Junge Frau beim Einkaufen
ORF.at/Dominique Hammer
Entlastungen

Durchwachsene Reaktionen auf Paket

Durchwachsen sind die Reaktionen auf das Entlastungspaket der Regierung ausgefallen. Volles Lob kam am Dienstag nur aus den Reihen von ÖVP und Grünen. Gewerkschaften, Arbeiterkammer (AK) und Hilfsorganisationen anerkannten zwar, dass die Regierung jetzt endlich handle, sahen aber Versäumnisse. Kritik an kurzsichtigen Maßnahmen kam aus der SPÖ. Die FPÖ forderte den Rücktritt der Regierung, NEOS war halb zufrieden und lobte die geplante Abschaffung der kalten Progression.

SPÖ-Finanz- und -Budgetsprecher Kai Jan Krainer kritisierte, dass durch das Paket „kein einziger Preis“ sinken werde. Das Paket enthalte keine einzige preisdämpfende Maßnahme. Im Ergebnis werde daher auch die Inflation unverändert hoch bleiben beziehungsweise weiter steigen. Man organisiere dadurch eine dauerhafte Teuerung, die sich durch Einmalzahlungen nicht kompensieren lasse. Es sei „unbegreiflich“, dass man keine Sondersteuer für jene Konzerne verhängt habe, die derzeit von Übergewinnen profitieren.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl erkannte eine „Verhöhnung“ der unter der Teuerung leidenden Bevölkerung durch ein „unglaublich kompliziertes Paket“, statt dessen besser ein „Tritt-zurück-Paket“ der gesamten Regierung präsentiert worden wäre. Denn dieses hätte den Weg frei gemacht für eine echte Bekämpfung der Ursachen der Teuerung. Er nannte die „unverantwortliche Corona-Maßnahmen-Politik mit Dauerlockdowns“, die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ebenso wie das „Knieschuss-Öl- und -Gasembargo“ gegen Russland. Ein Gasembargo existiert derzeit nicht.

Kalte Progression: NEOS zufrieden

NEOS zeigte sich in Teilen zufrieden, vor allem mit der Abschaffung der kalten Progression. Diese rechnete Parteichefin Beate Meinl-Reisinger unter anderem der guten Oppositionsarbeit von NEOS zu. Dass der Schritt gemacht werde, anerkannte sie entsprechend „sehr“: „Das ist nicht nichts.“ Jetzt müsse man hoffen, dass die Regierung halte und der Traum nicht wieder zerplatze. Abgesehen davon hätte es Meinl-Reisinger bevorzugt, wäre die kalte Progression rückwirkend bereits mit 2022 abgeschafft worden, statt mit Bonuszahlungen wieder die Gießkanne zu betätigen.

Reaktionen auf das Antiteuerungspaket

Im Nationalrat wurde die geplante Abschaffung der kalten Progression diskutiert. Die Opposition übte Kritik an den Plänen von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).

ÖGB: „Verteilungspolitisch fragwürdig“

Die Gewerkschaften sahen ebenfalls Luft nach oben. „Wir begrüßen, dass der auch von uns aufgebaute Druck für Entlastungsmaßnahmen die Bundesregierung endlich zum Handeln veranlasst hat. Einige Punkte sind gelungen, insgesamt weist das Paket aber schon bei der Erstbetrachtung auch Nachteile auf“, stellte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian fest – und konstatierte, dass der ÖGB „weiter Druck machen muss für dauerhafte Entlastungsmaßnahmen, die bei den Menschen ankommen“.

Denn das Paket sei teils „verteilungspolitisch fragwürdig“, und es bestehe bei den kurzfristigen Maßnahmen „fast ausschließlich aus Einmalzahlungen“. Diese würden aber die Inflationsrate nicht bremsen und die Menschen nicht dauerhaft entlasten. Der ÖGB forderte weiter die Mietpreisregulierung, eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und der Mineralölsteuer und eine höhere Besteuerung von Übergewinnen der Energiebetriebe.

GPA fürchtet langfristige Nachteile

Auch GPA-Vorsitzende Barbara Teiber machte im Paket „Schönheitsfehler“ aus – sowie „Maßnahmen, die längerfristig sehr negativ auf die arbeitenden Menschen wirken werden“. Sie sei enttäuscht, dass es keine Mehrwertsteuersenkung und keinen Preisdeckel bei Energie gibt, und forderte eine Millionärssteuer.

Scharf kritisierte Teiber die Lohnnebenkostensenkung: Das sei „reine Klientelpolitik, die keine Wirkung auf die Preise haben wird“. Den Familienlastenausgleichsfonds über die angekündigte Reduktion der Lohnnebenkosten „auszuräumen“ und gleichzeitig Leistungen für Familien zu erhöhen sei widersinnig – und den Unfallversicherungsbeitrag zu senken sei „fatal“.

Wie wirkt das Paket?

