der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs
APA/Herbert Neubauer
ÖVP-U-Ausschuss

Fuchs und Pilnacek werden befragt

Die nächste Runde im ÖVP-Untersuchungsausschuss steht diese Woche ganz im Zeichen der Justiz. Mit Oberstaatsanwalt Johann Fuchs und Ex-Sekionschef Christian Pilnacek werden am Dienstag gleich zwei Auskunftspersonen befragt, die aufgrund ihrer Position wichtige Schnittstellen in der Weisungskette sind bzw. waren. Laut Opposition sind Pilnacek und Fuchs Teil eines „türkisen Netzwerks“.

Fuchs und Pilnacek sind – wenn man es so nennen kann – U-Ausschuss-Profis. In den vergangenen Jahren gaben sie mehrmals Auskunft über Ermittlungen und Weisungen in besonders medienwirksamen Fällen. Beide gelten als ausgewiesene Fachleute innerhalb der Justiz und der dazugehörigen Weisungskette. Doch anhand diverser Chats im Zuge der „Ibiza“-Affäre vermuten die Oppositionsparteien und die Grünen, dass die langjährigen Justizbeamten Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beeinträchtigten.

In mehreren Befragungen erklärten Mitglieder der WKStA, dass sie zwar keine politische Einflussnahme auf Verfahren festmachen, aber zum Teil ungewöhnliche Weisungen. Die Fachaufsicht habe auf „illegitime Weise“ auf die Strafverfahren eingewirkt und die eigentliche Arbeit der Staatsanwälte behindert, sagte erst kürzlich WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda.

Ausgangspunkt dieser Stellungnahme waren Chats zwischen Fuchs und Pilnacek, in denen sie sich im Rahmen ihrer Dienst- und Fachaufsicht über die Observation eines WKStA-Mitarbeiters unterhielten. In anderen Chats übte der frühere Sektionschef heftige Kritik an der Vorgehensweise der Korruptionsstaatsanwaltschaft und qualifizierte die WKStA-Arbeit im Zuge der Hausdurchsuchung bei Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) als „Putsch“.

Viele Themen liegen auf dem Tisch

Ein weiteres Befragungsthema wird die Korrespondenz zwischen Fuchs und einer Ex-WKStA-Staatsanwältin sein. Aufgetauchte Chats legen den Verdacht nahe, dass die Juristin, die derzeit bei der Anwaltskanzlei Ainedter & Ainedter arbeitet, Interna aus Besprechungen der WKStA an ihren damaligen Vorgesetzten weitergetragen hat.

Vor einigen Tagen widersprach sie im U-Ausschuss, ein „Maulwurf“ zu sein. Sie habe nur über ungleiche und intransparente Arbeitsverteilung in der WKStA sowie über „möglicherweise“ politische Verbindungen von Kollegen informiert. Handfeste Beweise halte sie zwar nicht in Händen, es gehe aber um „Auffälligkeiten“.

der suspendierte Sektionschef Christian Pilnacek
ORF.at/Lukas Krummholz
Pilnacek wird am Dienstag im U-Ausschuss befragt werden

Zuerst wird am Dienstag Fuchs befragt, danach Pilnacek. Letzterer hatte als damaliger Sektionschef und Generalsekretär im Justizressort mit der WKStA schon einige Dispute ausgefochten. Angefangen hat quasi alles im Frühjahr 2019, als die Korruptionsstaatsanwaltschaft den Eurofighter-Akt erbte. In einer Dienstbesprechung eskalierte es. Die WKStA zeichnete das Gespräch heimlich auf und zeigte den ranghohen Beamten wegen des Verdachts der Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Doch die Anzeige wurde niedergelegt.

Wenig später tauchte das „Ibiza-Video“ auf. Bekannt ist etwa die von Pilnacek an Fuchs gesendete Nachricht, dass die WKStA in dieser Causa „nicht von sich aus aktiv werden“ dürfe. Ex-ÖVP-Justizminister Josef Moser erklärte im damaligen „Ibiza“-U-Ausschuss, dass es eine Weisung gegeben habe – jedoch habe diese definiert, dass die Kommunikation nur über die OStA Wien zu laufen hat. Eine weitere Weisung habe die Prüfung des Anfangsverdacht betroffen, sagte der frühere Ressortchef. OStA-Wien-Leiter Fuchs hatte die WKStA angewiesen, Erkundigungen zu einer Prüfung des Anfangsverdachts einzuholen.

Entschlagungsrecht wegen Ermittlungen

Brisant werden die Befragungen gegen Fuchs und Pilnacek deshalb, weil gegen die langjährigen Justizbeamten wegen des Verdachts der Falschaussage und des Verdachts des Amtsgeheimnisverrats ermittelt wird – womit ihnen bei der Befragung im U-Ausschuss in vielen Fällen das Entschlagungsrecht zustehen könnte.

Während bei Pilnacek die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, wurde OStA-Leiter Fuchs bereits angeklagt. Ende März hatte die Staatsanwaltschaft (StA) Innsbruck einen Strafantrag eingereicht. Wo und wann die Verhandlungen stattfinden werden, ist noch unklar.

Fuchs wird vorgeworfen, Pilnacek im Dezember 2020 verraten zu haben, dass die WKStA eine Anzeige gegen eine „Presse“-Redakteurin vorbereite. Die inkriminierte Falschaussage wiederum ist eine Folge von Fuchs Auftritt im „Ibiza“-U-Ausschuss, wo er 2021 auf die Frage, ob er Aktenteile weitergegeben habe, sinngemäß meinte, dass er sich nicht daran erinnern und das daher weder bestätigen noch ausschließen könne. Für ihn und alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Weisungsrat hatte Bedenken

Am Tag vor der Befragung im U-Ausschuss wurde unterdessen publik, dass der Weisungsrat im Justizministerium am Strafantrag gegen Fuchs Bedenken geäußert haben soll. Das Justizministerium bestätigte später Informationen des „Kurier“ und der „Tiroler Tageszeitung“. In lediglich einem Punkt sei den Äußerungen des Weisungsrats nicht entsprochen worden, hieß es vonseiten des Ressorts in einer an ORF.at schriftlichen Stellungnahme: „Hier hatte der Weisungsrat Bedenken hinsichtlich der Vollständigkeit der Beweiswürdigung der Staatsanwaltschaften.“

Die Sektion sei nach nochmaliger Prüfung des gesamten Aktes dem Standpunkt der StA Innsbruck und der OStA Innsbruck gefolgt, schrieb das Ministerium. Auf Nachfrage von ORF.at sagte ein Sprecher des Justizministeriums, dass nach den Anmerkungen des Weisungsrates der Spruch und die Begründung des Strafantrages, der bereits beim Gericht liegt, präzisiert wurden.

Dass der Weisungsrat nach den Änderungen nicht ein zweites Mal befasst wurde, begründete das Justizministerium mit der ersten Befassung. Ein zweites Mal sei nicht notwendig. Zudem gebe es auch Bedenken, dass eine mehrfache Befassung in derselben Sache „problematisch“ gesehen werde, da dadurch die „gesetzlich gewünschte Transparenz beeinträchtigt wäre“. Gemäß Gesetz muss die Justizministerin abgelehnte Empfehlungen des Weisungsrates an das Parlament berichten und begründen.