SIPRI-Prognose: Renaissance der Atomwaffen

Das Friedensforschungsinstitut SIPRI rechnet mit einer Zunahme von Atomwaffen im kommenden Jahrzehnt. Es gebe deutliche Anzeichen dafür, dass der nach dem Ende des Kalten Krieges eingesetzte Rückgang von Atomwaffen an sein Ende gelange, teilte das in Stockholm ansässige Institut anlässlich der Vorstellung seines Jahrbuchs 2022 heute mit. So sei die Zahl der Atomsprengköpfe zwischen Jänner 2021 und Jänner 2022 zwar zurückgegangen. Die Bedeutung von Atomwaffen in den Militärstrategien großer Staaten nehme aber wieder zu.

„Es gibt klare Hinweise darauf, dass die Verkleinerungen, die seit dem Ende des Kalten Krieges kennzeichnend für die globalen Atomwaffenarsenale waren, zu ihrem Ende gekommen sind“, erklärte Hans M. Kristensen, Experte für Massenvernichtungswaffen bei SIPRI. „Alle atomar bewaffneten Staaten vergrößern oder modernisieren ihre Arsenale, und die meisten von ihnen verschärfen ihre nukleare Rhetorik und die Rolle von Atomwaffen in ihren Militärstrategien. Das ist ein sehr besorgniserregender Trend.“

2.000 Sprengköpfe in höchster Einsatzbereitschaft

Insgesamt verfügten die neun Atommächte – die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea – im Jänner dieses Jahres über 12.705 Atomsprengköpfe. Das waren rund 300 weniger als ein Jahr zuvor.

9.440 der vorhandenen Atomsprengköpfe befanden sich dem Jahrbuch zufolge zur potenziellen Nutzung in den Lagerbeständen der jeweiligen Armeen. Unter diesen seien rund 2.000 Sprengköpfe in einem Modus höchster Einsatzbereitschaft gewesen.

Wenig Positives

Mehr als 90 Prozent der weltweit vorhandenen Atomwaffen gehören den USA und Russland. Besorgt zeigte sich SIPRI angesichts der vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges zum Erliegen gekommenen Abrüstungsgespräche zwischen den beiden Ländern. Moskau habe sogar „offene Drohungen zur möglichen Nutzung von Atomwaffen im Kontext des Ukraine-Kriegs“ formuliert, kritisieren die Friedensforscher. Auch in Nordkorea bleibt das militärische Atomprogramm ein zentraler Pfeiler der nationalen Sicherheitsstrategie.

Positiv äußerte sich das Friedensforschungsinstitut zu diplomatischen Bemühungen im Bereich der Abrüstung. So seien im vergangenen Jahr der Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) in Kraft getreten und die Verhandlungen über die Wiederbelebung des Atomabkommens mit dem Iran aufgenommen worden.