Linker Petro wird Kolumbiens Präsident

Mit Gustavo Petro wird zum ersten Mal ein linksgerichteter Politiker Präsident von Kolumbien. Nach der gestrigen Stichwahl liegt Petro laut der kolumbianischen Wahlbehörde nach Auszählung fast aller Stimmen uneinholbar voran. Demnach erhielt der Senator 50,47 Prozent der Stimmen. Sein Gegner, der rechtsgerichtete Millionär Rodolfo Hernández, kam auf 47,27 Prozent.

Der 62-jährige Petro sicherte sich somit rund 700.000 Stimmen mehr als der 77-jährige Hernández. Der frühere Guerillakämpfer Petro war nach seiner Abkehr vom bewaffneten Kampf unter anderem Diplomat in Belgien und Bürgermeister der Hauptstadt Bogotá. Er strebt tiefgreifende Reformen an, dazu zählen Steuern für Vermögende, ein Notprogramm gegen den Hunger sowie die Förderung erneuerbarer Energien.

Petro bezeichnete das Ergebnis im Online-Dienst Twitter als „ersten Sieg des Volkes“ in Kolumbien. Es sei „ein Festtag für das Volk“, Freude fülle das „Herz des Vaterlands“. Hernández räumte seine Niederlage ein.

Bis zur Schließung der Wahllokale am gestrigen Sonntag kam es in dem einstigen Bürgerkriegsland zu einigen Zwischenfällen. In San Vicente del Caguán kam ein Soldat beim Angriff einer Splittergruppe der Guerillaorganisation FARC ums Leben, wie die Zeitung „El Tiempo“ berichtete. Im Department Cauca wurde demnach ein Wahlhelfer erschossen. Insgesamt wurden 104 Unregelmäßigkeiten gemeldet, wie unabhängige Wahlbeobachter mitteilten.

Die Sicherheitskräfte nahmen in verschiedenen Regionen des südamerikanischen Landes insgesamt neun Verdächtige fest, darunter einen Anführer der Rebellengruppe ELN und einen Unterstützer der FARC-Dissidenten. Über 300.000 Polizisten und Soldaten waren im Einsatz, um Wähler, Wahlhelfer und Kandidaten zu schützen.

In der Stichwahl traten der ehemalige Guerillakämpfer Petro und der millionenschwere Immobilien-Unternehmer Hernández gegeneinander an. Zwar galt Petro lange als Favorit, zuletzt zog der bisher weitgehend unbekannten Hernández in den Umfragen aber gleich. Petro hat aller Wahrscheinlichkeit aber nun doch obsiegt.

Die Herausforderungen für den künftigen Staatschef sind groß: Das zweitbevölkerungsreichste Land Südamerikas mit rund 50 Millionen Einwohnern leidet unter den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, großer sozialer Ungerechtigkeit und Gewalt. Von der amtierenden konservativen Regierung wurde der Friedensvertrag mit den linken FARC-Rebellen nur halbherzig umgesetzt.

Petro (62) will das Land laut Ankündigungen befrieden, die Ausbeutung von Rohstoffen bremsen, den Tourismus fördern und Unternehmen stärker besteuern. Über die Pläne von Hernández (77) hingegen war nur wenig bekannt. Er wollte gegen die Korruption vorgehen, obwohl gegen ihn selbst wegen Korruption ermittelt wird.