Paul Rockenbauer
ORF.at/Peter Pfeiffer
ÖVP-U-Ausschuss

Fragen nach „ressortfremden“ Umfragen

Das Wirtschaftsministerium ist im Zentrum der ÖVP-U-Ausschussbefragungen am Mittwoch gestanden. Neben dem Ex-Generalsekretär Michael Esterl stand der Vizekabinettschef von Ex-Ministerin Margarete Schramböck, Paul Rockenbauer, den Abgeordneten Rede und Antwort. Die SPÖ ortete eine neue Umfragenaffäre – die Auskunftsperson widersprach.

Insbesondere bei Fragen, die die App Digitales Amt, die Plattform Kaufhaus Österreich und den Leitbildprozess von Ex-ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin betrafen, verwies Rockenbauer auf die jeweiligen zuständigen Einheiten im Ministerium. „Ich bin kein Referent für Digitalisierung“, wiederholte der Kabinettsmitarbeiter gleich mehrmals.

Bezüglich Beauftragungen von Umfragen durch das Wirtschaftsressort bestritt er vehement, dass hier – analog zum Beinschab-Tool und den Vorgängen im Finanzministerium – Ergebnisse auch anderen, etwa dem ÖVP-Klub, zugutegekommen sein könnten. Dass „ressortfremde“ Fragen gestellt wurden, ließ er ebenfalls nicht gelten. Es gehe nämlich immer um einen Wettbewerb der Konzepte, sagte die Auskunftsperson wortreich.

Für das Wirtschaftsministerium seien etwa auch Erhebungen zu Auswirkungen der Coronavirus-Krise von Bedeutung gewesen, nannte er als Beispiel. Auch Fragen nach kämpferischen Parolen der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer im Zuge der jährlichen 1.-Mai-Kundgebungen seien für den Standort relevant, sagte Rockenbauer sinngemäß und verwies etwa auf Verteilungsfragen. Für die SPÖ haben die Fragen nichts mit dem Auftrag des Wirtschaftsministeriums zu tun.

ÖVP-nahes Umfrageinstitut beauftragt

Dass bei Umfragen nach dem Image der Ressortchefin gefragt wurde, sei nach Ansicht von Rockenbauer nicht ungewöhnlich. Die Ministerin sei die Spitze des Ressorts und deshalb sei es auch wichtig zu wissen, ob und wie die Bevölkerung die Person wahrnimmt. NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper reagiert mit Verwunderung und meinte, dass es nicht Sinn und Zweck sei, die Beliebtheitswerte einer Politikerin mittels Steuermitteln abzufragen.

Paul Rockenbauer
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Kabinettsmitarbeiter Rockenbauer wurde nach seinem früheren Vorgesetzten befragt

Die Umfragen wurden vom Meinungsforschungsinstitut Demox Research durchgeführt. Dessen Geschäftsführer ist der ehemalige Direktor des Wiener ÖVP-Bauernbundes, Paul Unterhuber. Er, Rockenbauer, habe immer wieder Gespräche mit dem Geschäftsführer gehabt. Man habe mit Demox Research „demoskopische Analysen“ vereinbart, so die Auskunftsperson, die von ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher in dessen Kabinett übernommen wurde. Die Beauftragung argumentierte Rockenbauer mit dem Ansehen des Instituts.

SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer merkte umgehend an, dass das Meinungsforschungsinstitut bei der Erstbeauftragung durch das Wirtschaftsministerium erst ein Jahr alt war. Die Frage, ob sich „ressortfremde“ Personen in der Vergangenheit bei Umfragen eingemischt hatten, verneinte die Auskunftsperson. SPÖ-Abgeordneter Christoph Matznetter wollte freilich wissen, ob der frühere Kommunikationschef von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gerald Fleischmann, in die Fragenerstellung involviert war.

„Lebendiger Prozess“

Mit dem Leitbildprozess, der 126.000 Euro gekostet hatte, war er selbst nicht direkt befasst. Es sei aber ein „lebendiger Prozess“ gewesen, den man nicht auf den Seitenoutput reduzieren könne. Ähnliches sagte bereits die erste Auskunftsperson, Ex-Generalsekretär Esterl. Am Anfang wisse man bei einem solchen Prozess nicht, wie das Ergebnis aussehe. Man müsse alle Beschäftigten miteinbeziehen, so Esterl.

An eine Onlineumfrage, um Farben der Laptophüllen zu evaluieren, wie FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker einwarf, konnte sich der Vizekabinettschef Rockenbauer nicht erinnern. Er könne aber auch nicht ausschließen, dass es eine interne Umfrage war. Wie weit die interne Revision zum Leitbildprojekt ist, wisse er nicht.

Nach Aufkommen der Vorwürfe im März 2022, wonach der Leitbildprozess trotz der hohen Kosten kein Ergebnis erzielt habe, kündigte das Ressort eine interne Prüfung an. Laut Ministerium wurden für den Prozess mehr als 30 Seiten dokumentiert, mehrere Interviews getätigt und eine Umfrage gestartet. Die Opposition und die Grünen zweifeln jedoch an der Sinnhaftigkeit des Prozesses.