Wolfgang Raback, wenn man alle Bankkonten und die noch bestehenden Verbindlichkeiten bei den Landesorganisationen einrechne. Das Ziel der Schuldenfreiheit sei deutlich früher als erwartet erreicht, man sei damit handlungsfähig für die nächsten herausfordernden Jahre, sagte er.

Energiekrise im Zentrum

In seiner Rede hatte sich Kogler aktuellen Krisen gewidmet und die Verantwortung der Grünen beschworen. Der Ukraine-Krieg habe allen die Dringlichkeit der Energiewende vor Augen geführt. Sie sei „eine Notwendigkeit für alle, das ist die Wahrheit“. In dieser Zeit der Weichenstellungen seien die Grünen in Verantwortung. Es gebe in diesen unsicheren Zeiten kein Zurück mehr: „Wir nehmen die Herausforderung an, dafür sind wir gewählt, und das machen wir jetzt auch.“ Es gehe auch um eine Wirtschafts-, Ernährungs- und Verkehrswende. Und es sei ein „Blödsinn, dass alles so bleiben kann, wie es ist“.

Rede von Grünen-Chef Kogler

Kogler widmete sich in seiner Rede unter anderem der Energiekrise

Kritik übte er an all jenen, die Österreich in die derzeitige fossile Energieabhängigkeit geführt hatten. Kogler regte einen Untersuchungsausschuss an, der sich mit jenen Verantwortlichen befassen sollte, „die uns das eingebrockt haben“. Es sei für ihn „beinahe unfassbar, unerträglich, unerhört“, dass jene, die noch zuletzt von der Liebesbeziehung zu Russland als Gaslieferanten geschwärmt hatten, nun der Bundesregierung ausrichteten, wie es energiepolitisch richtig gehen sollte.

Inflation nicht zu „derschlagen“

Bezüglich Teuerung bezeichnete er es als „Unfug“, dass man die Inflation „derschlagen könnt“, wie es manche forderten. Auch die Idee, „Sozialpolitik muss an der Zapfsäule gemacht werden“, stimme nicht: „Manchmal habe ich den Eindruck, die Gießkanne wohnt wieder in der Zapfsäule.“ Vielmehr müsse man jene entlasten, die es am dringendsten brauchen, und das geschehe auch.

Bei Transparenz und Antikorruption unterstrich er Budgeterhöhungen für die Justiz. Dass im geplanten Parteiengesetz Einschaurechte des Rechnungshofs kommen sollen, sei ein „Gamechanger“. Die Bremser beim Informationsfreiheitsgesetz ortete er in den Ländern und Gemeinden. Diese müssten ihre Blockadehaltung nun erklären.

Mit der ÖVP kooperiere man hier. Auch sonst ortete Kogler eine tragfähige Koalition, und mit Kanzler Karl Nehammer sei die Zusammenarbeit gut. „Es ist nicht immer leicht, aber trotzdem ist es richtig“, beschrieb er das Klima generell. Die Grünen sah er auf Wachstumskurs. Judith Schwentner könnte die nächste Bürgermeisterin in Graz werden, generell nannte er in jedem Bundesland eine Bürgermeisterin oder einen Bürgermeister und in fünf oder zehn Jahren eine Landeshauptfrau als Ziel, so Kogler: „Warum nicht?“

Grafik zeigt Ergebnisse der Wahl der Bundessprecherinnen und -sprecher der Grünen 1996-2022
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Rauch: „Habe nichts mehr zu verlieren“

Eine der ersten Handlungen war die Bestätigung von Gesundheitsminister Johannes Rauch als Regierungsmitglied, sie erfolgte einstimmig. In seiner Wortmeldung betonte Rauch, dass er seine Arbeit mit Überzeugung, Ernsthaftigkeit und Kampfgeist angehe.

Er wolle nicht nur als Gesundheits-, sondern auch Sozialminister seine Arbeit leisten und die Stimme erheben für jene, denen es nicht so gut geht. „Ich habe den Vorteil, ich bin 63, ich habe nichts mehr zu verlieren, muss mich auf gut Deutsch nichts mehr scheißen, und das ist eine gute Voraussetzung“, damit sorgte er für Lacher unter den rund 290 Delegierten.

Neben Kogler wurden fünf Bundesvorstandsmitglieder gewählt, konkret Meri Disoski, Eva Hammerer, Georg Prack, Olga Voglauer und – als Wiederwahl – Stafan Kaineder. Auch hier traten entgegen früherer grüner Gepflogenheiten keine Gegenkandidaten an, der Zuspruch lag zwischen knapp 98 und 85 Prozent. Ausgeschieden sind Lara Köck, Nina Tomaselli, Ewa Ernst-Dziedczic und Rudi Hemetsberger. Letzterer dürfte aber über die grüne Bildungsorganisation wieder hineinrutschen.