Frau tankt Auto an Zapfsäule
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Schnellschätzung

Acht Prozent Inflation im Mai

Die Teuerung hat sich in Österreich weiter verschärft. Im Mai dürfte die Inflationsrate laut Schnellschätzung der Statistik Austria auf 8,0 Prozent geklettert sein – nach 7,2 Prozent im April. Das sei der höchste Wert seit September 1975, sagte Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas am Dienstag.

Haupttreiber blieben die Preisanstiege bei Energie und Treibstoffen. Gegenüber dem Vormonat erhöhte sich das heimische Preisniveau um 1,1 Prozent, ergab die vorläufige Rechnung.

Der für Euro-Zone-Vergleiche ermittelte Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) für Österreich lag im Mai laut der Schätzung um 8,1 Prozent über dem Vorjahresmonat sowie um ein Prozent über dem Vormonat April. Im Detail wird die Statistik Austria am 17. Juni über die Teuerung in Österreich berichten.

Grafik zeigt Daten zur geschätzten Inflation in Österreich im Mai 2022
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

WIFO-Inflationsexperte Josef Baumgartner hatte für Mai lediglich mit einer Jahresteuerungsrate von 7,25 bis 7,75 Prozent gerechnet, im Mittel so um die 7,5 Prozent, sagte er im Ö1-Mittagsjournal. Der höhere Wert von wohl acht Prozent im Mai sei den Effekten des Ölembargos, aber auch den Strom- und Gastariferhöhungen des Verbund-Konzerns per Anfang des Monats geschuldet.

Baumgartner geht davon aus, dass es in Österreich eher noch bis zum Sommer hohe Inflationsraten geben wird, die sich erst im Herbst abschwächen. Ob dabei der Höhepunkt schon im Mai oder vielleicht erst im Juni oder Juli erreicht sein wird, lasse sich momentan schwer sagen. Bis vor Kurzem habe man das schon für Mai bis Juni erwartet. „Ab dem dritten und vierten Quartal sollten die Teuerungsraten aber wieder etwas zurückgehen“, so Baumgartner.

Lage „absolut“ ernst

Das WIFO erhöhte die Inflationsprognose erst kürzlich für 2022 von 5,8 auf 6,5 Prozent – die Lage sei „absolut“ ernst, so WIFO-Chef Gabriel Felbermayr am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“. Die heimische Volkswirtschaft sei gar nicht auf derartig hohe Inflationsraten eingestellt. Aufgrund der hohen Inflation müsse nun „dringend“ darüber nachgedacht werden, Sozialleistungen anzupassen, auch unterjährig, sonst sei das System „nicht haltbar“. Überhaupt sprach sich der WIFO-Chef dafür aus, Sozialleistungen wie Familienbeihilfe, Mindestsicherung und Pflegegeld zu indexieren und automatisch an die Inflation anzupassen.

Ein dauerhafter Ausgleich sei ihm lieber, wenn das politisch nicht möglich sei, dann zumindest für die Dauer der Krise. Man werde nicht so schnell wieder zu niedrigen Inflationsraten zurückkehren. Bedacht werden müsse ein adäquater Preisindex, denn Menschen an der Armutsgrenze würden anders konsumieren als jene mit genug Geld. Eine Senkung der Mehrwertsteuer sehe das WIFO skeptisch, so der Ökonom, denn das wäre teuer und würde die Inflation nur verschieben – irgendwann müsse man die Steuer ja wieder anheben. Besser wären höhere Transfers und eine Aufdoppelung der bestehenden Pakete.

Rekordhoch in Euro-Zone

In der Euro-Zone erreicht die Inflation ein neues Rekordhoch. Die Verbraucherpreise verteuerten sich im Mai um 8,1 Prozent, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am Dienstag auf der Grundlage einer ersten Schätzung mitteilte. Erneut sorgten die hohen Energiepreise für die starke Inflation. Sie stiegen im Jahresvergleich um 39,2 Prozent.

Lebensmittel, Alkohol und Tabak verteuerten sich laut Eurostat um 7,5 Prozent. Seit November war die Inflation in den 19 Ländern der Euro-Zone auf immer neue Rekordhöhen gestiegen. Im April und im März lag sie bei 7,4 Prozent. Damit stiegen die Verbraucherpreise in den vergangenen Monaten so stark wie noch nie seit Beginn der Eurostat-Aufzeichnungen vor mehr als 20 Jahren.

EZB peilt Zinswende an

Nach langem Zögern peilt die EZB inzwischen eine Zinswende an: Die Notenbank hat in Aussicht gestellt, mit zwei Zinsschritten im Juli und September die derzeit negativen Einlagenzinsen von minus 0,5 Prozent zu beenden. Mit höheren Zinsen kann steigende Inflation bekämpft werden. Andere Notenbanken wie die Fed in den USA und die Bank of England haben ihre Leitzinsen bereits erhöht.

EZB-Chefvolkswirt Philip R. Lane dämpfte jedoch in einem am Montag veröffentlichten Interview Hoffnungen auf ein noch schnelleres Ende der Negativzinsen im Euro-Raum. „Was wir derzeit sehen, ist, dass es angemessen ist, die negativen Zinssätze bis zum Ende des dritten Quartals abzubauen, und dass der Prozess schrittweise erfolgen sollte“, sagte Lane der spanischen Zeitung „Cinco Dias“. Lane stellte mit Blick auf den durch den Ukraine-Krieg gebremsten konjunkturellen Aufschwung klar: „Der Ausstieg aus den Negativzinsen im September bedeutet nicht, dass die Zinssätze hoch sein werden – sie werden immer noch relativ stützend sein.“