Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP)
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Tirol

Landeshauptmann Platter vor Rückzug

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) will sich nach 14 Jahren im Amt zurückziehen. Er wird bei der kommenden Landtagswahl nicht mehr als Spitzenkandidat für die ÖVP antreten. Beim Landesparteivorstand am Montag dürfte er Wirtschaftslandesrat Anton Mattle als seinen Nachfolger vorschlagen.

Die überraschende Nachricht hatte am Sonntagabend zunächst die „Tiroler Tageszeitung“ berichtet. ÖVP-Parteikreise bestätigten gegenüber dem ORF Tirol und der APA den Bericht. Die für 2023 angesetzte Landtagswahl solle auf Herbst vorverlegt werden, bis dahin will Platter offenbar im Amt bleiben – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Beim Landesparteivorstand am Montag will Platter den bisherigen Wirtschaftslandesrat Anton Mattle als seinen Nachfolger vorschlagen. Die Volkspartei will somit mit dem ehemaligen Bürgermeister von Galtür in die Wahl gehen. Der 59-Jährige war erst im vergangenen Jahr in die Landesregierung berufen worden.

Platter-Rückzug: Analyse

ORF-Tirol-Chefredakteur Georg Laich spricht über den überraschenden Rückzug von Günther Platter und über seinen künftigen Nachfolger Anton Mattle.

Gespräche über Wahltermin

Zu Mittag soll es eine Pressekonferenz in der Villa Blanka in Innsbruck geben, Thema sind „aktuelle Beschlüsse“. Wegen möglicher Wahltermine laufen Gespräche mit den anderen Parteien. Für eine avisierte Neuwahl im September oder Oktober wäre noch vor dem Sommer ein Landtagsbeschluss erforderlich. Die nächsten regulären Landtagssitzungen finden Anfang Juli statt.

Der Schritt Platters dürfte auch für die Bundespartei überraschend gekommen sein. Auf APA-Anfrage gab es Sonntagabend keine Reaktion.

In den vergangenen Monaten hat es immer wieder vereinzelte Spekulationen über eine vorgezogene Wahl gegeben. Diese wurden von Platter allerdings dementiert, zuletzt diese Woche auch von Bildungslandesrätin Beate Palfrader, einer engen Vertrauten des Landeschefs. Im Falle einer Neuwahl war zudem davon ausgegangen worden, dass Platter selbst in die Offensive gehen und erneut als Spitzenkandidat kandidieren würde. Im vergangenen Jahr hatte der frühere Innen- und Verteidigungsminister im Zuge einer Regierungsumbildung erklärt, noch einmal für die ÖVP die Wahl zu schlagen.

Konflikte mit grünem Partner

Ein Umdenken in Platters Überlegungen dürften einerseits wohl die personellen Rochaden beim Koalitionspartner Grüne, andererseits vor allem interne, konstant schlechte Umfragewerte bewirkt haben.

Die Grünen hatten erst am Samstag eine wichtige Weichenstellung vollzogen. Klubobmann Gebi Mair wurde bei einer Landesversammlung zum Landtagswahlspitzenkandidaten gekürt. Er gewann gegen Soziallandesrätin Gabriele Fischer, die für einen eher konzilianten und sachlicheren Kurs gegenüber dem Koalitionspartner steht.

Auch inhaltlich taten sich zuletzt Gräben auf. Etwa nach einem grünen Vorstoß für eine generelle Temporeduktion auf den Straßen. Eine entsprechende Stellungnahme zur StVO-Novelle war offenbar mit der ÖVP nicht abgestimmt.

Höhen und Tiefen der Ära Platter

Länger als Platter war nur Eduard Wallnöfer (ÖVP) mit 24 Jahren im Amt des Tiroler Landeshauptmanns. In den 1980er Jahren startete Platter seine politische Karriere, zuerst als Gemeinderat, dann als Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Zams. 1994 kam er als Nationalratsabgeordneter erstmals politisch nach Wien, ging 2000 als Sport- und Kulturlandesrat zurück nach Tirol, wurde dort ÖAAB-Chef und unterlag Herwig Van Staa in einer Kampfabstimmung um den Parteivorsitz, was wiederum seine zweite Wiener Periode einleitete. Von 2003 bis 2007 war er Verteidigungsminister unter Wolfgang Schüssel (ÖVP), von 2007 bis 2008 Innenminister im Kabinett von Alfred Gusenbauer (SPÖ). Dort geriet er im Zuge der Causa Arigona Zogaj in die Kritik. 2008 löste Platter Van Staa nach dessen Wahlverlusten als Landeshauptmann und später auch als Parteichef ab.

Platter, gelernter Buchdrucker und Gendarm aus dem Oberländer Zams, hat etliche Höhen und Tiefen in der Politik hinter sich. Sein größter politischer Triumph liegt mehr als vier Jahre zurück: Bei der Landtagswahl 2018 legte die ÖVP nach einem ganz auf den Landeshauptmann zugeschnittenen Wahlkampf um 4,91 Prozentpunkte zu und erreichte 44,26 Prozent.

Er war aber auch mit lauter Kritik konfrontiert, vor allem in der Pandemie. Das Management nach den CoV-Ausbrüchen in Ischgl wurde in internationalen Negativschlagzeilen zerpflückt.

Mattle seit 2003 in Landespolitik

Platters wahrscheinlicher Nachfolger Mattle war in die Landesregierung eingestiegen, nachdem die ehemalige Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP) überraschend zurückgetreten war. Platter hatte Mattle damals in höchsten Tönen gelobt und unter anderem als „Mann mit klarer Wertehaltung“ beschrieben.

Mattle wurde 1963 in Platters Heimat Zams geboren. Viele lernten ihn 1999 kennen, als er bei der Lawinenkatastrophe in Galtür als Ortschef die mehrere Tage andauernde Ausnahmesituation organisierte. Als die Lawine ins Dorf hereinbrach, war Mattle bereits seit sieben Jahren Bürgermeister. Sechs Jahre zuvor, 1986 wurde er mit nur 23 Jahren zum Vizebürgermeister der kleinen Gemeinde im Tiroler Paznauntal gewählt.

Tiroler Landesrat Toni Mattle
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Anton Mattle soll Platter nachfolgen. Er ist erst seit Kurzem in der Landesregierung.

Im Jahr 2003 ging Mattle, der 1989 die Meisterprüfung in Radio- und Fernsehtechnik abgelegt hatte, in die Landespolitik. Seither war er Mitglied des Tiroler Landtages, zehn Jahre später wurde er erster Landtagsvizepräsident. Mattle wurde für seine ruhige Vorsitzführung auch über die Parteigrenzen hinweg geachtet. Das wurde nach der Landtagswahl 2018 bestätigt, nachdem er von 35 der 36 Mandatare erneut zum Vize gekürt wurde. Aus ebenjener Landtagswahl ging er auch als „Vorzugsstimmenkaiser“ hervor, in seinem Wahlkreis Landeck holte er 8.012 persönliche Stimmen.

Neben seiner politischen Arbeit fungierte Mattle als Geschäftsführer seiner Firma Elektro Mattle und Geschäftsführer des Alpinariums Galtür, eines „Ausstellungs- und Dokumentationszentrums zum Leben im hochalpinen Raum“. Der 59-Jährige ist auch stellvertretender Landesleiter der Bergrettung Tirol.