Ein Arbeiter dreht an einem Ventil einer Gasstation
Reuters/Gleb Garanich
Ukraine

Alternativroute soll Gaslieferung absichern

Die Ukraine hat nach dem Transitstopp über das von Russland besetzte Gebiet Luhansk Entwarnung bezüglich der Gefahr eines verringerten Gastransits gegeben. Über die Gasmessstation Sudscha beim Gebiet Sumy könne mehr als doppelt so viel Gas fließen wie laut dem aktuellen Transitvertrag nötig, teilte der staatliche Betreiber des ukrainischen Gastransportsystems am Mittwoch mit.

Aus dem bis Ende 2024 laufenden Vertrag ergibt sich eine tägliche Gastransitmenge nach Westen von knapp 110 Millionen Kubikmetern Erdgas. Über Sudscha können laut Angaben des Betreibers 244 Millionen Kubikmeter am Tag aus Russland in Richtung Europäischer Union fließen. In den Jahren 2017 bis einschließlich 2020 seien dabei über Sudscha höhere Mengen als jetzt transportiert worden.

Kiew hatte für Mittwoch den Stopp des Transits über das Gebiet Luhansk angekündigt. Bisher floss etwa ein Drittel der täglichen Transitmenge über die Verdichterstation Nowopskowsk. Das Gebiet steht nach dem russischen Einmarsch von Ende Februar seit mehreren Wochen unter russischer Kontrolle. Auch der Transportweg über Sudscha war für mehrere Wochen von russischer Truppen besetzt. Einschränkungen beim Gastransit hatte es jedoch nicht gegeben. Trotz des von Russland in der Ukraine geführten Krieges ist der ukrainische Gastransit nach Westen nicht eingestellt worden.

Grafik zum Gastransit durch die Ukraine
Grafik: APA/ORF.at

Gasprom: Technisch nicht möglich

Im Gegensatz zu Kiew sieht Moskau allerdings keine Chance, die wegfallenden Gasströme im Gebiet Luhansk nun über Sudscha umzuleiten. Gasprom-Sprecher Sergej Kuprijanow hatte bereits am Dienstag erklärt, das sei technisch nicht möglich. Ob eine Kompensierung über andere Routen möglich ist, wurde von dem Konzern offengelassen. Gasprom betonte erneut, alle seine Verpflichtungen gegenüber europäischen Kunden zu erfüllen.

Die Ukraine hatte zuvor mit Verweis auf die russische Besatzung einen Teil des Gastransits in Richtung Europa gestoppt. Ukrainischen Angaben zufolge hätten bis zu 32,6 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag wegfallen können – das sei fast ein Drittel der täglich über die Ukraine nach Europa transportierbaren Höchstmenge, hieß es. Die Ukraine bezieht aus dem Transit des russischen Gases wichtige Durchleitungsgebühren. Die Hauptroute für russisches Gas nach Europa ist allerdings die Ostsee-Pipeline „Nord Stream 1“.

Streit über „höhere Gewalt“

Gasprom bestätigte am Vormittag, dass am Mittwoch nur 72 Millionen Kubikmeter Gas durch die Ukraine in Richtung Westen fließen sollten. Am Vortag sei das Auftragsvolumen noch bei 95,8 Millionen Kubikmetern gelegen. Wie aus Daten des ukrainischen Netzbetreibers OGTSU hervorging, wurden für die Station Sochraniwka im östlichen Gebiet Luhansk für Mittwoch keine Aufträge mehr angenommen. Der Betrieb könne dort kriegsbedingt nicht mehr kontrolliert werden, hieß es zur Begründung in Kiew.

Die Ukrainer deuteten an, dass Russen den Betrieb von Sochraniwka sowie den der Verdichterstation Nowopskow zuletzt gestört hätten. Der Betreiber berief sich beim Teilstopp des Transits durch die „Sojus“-Pipeline auf einen Fall „höherer Gewalt“. Russlands Energieriese Gasprom hielt dagegen, man habe „keinerlei Bestätigungen über Umstände höherer Gewalt“ erhalten. Die Ukrainer hätten in den vergangenen Wochen ganz „ungestört“ in Sochraniwka gearbeitet.

OMV: Bestellte Menge kam am Mittwoch an

In Österreich kamen Mittwochfrüh die bestellten Gasmengen an, sagte ein OMV-Sprecher auf Anfrage der APA. Der Marktgebietsmanager Austrian Gas Grid Management (AGGM) schreibt in seinem aktuellen Lagebericht: „Die Gasflüsse in Richtung aller österreichischen Marktgebiete, auch die Importe über die Ukraine, sind trotz aktueller Meldungen aus Luhansk derzeit stabil.“ Man sei aber „auf den Ernstfall vorbereitet“, hieß es aus dem Energieministerium von Leonore Gewessler (Grüne).

Der Druck in den Gasleitungen liege auf Normalniveau, hieß es aus dem Ministerium. Der Gastransport nach Österreich läuft über unterschiedliche Leitungen, ein großer Teil davon fließt auch über unterschiedliche Pipelines in der Ukraine, so das Klimaschutzministerium.

Ministerium: Pläne für den Ernstfall vorbereitet

„Die Gasprom hat angekündigt, die Lieferverträge weiterhin zu erfüllen“, hieß es aus dem Ministerium. „Es gibt keine Anzeichen dafür, dass diese Ankündigungen nicht stimmen. Klar ist aber: Russland führt Krieg. Wir können uns auf Russland nicht verlassen.“ Das Klimaschutzministerium habe deshalb umfassende Pläne für den Ernstfall vorbereitet. „Sollten sich Auswirkungen auf die österreichische Gasversorgung ergeben, werden wir die notwendigen Schritte setzen.“

Russland hat vor zweieinhalb Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine begonnen. Besonders in der Ostukraine gibt es schwere Kämpfe. Am Dienstag erklärte das russische Militär dann, gemeinsam mit prorussischen Separatisten bis an die Verwaltungsgrenzen des Gebiets Luhansk vorgedrungen zu sein.