Jean-Louis Trintignant
APA/Herbert Neubauer
1930–2022

Filmstar Jean-Louis Trintignant ist tot

Er ist selbst im hohen Alter noch vor der Kamera gestanden und hat das französische Kino über viele Jahrzehnte hinweg geprägt. Nun ist Jean-Louis Trintignant im Alter von 91 Jahren verstorben, wie seine Familie mitteilte. Damit geht ein Schauspielerleben zu Ende, das auf Rollen in rund 150 Kino- und Fernsehproduktionen zurückblicken konnte. Bekannt wurde der am 11. Dezember 1930 geborene Trintignant mit „Ein Mann und eine Frau“ (1966), zur Legende mit Michael Hanekes „Liebe“ (2012).

Zuletzt war Trintignant 2019 im Kino zu erleben gewesen, als er für Claude Lelouchs „Die schönsten Jahre eines Lebens“ vor der Kamera stand. Der Film knüpfte an den legendären Klassiker „Ein Mann und eine Frau“ von 1966 an, mit dem Lelouch ein Nouvelle-Vague-Epos drehte und nicht zuletzt seinem Darsteller Trintignant zum internationalen Durchbruch verhalf.

Trintignant stand in über 150 Kino- und Fernsehfilmen vor der Kamera, wobei zu seinen bekanntesten Arbeiten neben „Ein Mann und eine Frau“ der Skandalfilm „Und immer lockt das Weib“ von Roger Vadim mit Brigitte Bardot aus 1956 zählt – und nicht zuletzt der Politthriller „Z“ von Costa-Gavras, für den er 1969 in Cannes als bester Schauspieler ausgezeichnet wurde. „Der große Irrtum“ von Bernardo Bertolucci und „Die Stadt der verlorenen Kinder“ von Jean-Pierre Jeunet und Marc Caro sind weitere Meilensteine eines großen Schaffens.

Mehrfach für Michael Haneke vor der Kamera

Eng war Trintignant mit Michael Haneke verbunden: Für den österreichischen Filmemacher wirkte er 2009 als Erzähler in „Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte“, bevor er 2012 mit „Liebe“ eine heute bereits legendäre Leistung als alternder Ehemann neben Emmanuelle Riva ablieferte. Und 2017 spielte er erneut in Hanekes bis dato letztem Werk „Happy End“ den suizidalen Großvater einer großbürgerlichen Familie im nordfranzösischen Calais.

Jean-Louis Trintignant im Film „Liebe“
Cannes Film Festival
Trintignant in einer Szene des Haneke-Films „Liebe“

Seinen Abschied vom Film und Theater hatte Trintignant dabei bereits einige Jahre zuvor angekündigt. 2013 wollte er sich mit einer Lesung seiner Lieblingsgedichte von Boris Vian, Jacques Prevert und Guillaume Apollinaire von seiner langen Schauspielkarriere verabschieden. „Ich überlasse den Jungen den Platz“, sagte er damals. Doch daraus wurde nichts, trotz einer Prostatakrebserkrankung.

Vorliebe für vielschichtige Rollen

Trintignant hat in seiner fast 70-jährigen Karriere geheimnisvolle und nur schwer zu ergründende Menschen verkörpert, die nicht das waren, was sie auf den ersten Blick schienen: den eiskalten Mörder, eifersüchtigen Ehemann, verklemmten Spießbürger und verkappten Homosexuellen. Mit wenigen Gesten, beherrschter Miene und scheinbar ausdruckslosen Augen etablierte sich Trintignant als vielschichtiger Charakterdarsteller.

Jean-Louis Trintignant, 1973
APA/AFP
Trintignants Karriere dauerte fast 70 Jahre – hier auf einem Foto aus dem Jahr 1973

Liaison mit Brigitte Bardot und Flucht in die Armee

Geboren im südfranzösischen Piolenc in der Nähe von Orange, entdeckte der Sohn eines wohlhabenden Industriellen während seines Jusstudiums in Aix-en-Provence seine Liebe zum Schauspiel, als er das Theaterstück „Der Geizige“ von Moliere entdeckte.

Drama gab es für Trintignant aber auch abseits der Bühne. Als er sich 1956 bei „Und ewig lockt das Weib“ in Brigitte Bardot verliebte, lief der Boulevard zur Höchstform auf. Um dem Medienrummel um seine Liaison mit Bardot zu entkommen, floh er freiwillig in die Armee und kehrte erst rund drei Jahre später wieder zurück. Es sollte nicht Trintignants einzige Promibeziehung bleiben. Auch mit Romy Schneider hatte er während der Dreharbeiten für den Film „Le Train – Nur ein Hauch von Glück“ eine Affäre.

Jean-Louis Trintignant auf dem Cannes Filmfestival
Reuters/Stephan Mahe
Trintignant bei einem Auftritt bei den Filmfestspielen von Cannes 2017

Schwere Schicksalsschläge

Später blieb das Leben des Schauspielers nicht frei von Schicksalsschlägen. Von seinen drei gemeinsamen Kindern mit Ex-Ehefrau Nadine verlor er eines durch plötzlichen Kindstod. Seine Tochter und Schauspielerin Marie Trintignant starb 2003 im Alter von 41 Jahren an den Folgen von Gewalt durch ihren Freund, Rockstar Bertrand Cantat. Sie war zusammen mit ihrem Vater in mehreren Filmen und Theaterstücken aufgetreten.

Trintingant stammte aus einer Rennfahrerfamilie, auch seine letzte Ehefrau war Rennfahrerin. Das Paar lebte in der Nähe von Uzes in Südfrankreich. Trintingant sah darin einen Ausdruck für Lebenslage und Charakter: „Mein Süden ist ein bisschen wie ich: karg, nicht sehr freundlich. Aber es ist ruhig, und das tut mir gut.“