Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP)
APA/Georg Hochmuth
ÖVP

Kurz-Vertraute Köstinger tritt zurück

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat am Montag in einer Pressekonferenz ihren Rücktritt bestätigt. Mit dem Rückzug von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei auch bei ihr die Entscheidung für eine Abkehr aus der Politik gefallen, so Köstinger. Die 43-Jährige galt als enge Vertraute von Kurz. Ihr Rücktritt geht wenige Tage vor dem ÖVP-Parteitag über die Bühne.

Köstinger sagte, sie sei für eine „Übergangsphase“ in der Regierung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) geblieben, wichtige Projekte seien noch nicht fertig gewesen. In ihrer Rücktrittsrede verwies sie auf ihre 13-jährige Politikkarriere und strich die wichtigsten Projekte der letzten Jahre hervor, darunter die Gemeinsame Agrarpolitik, den Breitbandausbau und die Pandemiebewältigung. Sie nannte auch die verpflichtende Lebensmittelkennzeichnung.

Laut Zeit im Bild wird Köstinger im Sommer in die Privatwirtschaft wechseln. Zuvor hatte der „Kurier“ von Köstingers Rücktritt berichtet. Laut „Krone“ sieht Köstinger ihre wichtigsten Projekte in der Politik als abgearbeitet an. Am Wochenende sei endgültig der Entschluss zum Rückzug gefallen. Die vergangenen fünf Jahre seien die kräfteraubendsten und schwierigsten, aber auch die lohnendsten gewesen.

Köstinger galt schon länger als Ablösekandidatin. Die gebürtige Kärntnerin war EU-Abgeordnete, ÖVP-Generalsekretärin, 2017 Kurzzeit-Nationalratspräsidentin und übernahm dann das Landwirtschaftsministerium. Wer Köstinger nachfolgt, ist noch unklar. Nehammer teilte mit, man werde die Nachfolge in den kommenden Tagen bekanntgeben, bis dahin soll Köstinger im Amt bleiben. Er respektiere Köstingers Wunsch und bezeichnete sie als „kompetente Landwirtschaftspolitikerin“. Ihren Rücktritt nannte er einen „großen Verlust“.

Umbau vor Parteitag am Samstag

Am Samstag ist der ÖVP-Parteitag in Graz, bei dem Nehammer offiziell zum Parteichef gewählt wird. Im Vorfeld des Parteitags mehrten sich zuletzt die Gerüchte über mögliche Abgänge in der ÖVP. Neben Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck wurde auch Generalsekretärin Laura Sachslehner als Ablösekandidatin genannt. Vor allem zu Schramböck verdichteten sich die Gerüchte am Montag. Noch am 3. Mai hatte die ÖVP Spekulationen über eine Regierungsumbildung zurückgewiesen. Diese seien „absurd und völlig aus der Luft gegriffen“, so Sachslehner.

Köstinger verabschiedet sich aus Politik

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat in einer Pressekonferenz die Beweggründe ihres Rücktritts bekanntgegeben. Mit dem Rückzug von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei auch bei ihr die Entscheidung für eine Abkehr aus der Politik gefallen, so die ÖVP-Politikerin.

Wichtige Rolle in ÖVP-FPÖ-Regierung

Politisch stammt die 43-jährige Köstinger, die im Kärntner Granitztal aufwuchs, aus der Landjugend, mehrere Jahre leitete sie auch die österreichische Jungbauernschaft. Schon in dieser Zeit wurde sie 2009 EU-Parlamentarierin, eine Funktion, die sie bis zur Nationalratswahl 2017 innehatte, bei der sie als Generalsekretärin eine wichtige Rolle spielte.

Nach der Wahl 2017 war Köstinger Teil der ÖVP-Steuerungsgruppe bei den Verhandlungen mit der FPÖ und wurde schon da als Ministerkandidatin gehandelt. Dass sie dennoch den Posten der Nationalratspräsidentin, noch dazu nur für wenige Wochen, annahm, brauchte ihr einige Kritik ein.

Sebastian Kurz und Elisabeth Köstinger
Reuters/Leonhard Foeger
Kurz’ Rücktritt veranlasste nun auch Köstinger zu einem Ausstieg aus der Politik

Im Dezember wurde sie zur Ministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ernannt. Mit der Koalition mit den Grünen wechselte die Umwelt zu den Grünen, dafür kam unter anderem die Telekommunikation dazu. Gerade in der Pandemie geriet ihre Politik regelmäßig in die Kritik.

SPÖ, FPÖ für Neuwahl, NEOS für Umbildung

Als einen „Hort von Chaos, Instabilität, Planlosigkeit und schweren Fehlern“ bezeichnete SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried die Bundesregierung – und das „mitten in einer der schwersten wirtschaftspolitischen Krisen“. Kanzler Nehammer und sein Vize, Grünen-Chef Werner Kogler, sollten Österreich Monate mit einer strauchelnden Regierung ersparen und gleich den Weg frei machen für Neuwahlen, so Leichtfried. Auch für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist Türkis-Grün am Ende.

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz forderte angesichts des Rücktritts Neuwahlen. „Köstinger soll die anderen Minister gleich mitnehmen und so den Weg für Neuwahlen frei machen“, so Schnedlitz. Die türkis-grüne Koalition habe gezeigt, dass sie nicht regieren könne und „krisenuntauglich“ sei. Ähnlich äußerte sich auch die stellvertretende FPÖ-Klubobfrau Dagmar Belakowitsch bei einer Pressekonferenz.

Ein Ende der „Showpolitik, die an Ernsthaftigkeit und Tiefgang so einiges vermissen lässt“, forderte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger: „Ich hoffe, dass es ein Auftakt ist zu einer größeren Regierungsumbildung.“ Sie verwies vor allem auf Schramböck, die von NEOS wiederholt zum Rücktritt aufgefordert worden war. Auch bei den Ressortzuständigkeiten wären aus NEOS-Sicht Änderungen angebracht.

Kogler: „Harte, kompetente Verhandlerin“

Vom Koalitionspartner kamen zum Abschied Rosen: Er habe Köstinger in den letzten zweieinhalb Jahren Zusammenarbeit in der Bundesregierung als „harte, kompetente Verhandlerin und echte Kämpferin“ kennengelernt, meinte Vizekanzler Kogler. Sie sei eine „starke und wichtige Stimme für faire Preise für Bäuerinnen und Bauern“ gewesen, sagte er.

Auch Ex-Kanzler Kurz dankte Köstinger für die „gemeinsame Zeit in der Politik“. Kurz wünschte seiner ehemaligen Weggefährtin „alles Gute“ für ihr „neues Kapitel“ und den weiteren Weg. Aus Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer, Hoteliervereinigung, ÖVP-Bauernbund und Tourismuswerbung wurde Köstinger ebenfalls mit Dank für ihre Arbeit bedacht. Harsche Kritik an Köstinger kam hingegen von der Umweltorganisation Global 2000, die NGO Vier Pfoten forderte eine Neuverhandlung der Tierschutznovelle.