Kabinettschefin im Justizministerium Sarah Böhler im U-Ausschuss, ÖVP Untersuchungsausschuss
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ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss

Wirbel um Fragen an Justizkabinettschefin

In der laufenden Woche im ÖVP-Untersuchungsausschuss steht einmal mehr die Justiz im Fokus – und diesmal allein auf Betreiben der ÖVP, alle Auskunftspersonen wurden von ihr geladen, weshalb die Opposition eine verlorene Woche beklagt. Die ÖVP will hingegen aufzeigen, dass es keine schwarzen bzw. türkisen Netzwerke in der Justiz gebe, sondern dass die Einflussnahme von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) ausgehe. Rede und Antwort musste folglich Zadics Kabinettschefin stehen.

Seit Jänner 2020 sei sie im Justizministerium tätig, davor habe sie für die Grünen an den Regierungsverhandlungen teilgenommen. Vorher sei sie für die ehemalige Partei des Ex-Mandatars Peter Pilz, JETZT, als Klubreferentin tätig gewesen, wie sie angab – sie sei zudem in zwei Untersuchungsausschüssen tätig gewesen. Auf ihre Zusammenarbeit mit Pilz referenzierte ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger in der Folge.

Freilich waren teils Geschäftsordnungsdebatten (inklusive einiger Zwischenrufe) über die Frage der Untersuchungsrelevanz die Folge – nämlich über die Zulässigkeit der Frage der ÖVP-Fraktion, was Böhler im JETZT-Klub genau gemacht habe – auch Überschneidungen mit dem damaligen Mandatar wurden von Hanger erfragt. Ob sie von Pilz kontaktiert worden sei, weil er Akten oder Unterlagen haben wollte? Nein, so Böhler, das müsse sie aufs Schärfste zurückweisen, Akten oder Unterlagen zu leaken wäre strafrechtlich relevant.

Hanger will „Gerüchte aus der Welt schaffen“

Es habe sie, so Böhler, auch sehr überrascht, dass Hanger in einem Eingangsstatement von „Indizien“ dafür sprach – das könne man auch als „Unterstellung“ werten. Hanger verteidigte sich, hierzu lediglich „Gerüchte aus der Welt schaffen zu wollen“, was hiermit auch geschehen sei, er wolle „nichts unterstellen“. Generell wurde diese Frage von den übrigen Fraktionen mit Kopfschütteln quittiert. Wiederum verteidigte Hanger entsprechende Fragen, schließlich würde das „Gerücht permanent an mich herangetragen“, wie er sagte.

Andreas Hanger (ÖVP)
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Hanger: Keine schwarz-türkisen Netzwerke, sondern Einflussnahme seitens der Justizministerin

Die FPÖ sprach hinsichtlich der von der ÖVP abgefragten Themen von Nebelgranaten und einem Ablenkmanöver hinsichtlich der ÖVP-Skandale. Dem schlossen sich die Grünen an: Man habe enorme Probleme aufzuarbeiten in Österreich, eine staatstragende Partei wie die ÖVP solle dazu beitragen, sagte Grünen-Mandatar David Stögmüller. „Es ist nicht gut, dass Parteien die Arbeit der Justiz immer wieder so angreifen“, er sei froh, dass das Ministerium darüber erhaben sei.

Zadic Falschaussage unterstellt?

Zuvor hatte Hanger zu Postenbesetzungen gefragt – er wollte wissen, ob Zadic den Empfehlungen der Personalkommission stets nachgekommen sei. Die Ministerin sei meistens den Empfehlungen gefolgt, sie könne sich an einen Fall erinnern, in den Zadic von der Empfehlung abgewichen sei, so Böhler. Hanger wandte ein, dass Zadic bei ihrer Befragung im U-Ausschuss angegeben habe, dass sie immer der Empfehlung gefolgt sei. Dem entgegnete Böhler – später auch mit Unterstützung der Verfahrensrichterin Christa Edwards –, Zadic habe sich an dieser Stelle ausschließlich auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bezogen, die Angabe sei korrekt gewesen.

