Photovoltaikanlage
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Unabhängiger von Russland

EU will Solarenergie bis 2025 verdoppeln

Europa will beim großen Thema Energie nicht nur kurzfristig unabhängiger von Moskau werden: Am Mittwoch hat die EU neue Pläne präsentiert, wie man weniger auf fossile Brennstoffe angewiesen sein kann. Die Ziele für erneuerbare Energien wurden nochmal deutlich angehoben – gleichzeitig soll der Energieverbrauch gesenkt werden. Doch auch bei Gas und Öl will man sich nach Alternativen umschauen.

„Wir müssen unsere Abhängigkeit von Russland im Bereich Energie so schnell wie möglich reduzieren. Ich bin überzeugt, dass wir das können“, so EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei der Präsentation des „REPowerEU“-Vorhabens in Brüssel. Man wolle das Thema auf drei Ebenen angehen: den Energiebedarf senken, die Energieimporte diversifizieren – und letztlich den Umstieg auf erneuerbare Energien beschleunigen.

Für diese Maßnahmen werden zusätzliche Investitionen von 210 Milliarden Euro über die kommenden fünf Jahre nötig sein, wie der niederländische Kommissionsvize Frans Timmermans sagte. Gleichzeitig verwies er darauf, dass allein die Importe von fossilen Brennstoffen aus Russland momentan jährlich 100 Milliarden Euro ausmachen.

Windräder hinter einem blühenden Rapsfeld
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Die EU will verstärkt auf erneuerbare Energien setzen

Anteil erneuerbarer Energien stark steigern

„Mehr denn je“ sei es nötig, dass Europa „Meister seines eigenen Schicksals“ werde, so Timmermans. Die EU will zur Erlangung von mehr Unabhängigkeit bei den eigenen Klimazielen nochmal anziehen: Bis 2030 soll das Ziel bei der Energieeffizienz von neun Prozent auf 13 Prozent angehoben werden. Bei den erneuerbaren Energien will man nun bis 2030 einen Anteil von 45 Prozent – nicht wie bisher 40 – anvisieren.

Pläne für EU-Energiewende

ORF-Korrespondent Robert Zikmund analysiert die Pläne der EU zur Beschleunigung der Energiewende

Erleichtert werden soll das unter anderem durch beschleunigte Genehmigungsverfahren. Windparks würden etwa bis zu neun Jahre für eine Genehmigung brauchen, so Energiekommissarin Kadri Simson, „Zeit, die wir nicht haben.“ Von der Leyen sprach von einem Verfahren, das nur noch ein Jahr dauern solle.

Solarenergie soll in drei Jahren verdoppelt werden

Außerdem wolle man sich viel stärker auf Solarenergie konzentrieren. Schon bis 2025, also in nur drei Jahren, will man die derzeitige Kapazität auf 320 Gigawatt ausbauen – und damit die Leistung verdoppeln. Bis 2030 sollen Solarkraftwerke insgesamt 600 Gigawatt leisten können.

Die selbst als ambitioniert bezeichneten Ziele will man durch eine großangelegte Photovoltaikoffensive erreichen. Solarpanels auf Dächern sollen für neu gebaute gewerbliche und öffentliche Gebäude schon bis 2025 verpflichtend werden. Später soll die Initiative auch auf Wohnhäuser ausgeweitet werden, hieß es bei der Präsentation in Brüssel.

Energiesparen und neue Importländer

Timmermans verwies auch darauf, dass die günstigste Energie jene sei, die gar nicht erst verbraucht wird. Dazu will die EU umfassend den Energieverbrauch reduzieren. Kurzfristig erwarte man sich dadurch Einsparungen von rund fünf Prozent beim Gas- und Ölbedarf – bei dem die EU besonders von Russland abhängig ist.

Darüber hinaus will man vermehrt auf gemeinsame Energieeinkäufe setzen – und Lieferungen aus anderen Ländern sichern. Einerseits will die EU die Zusammenarbeit mit Ländern wie Katar und Australien verstärken, gleichzeitig aber auch prüfen, ob man etwa mit afrikanischen Subsahara-Staaten wie Nigeria und Senegal stärker zusammenarbeiten könnte, heißt es in Dokumenten der EU-Kommission.