Das Paket soll vor allem jene Menschen entlasten, die besonders stark von der Teuerung betroffen sind. Die ORF-Wirtschaftsredaktion hat sich anhand von zwei Bespielen angesehen, ob die Maßnahmen dort greifen.

Aus Sicht der AK wird das Paket zwar „dazu beitragen, die Folgen der hohen Inflation abzufedern. Was aber fehlt, sind Maßnahmen, die einen echten ‚Preise-runter-Effekt‘ haben, sowie Maßnahmen, die den Sozialstaat wirklich stärken und armutsfest machen würden“, vermisste auch Präsidentin Renate Anderl eine Mehrwertsteuersenkung und einen Preisdeckel. Der Effekt der Einmalzahlungen werde „schnell verpufft sein“ – und das akute Armutsproblem im unteren Einkommensdrittel werde nicht – durch Verbesserungen bei Arbeitslosengeld, Notstandshilfe sowie Sozialhilfe – gelöst.

Hilfsorganisation: Handlungsbedarf bei Akutfällen

Gemischt fielen die Reaktionen der Hilfsorganisationen aus: Die Volkshilfe anerkannte zwar das „durchaus beachtliche“ Gesamtvolumen und dass viele Menschen entlastet würden. Darunter seien jedoch „auch sehr viele“, die nicht unter der Teuerung leiden – während es für akut armutsbetroffene Menschen und Kinder keine nachhaltige Unterstützung gebe. Denn Einmalzahlungen würden für sie nicht reichen, nötig gewesen wäre aus Sicht der Volkshilfe eine unterjährige Erhöhung von Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und Ausgleichszulage.

Positiver fiel der Kommentar der Caritas aus: „Dieses Paket war richtig und es kommt – bei rascher Umsetzung – auch zur richtigen Zeit“, begrüßte Präsident Michael Landau, dass einzelne Schritte noch im Sommer gemacht werden sollen. Ob die Maßnahmen als – dringend nötiger – Rettungsschirm taugen, „werden wir erst sehen“, merkte er jedoch an – und vermisste die grundsätzliche Reform der Sozialhilfe sowie die Schaffung einer Kindergrundsicherung.

Die Diakonie freute sich über die Wertanpassung bei Sozialleistungen. Direktorin Maria Katharina Moser forderte zudem die Länder auf, Wohnbeihilfen zu gewähren und zu erhöhen.

Wirtschaftsvertreter zufrieden

Wirtschaftsorganisationen zeigten sich sehr zufrieden über das Paket, das auch eine Milliarde für den Standort vorsieht. Viel Lob hatte etwa die Wirtschaftskammer (WKO) zu spenden: Wesentliche Forderungen der Sozialpartner zur Entlastung von Unternehmen und Haushalten würden umgesetzt. „Damit setzt die Regierung noch vor dem Sommer die richtigen Schritte, die sowohl kurzfristig als auch mittelfristig ihre Wirkung entfalten werden“, meinte WKO-Präsident Harald Mahrer. Auch die Industriellenvereinigung (IV) lobte das Paket. Zufrieden zeigten sich auch der Handelsverband und die Hoteliervereinigung.

Viel Lob kam aus den Reihen der ÖVP: Generalsekretärin Laura Sachslehner, ÖAAB, Wirtschaftsbund, Bauernbund, Seniorenbund und die ÖVP-Frauen rühmten die Unterstützungsmaßnahmen, die die Regierung unter Federführung von ÖVP-Kanzler Karl Nehammer ergreife. Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) sprach von einem „historischen Entlastungspaket für Familien“ – Details zu den Familienmaßnahmen sollen am Mittwoch im Ministerrat vorgestellt werden.

Lob und weitere Pakete auch aus Bundesländern

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer lobte einen „guten Mix aus treffsicheren Soforthilfen und langfristiger Entlastung“ – mehr dazu in ooe.ORF.at. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sieht das Bundespaket als „entscheidend dafür, dass den Bürgerinnen und Bürgern spürbar mehr Geld im Börserl bleibt“ – und kündigte ein zusätzliches Niederösterreich-Paket für nach dem Sommer an.

Die Stadt Wien ihrerseits präsentierte bereits am Dienstag ein Paket – mehr dazu in wien.ORF.at. Auch in Kärnten wurde die Auszahlung eines Bonus beschlossen – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner will indes Akzente setzen, und zwar im Bereich der Wohnbeihilfe (keine Einmalzahlung, sondern eine strukturelle Änderung), des Familien- und des Heizkostenzuschusses und bei den Kinderrichtsätzen in der Sozialhilfe.

„Hocherfreut“ waren die Wiener Grünen: Das Maßnahmenpaket sei ein „großer Wurf“ und eine „echte Unterstützung für alle Österreicherinnen und Österreicher“, lobten die Parteivorsitzenden Judith Pühringer und Peter Kraus in einer Aussendung.