Las Vegas Skyline
Getty Images/Rebeccaang
Trockenheit

Las Vegas geht gegen Gras vor

Der Colorado River ist der größte und wichtigste Fluss im Südwesten der USA. Die Wasserversorgung in mehreren Bundesstaaten hängt am 2.300 Kilometer langen Strom – auch Nevadas Wüstenmetropole Las Vegas wird über den Lake Mead, einen Stausee des Colorado River, versorgt. Doch weil Dürre infolge immer heißerer Temperaturen den Wasserstand zunehmend senkt, wird Wasser knapper. Aus diesem Grund gilt ein drakonisch anmutendes Bundesgesetz zu Grasflächen.

Laut diesem Gesetz gelten viele Rasenflächen als „nicht funktional“. Die Begründung für die ungewöhnliche Einordnung: Grasflächen müssen in der heißen Wüstenstadt mit viel Wasser versorgt werden, Rasenbewässerungsanlagen pumpen es auf Grünstreifen zahlreicher Plätze und Vorgärten. In den Augen des Gesetzgebers ein Vorgang, der das Problem der Wasserknappheit infolge der Klimaerwärmung unnötig verschärft.

So kam es in dieser besonders trockenen Region mit Hitzewellen und Temperaturen von weit über 40 Grad Celsius zum ersten Gesetz dieser Art in den USA, wonach viele Rasenflächen in und um Las Vegas zugunsten einer der Wasserknappheit angemessenen Landschaftsgestaltung entfernt werden müssen. Und so werden an verschiedensten Orten mit entsprechenden Geräten Rasenziegel entfernt, wie die „New York Times“ zuletzt berichtete.

Ambitioniertes Ziel bis 2027

Die Vorgabe, die das Gesetz festschreibt, ist dabei durchaus ambitioniert: Bis 2027 müssen 31 Prozent der Rasenflächen im Großraum Las Vegas mit seinen 2,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern umgebaut werden. Auch sind bei Neubauprojekten begrünte Vorgärten nicht mehr einzuplanen, Kunstrasen soll verlegt werden. Hausbesitzer werden per Förderung ermutigt, Gras durch wassersparende Pflanzen – wie etwa die ohnehin heimischen Kakteen im Kiesbett – zu ersetzen.

Las Vegas
Getty Images/iStockphoto/Omar Diaz
Die Wohngegend in und um Las Vegas ist enorm weitläufig

Enormes Einsparungspotenzial

Laut Schätzung der Behörden müssen laut Gesetz insgesamt etwa 3.900 Hektar Grasfläche entfernt werden – das Wassereinsparungspotenzial ist dabei überraschend hoch. Die grünen Flächen bei Hotelauffahrten oder auch das Grün auf den Mittelstreifen von Straßen und Kreisverkehren sind den Errechnungen zufolge für zehn bis 15 Prozent des gesamten Wasserverbrauchs der Stadt verantwortlich.

Noch dazu war der Verbrauch innerhalb der letzten Jahre stetig gestiegen. Werden die Vorgaben bis 2027 wie verordnet umgesetzt, könnte der Jahresverbrauch um etwa 43 Milliarden Hektoliter reduziert werden, was etwa zehn Prozent der Zuteilung für die Region aus dem Lake Mead entspricht. Und die Nutzung von Tropfbewässerung statt Rasensprengeranlagen bringe eine Senkung des Wasserverbrauchs von bis zu 70 Prozent, wie errechnet wurde.

Einige Ausnahmen

Doch komplett verbannt werden Grasflächen rund um Las Vegas nicht. Grünflächen in Parks, auf Schulhöfen und Sportplätzen sollen weiterhin erhalten bleiben. Sie sind freilich essentiell für das Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner und haben auch noch einen wichtigen Effekt: Sie tragen dazu bei, die Lufttemperatur in den Städten zu senken und das Entstehen von Wärmeinseln in der Stadt zu verhindern.

Wohnsiedlungen, die sich zu Vororten in der Wüste rund um Las Vegas, Nevada, erstrecken
Getty Images/James Marshall
Wohnen in der Wüste – die Begrünung täuscht darüber hinweg

Doch freilich sind die betroffenen Anrainer vom Gesetz gegen Gras vielfach nicht begeistert. Denn zusätzlich zum Aufwand für die Entfernung wird befürchtet, dass ein Großteil des Charakters jener Wohnviertel verloren geht, der für die Entscheidung, nach Las Vegas zu übersiedeln, ausschlaggebend war. Schließlich tragen Gras, nicht einheimische Sträucher und Bäume dazu bei, zu verbergen, dass sich das Gebiet in einer unwohnlichen Wüstengegend befindet.

Organe auf Streife

Der Umgang mit Wasser in und um Las Vegas wird jedoch behördlich kontrolliert: Ein paar Dutzend Organe der „Water Patrol“ sind auf Streife, um gegen Wasserverschwendung vorzugehen. So ist es beispielsweise zwischen 11.00 und 19.00 Uhr nicht erlaubt, Grünflächen mit Sprinklern bewässern, gänzlich untersagt ist es sonntags. Sowohl für Sprinkler als auch für Tropfbewässerungen gibt es exakte Minutenlimits. Wer dagegen verstößt, wird bestraft.

Auto eines Ermittlers für Wasserverschwendung in einem Vorort von Las Vegas vor einem Wohnhaus
AP/CQ Roll Call/Bill Clark
Ein Einsatzfahrzeug der „Water Patrol“ in der Vorstadt von Las Vegas

Zusätzlich ist Las Vegas samt Umland in Zonen eingeteilt, in denen genau geregelt ist, wo und zu welcher Zeit Wasser für Grünanlagen verwendet werden darf. Auch gibt es eine Hotline, die Hinweise auf Wasserverschwendung entgegennimmt. Auf der Website der Behörde heißt es „Grassier isn’t Classier“ (frei übersetzt etwa: Begrast ist nicht besser) – gepaart mit dem Aufruf, „unnützes Gras zu entfernen“.

Die Wassersituation für die betroffenen Gebiete wird in den kommenden Jahren laut Fachleuten jedenfalls nicht weniger prekär, als sie bereits jetzt schon ist: Seit 2000 hat der für Las Vegas so wichtige Colorado River 20 Prozent an Wasser verloren, bis 2050 droht ein Verlust von weiteren zehn Prozent.