Kabinettschefin im Justizministerium Sarah Böhler im U-Ausschuss, ÖVP Untersuchungsausschuss
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Kabinettschefin Böhler bei ihrer Ankunft vor der Befragung

Die SPÖ fragte zu versuchten Einflussnahmen der ÖVP auf das Justizministerium. Dazu konnte Böhler praktisch nichts angeben. Lediglich, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) für viele Akten (Chats) für den U-Ausschuss die sehr hohe Geheimhaltungsstufe 3 urgiert habe. Und der damalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) solle bezugnehmend auf den auslaufenden Vertrag Pilnaceks einmal gesagt haben, dass dieser bleiben solle – das sei aber vor der Teilung der Sektionen geschehen.

Klima zwischen WKStA und OSTA

Auch Thema war das Klima zwischen WKStA und Oberstaatsanwaltschaft (OStA). Anfangs wollte man „deeskalieren“, es seien aber immer „neue Ereignisse“ dazugekommen, eine Deeskalation sei nicht mehr „zielführend gewesen“, so Böhler. Zu den Gesprächen rund um den Konflikt zwischen SoKo Tape und WKStA sagte sie, dass diese „konstruktiv“ gewesen seien, aber sich erstere ohnehin gerade in Auflösung befinde – weitere Ermittlungsschritte würden vom Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) abgearbeitet. Das Verhältnis zwischen Ministerium und der WKStA habe sich verbessert.

Weisungsrat einmal mehr Thema

Die Grünen fragten zur „Causa Weisungsrat“: Der Weisungsrat im Justizministerium hatte ja Bedenken gegen den von der Staatsanwaltschaft Innsbruck eingebrachten Strafantrag gegen den Leiter der OStA Wien, Johann Fuchs. Das Gremium habe die Möglichkeit gehabt, zur Angelegenheit Stellung zu nehmen, wie Böhler sagte. Später habe man dann die Äußerungen des Weisungsrats besprochen – er habe ja empfohlen, dass bestimmte Akten herbeigeschafft werden sollten, um neu zu prüfen, und das sei passiert.

David Stögmüller (Die Grünen)
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Der Grüne Stögmüller übte im Ausschuss Kritik am Koalitionspartner

„Würde Transparenz schaden“

Die zuständige Sektion habe gewollt, dass man das Vorhaben dem Weisungsrat noch einmal vorlege, die Ministerin habe das aber nicht gewollt. Böhler dazu: Der Weisungsrat habe schon beim ersten Mal nicht befasst werden müssen, das sei mit Entscheidung der Ministerin geschehen. Eine neuerliche Befassung des Weisungsrat sei nicht nötig gewesen und „würde auch der Transparenz schaden“, gab Böhler an.

Hier setzte wiederum die ÖVP ein und fragte, wieso der Weisungsrat nicht noch einmal eingesetzt worden sei („auch wegen des Schutzes der Ministerin“). Das sei eine Wertungsfrage, aber es sei nicht vom Gesetz vorgesehen, dass eine Sache so lange zwischen Weisungsrat und Ministerium hin- und hergeschoben werde, bis es eine Übereinstimmung der beiden gebe, so Böhler sinngemäß.

Chats werden nach Zeitpunkt des Einlangens abgearbeitet

Auch gefragt wurde Böhler zu den Chats und deren Übermittlung an den U-Ausschuss – die ÖVP fordert ja die SPÖ-Chats (mit Schmid). Die Kabinettschefin verwies auf ein laufendes Konsultationsverfahren, in dem sich die Fraktionen hinsichtlich der Reihenfolge noch nicht geeinigt hätten. Das Ministerium werte daher derzeit nach dem Zeitpunkt des Einlangens aus, sollten sich die Fraktionen aber auf eine andere Reihenfolge einigen, werde man dem dann Folge leisten, so Böhler sinngemäß.

Stephanie Krisper (NEOS)
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NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper im Ausschusslokal

Ende für Dreitagesberichtspflicht mit Zadic akkordiert

Die Dreitagesberichtspflicht für die WKStA sei vom Justizministerium infolge der BVT-Hausdurchsuchung eingeführt worden, doch bereits vor der Zeit der Grünen im Ministerium, weswegen ihr Details dazu nicht bekannt seien, wie Böhler sagte. Diese Berichtspflicht sei ein Sonderfall des Sprengels Wien gewesen. Bei ihrer Aufhebung habe man eine bundesweite Regelung angestrebt. Die Abschaffung durch den interimistisch eingesetzten Justizministers Kogler sei mit der damals karrenzierten Ministerin Zadic abgesprochen gewesen, so Böhler auf NEOS-Fragen.