Ursula von der Leyen
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte das neue Energiepaket vor

Auch Investitionen in Infrastruktur vorgeschlagen

Außerdem soll in Infrastruktur investiert werden – in Stromnetze, aber auch in Gas- und Ölleitungen. Länder wie Ungarn, die besonders von russischem Öl abhängig sind, sollen insgesamt bis zu zwei Milliarden Euro erhalten, um davon loszukommen. Abgesehen davon schlug die Behörde auch vor, Atom- und Kohlekraftwerke zur Stromgewinnung länger laufen zu lassen.

Ihre Ziele aus dem Klimapaket „Fit for 55“ will die Kommission nicht aufkündigen: Timmermans sei „überzeugt“, dass die neuen Pläne „das 55-Prozent-Ziel nicht behindern“ werden. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen müssen noch mit den EU-Ländern und dem Europaparlament verhandelt werden.

Gewessler: „Viele wichtige Maßnahmen“

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht in dem vorgelegten Paket „viele wichtige Maßnahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien in Europa“. Jede Unterstützung für die Energiewende „ist gut – von mehr Investitionen bis zu schnelleren Verfahren“, so die Ministerin. „Gerade bei Verfahren gilt: Schnelle Verfahren können auch gute und naturverträgliche Verfahren sein.“ Die Vorschläge der EU-Kommission würden jetzt „gut“ geprüft werden.

„Wir werden die Abhängigkeit von russischer, fossiler Energie konsequent abbauen, damit wir nicht weiter Putins Kriegskasse füllen“, hieß es von den ÖVP-EU-Abgeordneten Angelika Winzig, Othmar Karas und Barbara Thaler in einer Aussendung. Auch SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder begrüßte den Vorschlag der EU-Kommission. Claudia Gamon, EU-Abgeordnete der NEOS, verwies darauf, dass es bei schnelleren Genehmigungen solcher Projekte die Entschlossenheit der EU-Staaten brauche – die sie bei der österreichischen Regierung vermisse.

Passend zu den neuen EU-Plänen wurden am Mittwoch auch neue Zusagen für einen riesigen Offshore-Windpark in der Nordsee gemacht. Deutschland, Belgien, die Niederlande und Dänemark wollen bis 2050 mindestens 150 Gigawatt Windkapazität in der Nordsee bauen, um ein „grünes Kraftwerk“ für Europa zu schaffen. Das würde ausreichen, um 230 Millionen europäische Haushalte mit Strom zu versorgen, sagte der dänische Wirtschaftsminister Simon Kollerup.

Weiter kein Fortschritt bei Ölembargo

Unabhängig von den neuen Plänen will die EU weiter das sechste Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg bringen – inklusive des ins Stocken geratenen Ölembargos, gegen das sich vor allem Ungarn seit knapp zwei Wochen stemmt. Zuletzt hatte Ungarn zwischen 15 und 18 Milliarden Euro gefordert, um dem Paket zuzustimmen – eine Forderung, die die Diplomatinnen und Diplomaten ablehnen, wie die Nachrichtenseite Politico am Dienstag berichtete.

EU will erneuerbare Energie stark ausbauen

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen präsentierte mit „REPowerEU“ die Strategie der Europäischen Union, unabhängiger von fossiler Energie aus Russland zu werden und gleichzeitig erneuerbare Energie stark auszubauen.

„Wir wollen alle eine Lösung für Ungarns wirtschaftliche Sorgen finden, aber diese Größenordnung steht einfach außer Frage“, zitiert die Seite einen EU-Diplomaten. Aus einem anderen Land soll es heißen, dass Ungarns Schachzug „unmoralisch“ sei – das sei nicht die Art von Verhandlungen, die man in Zeiten des Krieges führen sollte. Eine baldige Einigung, auf die zuletzt die EU-Außenministerinnen und -minister hofften, dürfte damit wohl eher unwahrscheinlich sein.