Minderjährige Flüchtlinge: Weichen für Obsorge gestellt

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hat gestern bei einem Gipfel mit zuständigen Landesrätinnen und Landesräten die Weichen für den besseren Schutz unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge gestellt. Einig war man sich im Ziel der „Obsorge ab Tag eins“.

Einige offene Punkte gibt es noch – allen voran die Grundversorgung. Auch für die Unterbringung junger Geflohener müsste der Tagsatz angehoben werden.

Ukraine-Krieg vergrößerte Problem

Schon 2021 gab es Finanzierungs- und Personalprobleme in den Ländern bei der Unterbringung schutzsuchender Kinder und Jugendlicher. Teilweise mussten mehr als 800 von ihnen in Bundesquartieren versorgt werden, weil die Länder keine Kapazitäten hatten.

Mit dem Ukraine-Krieg wurde das Problem noch größer, viele Kinder kommen gänzlich unbegleitet in Österreich an. Zu klären, wer für die Obsorge zuständig ist, dauert oft sehr lange.

Das zu beschleunigen ist „dringend geboten. Zustände wie bisher, in denen es oft tage- oder sogar wochenlang dauerte, bis klar war, wer für unbegleitete minderjährige Schutzsuchende verantwortlich ist, sind einfach nicht mehr tragbar“, sagte Zadic.

Mehr als 18.000 Kinder auf Flucht verschwunden

Zwischen 2018 und 2020 sind in Europa 18.292 unbegleitete Kinder auf der Flucht verschwunden. Besonders drastisch war es im Vorjahr in Österreich: Von 5.768 Minderjährigen, die 2021 um Asyl angesucht haben, sind 4.489 – mehr als drei Viertel – spurlos verschwunden.

Was mit ihnen geschah, wissen die Behörden nicht, zu befürchten steht, dass ein guter Teil Opfer von Kinderhandel, Drogenkriminalität oder Kinderprostitution wurde. Österreich ist eines von nur drei Ländern der EU, in denen es durchschnittlich mehr als ein Monat dauert, bis ein Obsorgeberechtigter bestellt wird.

Um die – von Kinderschutzorganisationen geforderte – „Obsorge ab dem ersten Tag“ zu erreichen, hat Zadic einen Entwurf für eine bundesweit einheitliche Regelung vorgelegt. In Wien wird dieses Prinzip schon länger umgesetzt, so Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS). Der Salzburger Landeshauptmannstellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne) teilt zwar das Ziel, pochte aber auf ausreichende Ressourcen.