Illustration zum Thema e-Rezept
APA/Helmut Fohringer
Droht Verschiebung?

Aufregung über neues E-Rezept

Eigentlich sollte mit Juli die bisherige elektronische Übermittlung von Rezepten im Rahmen der E-Medikation enden und nur noch das neue E-Rezept gelten. Doch es stehe eine Verschiebung im Raum, denn bei der Umsetzung der eigentlichen Pläne hätten wegen fehlender Lesegeräte Staus in den Apotheken gedroht, heißt es vonseiten der Apothekerkammer. Der Dachverband der Sozialversicherungsträger kann diese Darstellung nicht nachvollziehen.

Die Apothekerkammer warnte vor einem „Fiasko“, wie Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr gegenüber der APA angab. Unterdessen wies der Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner, die Darstellungen am Donnerstag scharf zurück. Das System funktioniere und sei bereits in breiter Anwendung, seitens der Apothekerkammer werde „Panikmache“ betrieben.

Unterstützung für eine Verschiebung kam hingegen von der Ärztekammer. Aktuell gebe es noch „zu viele offene Fragen und Baustellen“, erklärte Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Steinhart plädierte für eine Verschiebung der Einführung um mindestens drei Monate.

Noch ist die Verschiebung – die Kammer fordert sie bis Jahresende – jedenfalls nicht fix. Doch die Koalition hat am Mittwoch im Nationalrat eine Novelle des Gesundheitstelematikgesetzes eingebracht. Diese Novelle ist zwar beinahe ohne Inhalt, dient aber als „Trägerrakete“, das heißt, es können bei einer politischen Verständigung vor dem Beschluss noch echte Inhalte eingebracht werden.

Nationalratsbeschluss nötig

Dabei drängt die Zeit, und es braucht eigentlich den Beschluss in einer Sondersitzung des Nationalrats oder eine rückwirkende Regelung bei einer Verabschiedung der Novelle im Juli mit Übergangsregelungen. Denn aktuelle Gesetzeslage ist, dass ab 1. Juli nur noch das E-Rezept gilt.

Das hätte, wie Apothekerkammer-Präsidentin Mursch-Edlmayr ausführt, für die Patienten durchaus unangenehme Auswirkungen. Denn bei der E-Medikation reicht es auch, wenn man mündlich die Sozialversicherungsnummer angibt, womit beispielsweise auch Verwandte das Präparat abholen können. Diese kann eingetippt werden und der Apotheker sieht die Verschreibung des Arztes.

Mit dem E-Rezept, das an sich schon länger in der Einführungsphase ist, braucht es, wenn die Mediziner das Rezept nicht ausdrucken, was immer seltener der Fall ist, die E-Card. Diese muss dann gesteckt werden, damit die Apotheke ablesen kann, welches Präparat Patientinnen und Patienten verschrieben wurde. An sich wäre das nicht so ein großes Problem, doch es gibt Lücken.

Apothekerkammer: 5.000 Kartenlesegeräte fehlen

Laut Mursch-Edlmayr fehlen 5.000 Kartenlesegeräte, und diese können vom Anbieter nicht vor September oder Oktober geliefert werden. Einige hundert Apotheken hätten überhaupt nur ein Lesegerät. Warteschlangen von Kundinnen und Kunden seien absehbar. Am Rücken von Patientinnen und Patienten würde „ein völliges Chaos“ ausbrechen, so Mursch-Edlmayr.

Zwar gibt es theoretisch Alternativen, auf die seitens der Sozialversicherung verwiesen wird: etwa eine eigene App, doch sei diese in der Bevölkerung so gut wie nicht bekannt.

Dazu gibt es laut Mursch-Edlmayr Mängel in der Umsetzung des E-Rezepts, konkret bei Suchtgiftrezepten, die man aktuell nicht abbilden könne. Das betreffe auch schwere Schmerztabletten. Probleme in Pflegeheimen oder bei Personen in der mobilen Pflege seien vorprogrammiert. Das Gleiche gelte etwa für Inhalatoren oder Infusionsgeräte.

„Bewusste Falschinformation“

Der Chef der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Lehner, sprach von einer „bewussten Falschinformation“, die Unsicherheit bei allen Beteiligten erzeuge. Das E-Rezept sei „bereits erfolgreich österreichweit eingeführt“ und funktioniere. In der vergangenen Woche seien 1,2 Millionen E-Rezepte ausgestellt worden. 97 Prozent der Apotheken und 85 Prozent der Arztpraxen nutzten es bereits, so Lehner: „Wir befinden uns damit aktuell in der finalen Phase des mehrmonatigen Rollout-Prozesses.“

Ärztekammer: „Chaos mit Ansage“

Die Ärztekammer äußerte am Donnerstag grobe Bedenken: „Eine Einführung des E-Rezepts mit Anfang Juli bedeutet Chaos mit Ansage. Alle Beteiligten müssten die Versäumnisse und ungeklärten Fragen ausbaden. Unnötigerweise würde man große Verwirrung und Frustration auslösen“, heißt es. Verlangt werde daher eine Verschiebung der Einführung um mindestens drei Monate. „Das sollte ausreichen, um die noch bestehenden Kinderkrankheiten zu behandeln, vorausgesetzt, die Verantwortlichen nehmen die Probleme endlich genügend ernst“, so Steinhart.